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Maigret und der gelbe Hund

Maigret und der gelbe Hund

Titel: Maigret und der gelbe Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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fest.
    »Ich muß mit Ihnen reden, Kommissar … Es wird allmählich untragbar …«
    »Erst einmal werden Sie mir das Essen servieren.«
    »Aber …«
    Maigret ging in eine Ecke, setzte sich und bestellte wütend:
    »Ein Halbes! Haben Sie meinen Inspektor nicht gesehen?«
    »Er ist fortgegangen … Ich glaube, er ist zum Bürgermeister gerufen worden. Es kam gerade wieder ein Anruf aus Paris. Eine Zeitung hat zwei Zimmer reservieren lassen, für einen Reporter und einen Fotografen.«
    »Wo ist der Doktor?«
    »Er ist oben … Er hat darum gebeten, niemand zu ihm zu lassen …«
    »Und Monsieur Le Pommeret?«
    »Er ist gerade gegangen.«
    Der gelbe Hund war nicht mehr da. Junge Leute, eine Blume im Knopfloch, das Haar steif von Pomade, saßen am Tisch, tranken jedoch nicht von der Limonade, die sie bestellt hatten. Sie waren gekommen, um etwas zu sehen. Sie waren überstolz, daß sie den Mut dazu besessen hatten.
    »Komm mal her, Emma.«
    Es bestand eine Art spontaner Sympathie zwischen dem Serviermädchen und dem Kommissar. Ungezwungen kam sie zu ihm und ließ sich in eine Ecke ziehen.
    »Bist du sicher, daß der Doktor letzte Nacht nicht ausgegangen ist?«
    »Ich schwöre Ihnen, ich habe nicht in seinem Zimmer geschlafen.«
    »Konnte er hinausgehen?«
    »Ich glaube nicht … Er hat Angst … Heute morgen hat er mich die Tür abschließen lassen, die zum Quai hinausführt.«
    »Wieso kennt dich der gelbe Hund? …«
    »Keine Ahnung. Ich habe ihn noch nie gesehen. Er kommt und geht. Ich frage mich sogar, wer ihm zu fressen gibt.«
    »Ist es lange her, seitdem er wieder weg ist?«
    »Ich habe nicht aufgepaßt.«
    Inspektor Leroy kam zurück, nervös.
    »Sie wissen, Kommissar, daß der Bürgermeister wütend ist … Und er hat eine hohe Position! Er hat mir gesagt, daß er der Cousin des Justizministers ist. Er behauptet, daß wir Däumchen drehen, daß wir nur dazu taugen, Panik in der Stadt zu verbreiten. Er will, daß wir jemanden verhaften, egal wen, um die Bevölkerung zu beruhigen … Ich habe ihm versprochen, mit Ihnen darüber zu reden … Er hat mir wiederholt gesagt, daß unsere Karriere noch nie so sehr auf dem Spiel gestanden hat …«
    Maigret kratzte bedächtig den Kopf seiner Pfeife.
    »Was werden Sie tun?«
    »Gar nichts.«
    »Aber …«
    »Sie sind jung, Leroy! Haben Sie in der Villa des Doktors interessante Spuren gesichert?«
    »Ich habe alles zum Labor geschickt, die Gläser, die Konservendosen, das Messer. Sogar einen Gipsabdruck der Spuren des Mannes und des Hundes habe ich angefertigt. Das ist schwierig gewesen, denn der hiesige Gips ist schlecht … Haben Sie eine Idee?«
    Anstelle einer Antwort zog Maigret ein Notizbuch aus seiner Tasche, und mehr und mehr verwirrt, las der Inspektor:
     
    » Ernest Michoux (›der Doktor‹ genannt). Sohn eines kleinen Unternehmers aus dem Departement Seine-et-Oise, der eine Legislaturperiode lang Abgeordneter gewesen ist und dann Bankrott gemacht hat. Der Vater ist tot. Die Mutter ist eine Intrigantin. Hat gemeinsam mit ihrem Sohn versucht, in Juan-les-Pins Grundstücksgeschäfte zu betreiben. Völliger Fehlschlag. Hat in Concarneau von vorn angefangen. Aktiengesellschaft ins Leben gerufen, gestützt auf den Ruf des verstorbenen Gatten. Hat keine Kapitalien eingebracht. Versucht zur Zeit zu erreichen, daß die Kosten für die Erschließungsarbeiten von der Gemeinde und dem Departement übernommen werden.
    Ernest Michoux ist verheiratet gewesen, jetzt geschieden. Seine ehemalige Frau hat einen Notar aus Lille geheiratet.
    Dekadenter Typ. Zahlungsschwierigkeiten.«
     
    Der Inspektor sah seinen Chef an, als wolle er sagen:
    »Na und?«
    Maigret zeigte ihm die folgenden Zeilen:
     
    » Yves Le Pommeret . Familie Le Pommeret. Sein Bruder Arthur leitet die größte Konservenfabrik von Concarneau. Niedere-Adel. Yves Le Pommeret ist das schwarze Schaf der Familie. Hat nie gearbeitet. Hat vor langer Zeit den größten Teil seines Erbteils in Paris verpraßt. Hat sich in Concarneau niedergelassen, als er nur noch zwanzigtausend Francs Rente bezog. Trotz allem gelingt es ihm, zu den Honoratioren zu gehören; dabei muß er sich seine Schuhe selber wichsen. Zahlreiche Affären mit jungen Arbeiterinnen. Einige Skandale haben vertuscht werden müssen. Geht auf allen Schlössern der Umgebung zur Jagd. Hochnäsig. Durch Beziehungen ist er an den Titel eines Vizekonsuls von Dänemark gekommen. Bemüht sich um den Orden der Ehrenlegion. Pumpt manchmal seinen Bruder an, um

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