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Maigret und der Spion

Maigret und der Spion

Titel: Maigret und der Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Tische als Schreibt i sche dienten. Die Lampen hatten Schirme aus grünem Karton. Durch die offenen Türen sah man in leere Zimmer.
    Es war Abend. Nur die Beamten von der Kriminalp o lizei warteten noch. Sie rauchten Pfeife. Ein großer Ro t haariger, Kommissar Delvigne, saß auf einer Tischkante und zwirbelte von Zeit zu Zeit seinen Schnurrbart. Ein junger Inspektor kritzelte auf dem Löschpapier. Derjen i ge, der sprach, war ein kleiner, gedrungener Mann, o f fensichtlich vom Lande und durch und durch Bauer g e blieben.
    »Sieben Franc das Stück im Dutzend. Pfeifen, für die man in jedem Laden zwanzig Franc zahlen würde. Und ohne den geringsten Defekt, stimmt’s! Dank meinem Schwager, der in der Fabrik in Arlon arbeitet.«
    »Man könnte zwei Dutzend für die ganze Brigade bestellen.«
    »Genau das habe ich meinem Schwager geschrieben. Übrigens hat er als Fachmann mir einen glänzenden Tip zum Einrauchen der Pfeifen gegeben … «
    Der Kommissar ließ ein Bein in der Luft baumeln. Jedermann verfolgte aufmerksam das Gespräch. Jede r mann rauchte. Im grellen Licht der Lampen sah man bläuliche Schwaden ziehen.
    »Statt die Pfeife beliebig zu stopfen, packt man den Pfeifenkopf so … «
    Die Tür ging auf. Ein Mann trat ein, der einen and e ren vor sich herschob. Der Kommissar warf den Neua n kömmlingen einen Blick zu und rief ihnen durch den Saal zu:
    »Bist du’s, Perronet?«
    »Jawohl, Chef.«
    Dann zum Pfeifenspezialisten gewandt:
    »Mach’s kurz … «
    Man ließ den jungen Mann bei der Tür warten, und er mußte sich den ganzen Vortrag über die Kunst, Pfe i fen einzurauchen, anhören.
    »Willst du auch eine?« wurde Perronet gefragt. »Echte Bruyèrepfeifen für sieben Franc, dank meinem Schw a ger, der Werkmeister in Arlon ist. «
    Endlich sagte der Kommissar laut, ohne seine Ste l lung zu verändern:
    »Kommen Sie mal näher, mein Junge!«
    Es war Jean Chabot, die Lippen blutleer und so sta r ren Blicks, daß er einem Nervenzusammenbruch nahe schien. Die anderen betrachteten ihn, rauchten weiter, wobei zwischen ihnen noch ein paar Sätze hin und her gingen. Dann lachten sie sogar noch über einen Scherz.
    »Wo hast du ihn aufgegriffen, Perronet?«
    »Im ›Gai-Moulin‹ … Und gerade noch rechtzeitig … Gerade als er Hundertfranc-Scheine im Klosett ve r schwinden lassen wollte. «
    Niemand fand das weiter verwunderlich. Der Ko m missar sah sich um.
    »Wer nimmt die Personalien auf?«
    Der Jüngste setzte sich an den Tisch, holte einen Vo r druck hervor.
    »Name, Vornamen, Alter, Beruf, Adresse, Vorstrafen … Los! Antworten Sie … «
    »Chabot, Jean-Joseph-Emile, Angestellter, Rue de la Loi 53 … «
    »Keine Vorstrafen?«
    »Nein.«
    Man hörte seinen Antworten an, daß ihm die Kehle wie zugeschnürt war.
    »Vater?«
    »Chabot, Emile, Buchhalter … «
    »Gleichfalls nicht vorbestraft?«
    »Ja.«
    »Mutter?«
    »Elisabeth Doyen, zweiundvierzig Jahre … «
    Niemand hörte zu. Es war der administrative Teil des Verhörs. Der Kommissar mit dem roten Schnurrbart zündete sich gemächlich eine Meerschaumpfeife an, stand auf, ging ein paar Schritte auf und ab, erkundigte sich dann:
    »Kümmert sich jemand um den Selbstmord vom Quai de Coronmeuse?«
    »Gerbert ist dort.«
    »Gut! Nun zu Ihnen, junger Mann … Und wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, versuchen Sie nicht, den Schlauen zu spielen. Sie waren gestern abend im ›Gai-Moulin‹, in Begleitung eines gewissen Delfosse, mit dem wir uns später befassen werden. Beide zusammen hattet ihr nicht genug Geld, um eure Zeche zu bezahlen, und schuldetet auch noch das Geld für die Vortage … Stimmt’s?«
    Jean Chabot öffnete den Mund, schloß ihn wieder, ohne etwas zu sagen.
    »Ihre Eltern sind nicht vermögend. Sie selbst verdi e nen nicht viel. Trotzdem leben Sie auf ziemlich großem Fuß … Sie haben so ziemlich überall Schulden … Stimmt’s?«
    Der junge Mann senkte den Kopf und fühlte die Blicke der fünf Männer auf sich geheftet.
    Der Ton des Kommissars war herablassend, eine Spur verächtlich.
    »Sogar im Tabakladen! Gestern hatten Sie dort noch Schulden … Das kennt man ja, Burschen, die den Schwerenöter spielen wollen, aber nicht die Mittel dazu haben … Wie oft haben Sie Ihrem Vater Geld aus der Brieftasche geklaut? … «
    Jean wurde knallrot. Dieser Satz traf ihn härter als e i ne Ohrfeige. Und das Schlimmste war, daß sie zugleich verdient war wie auch wieder nicht.
    Im Grunde stimmte alles, was der Kommissar sagte. Aber

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