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Maigret und der geheimnisvolle Kapitän

Maigret und der geheimnisvolle Kapitän

Titel: Maigret und der geheimnisvolle Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Hinweise bekommen haben.«
    »Sehr wenige.«
    »Das ist merkwürdig, denn den Leuten vom Hafen mangelt es im allgemeinen nicht an Phantasie, zumal nach einigen Aperitifs.«
    »Ich vermute, Sie haben Madame Grandmaison nach Paris geschickt, um ihr die Aufregung um all diese Tragödien zu ersparen. Und wer weiß, was noch alles passieren wird?«
    Es war kein Kampf. Dennoch spürte jeder beim anderen die feindliche Absicht. Vielleicht lag es einfach an der unterschiedlichen sozialen Schicht, der die beiden Männer angehörten.
    Maigret trank mit den Schleusenarbeitern und Fischern in der Seemannskneipe.
    Der Bürgermeister empfing die Herren der Staatsanwaltschaft mit Tee, Likör und Gebäck.
    Maigret war ein Mann des Volkes, der sich dennoch nicht ohne weiteres einordnen ließ.
    Monsieur Grandmaison dagegen gehörte einer ganz bestimmten Schicht an. Er war die angesehene Persönlichkeit der Kleinstadt, der Repräsentant einer alteingesessenen Bürgerfamilie, der Reeder, dessen Geschäfte gediehen und der in bestem Ruf stand.
    Gewiß, seine Allüren waren gewollt demokratisch. Er sprach mit seinen Bürgern, wenn er sie auf den Straßen von Ouistreham traf. Aber es war eine herablassende, auf Wählerstimmen pochende Demokratie, Teil eines festgelegten Führungsstils.
    Maigret bot den Anschein von geradezu furchterregender Unerschütterlichkeit. Und Monsieur Grandmaison mit seinem geschwollenen, rosaglühenden Gesicht verlor darob schnell seinen schroffen Befehlston, und seine Verwirrung wurde deutlich.
    Um wieder die Oberhand zu gewinnen, zeigte er sich ärgerlich.
    »Monsieur Maigret …«, setzte er an.
    Und er betonte diese beiden Worte, als seien sie der Titel eines Gedichts, das er nun vortragen wollte.
    »Monsieur Maigret … ich erlaube mir, Sie daran zu erinnern, daß ich als Bürgermeister der Gemeinde …«
    Der Kommissar erhob sich, und er tat es auf so selbstverständliche Art, daß sein Gesprächspartner die Augen weit aufriß. Und er ging auf die Salontür zu, die er seelenruhig öffnete.
    »Nun kommen Sie schon herein, Louis! Es geht einem auf die Nerven, wenn eine Tür sich dauernd bewegt und man Sie dahinter atmen hört!«
     
    Wenn er einen Theatereffekt erwartet hatte, hatte er sich getäuscht. Grand-Louis gehorchte, trat in seiner üblichen schiefen Haltung in das Zimmer und starrte auf den Fußboden.
    Aber es war ebenso die natürliche Reaktion eines Mannes, der in eine schwierige Situation gebracht wird: Er, ein einfacher Matrose, wird in die Wohnung einer reichen und wichtigen Persönlichkeit geführt.
    Der Bürgermeister zog heftig an seiner Zigarre und sah vor sich hin.
    Man konnte fast nichts mehr sehen. Draußen brannte schon eine Gaslaterne.
    »Erlauben Sie, daß ich Licht mache?« fragte Maigret.
    »Einen Moment. Schließen Sie erst die Vorhänge. Die Passanten brauchen nicht … Ja, die linke Schnur … Vorsichtig …«
    Grand-Louis, der mitten im Zimmer stand, bewegte sich nicht vom Fleck. Maigret knipste den Lichtschalter an, ging zum Ofen und begann im Feuer herumzustochern.
    Es war eine Angewohnheit von ihm, so wie er sich auch, wenn er scharf nachdachte, mit den Händen auf dem Rücken vor das Feuer stellte, bis ihm heiß wurde.
    Hatte sich an der Situation etwas verändert? Monsieur Grandmaisons Blick jedenfalls war schon ein bißchen spöttisch, als er den tief in Gedanken versunkenen Kommissar beobachtete.
    »War Grand-Louis hier, als Ihnen Ihr … Ihr Mißgeschick passierte?«
    »Nein!« kam es schroff zurück.
    »Schade! Womöglich wären Sie, als Sie die Treppe hinunterpurzelten, auf seine nackte Faust gestürzt.«
    »Und Sie hätten die Panik in den kleinen Hafenkneipen schüren können, indem Sie dort fantastische Geschichten erzählten. Besser, Sie hören auf damit, nicht wahr, Kommissar? Sie und ich … wir beide haben uns mit dieser Tragödie zu befassen. Sie kommen von Paris und bringen mir Kapitän Joris in einem erbärmlichen Zustand zurück. Alles scheint darauf hinzuweisen, daß er nicht in Ouistreham so zugerichtet worden ist. Sie waren hier, als er ermordet wurde. Sie leiten Ihre Untersuchung, wie Sie es für richtig halten …«
    Die Stimme war beißend.
    »… Ich bin seit fast zehn Jahren der Bürgermeister dieser Gemeinde. Ich kenne meine Bürger. Ich betrachte mich verantwortlich für das, was ihnen zustößt. Als Bürgermeister bin ich gleichzeitig auch Chef der Ortspolizei … Also …«
    Er unterbrach sich für einen Augenblick, um an seiner Zigarre zu ziehen,

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