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Maigret und der Spion

Maigret und der Spion

Titel: Maigret und der Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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daß es ihm galt, und eilte in den Flur, um zu öffnen. Monsieur und Madame Chabot blickten durch die verglaste K ü chentür.
    »Schon wieder dieser Delfosse!« stellte Madame Ch a bot fest. »Er kann Jean einfach nicht in Ruhe lassen. Wenn das nicht aufhört, gehe ich zu seinen Eltern.«
    Sie sahen sie unter der Tür miteinander reden. Meh r mals drehte Chabot sich um, um sich zu vergewi s sern, daß niemand sie belauschte. Er schien sich einer drä n genden Aufforderung zu widersetzen.
    Und plötzlich rief er, ohne noch einmal in die Küche zu kommen: »Ich bin gleich zurück!«
    Madame Chabot sprang auf, um ihn zurückzuhalten. Doch schon hatte er mit fiebriger Hast seinen Hut von der Garderobe gerissen, das Haus verlassen und die Tür geräuschvoll hinter sich ins Schloß fallen lassen.
    »Und du duldest, daß er sich so aufführt?« warf sie i h rem Mann vor. »Damit zeigt er, wie wenig Respekt er vor dir hat. Wenn du nur ein bißchen mehr Autorität hättest … «
    So ereiferte sie sich weiter, im Schein der Lampe, o h ne mit essen innezuhalten, während Monsieur Chabot nach seiner Zeitung schielte, aber nicht nach ihr zu gre i fen wagte, solange seine Frau ihre Schmährede nicht b e endet hatte.
     
    »Bist du sicher?«
    »Völlig … Ich hab ihn eindeutig erkannt. Er war fr ü her Inspektor in unserem Viertel.«
    Delfosses Gesicht sah noch hagerer aus als sonst, und als er unter einer Gaslaterne vorbeikam, bemerkte sein Begleiter, wie aschfahl er war. Er rauchte in kurzen, ne r vösen Zügen.
    »Ich kann nicht mehr … So geht das nun schon seit vier Stunden. Da! Dreh dich schnell um! Ich hör ihn keine hundert Meter hinter uns … «
    Man sah bloß die alltäglichen Umrisse eines Mannes, der die Häuserzeile der Rue de la Loi entlangging.
    »Es ging gleich nach dem Mittagessen los. Vielleicht schon vorher. Gemerkt habe ich es erst, als ich mich auf der Terrasse des ›Pélican‹ niederließ … Er hat sich an einen Nebentisch gesetzt … Ich habe ihn wiedererkannt … Er ist seit zwei Jahren bei der Kriminalpolizei. Mein Vater hat ihn beigezogen, als in der Fabrik Metall g e stohlen wurde. Er heißt Gérard oder Girard … Ich weiß nicht, warum ich aufstand … es machte mich nervös … Ich bin in die Rue de la Loi eingebogen, und er ist mir gefolgt. Ich bin in ein anderes Lokal gegangen. Hundert Meter weiter hat er auf mich gewartet. Ich ging ins Kino ›Mondain‹ und habe ihn drei Reihen weiter hinten en t deckt … Ich weiß nicht, was ich sonst noch alles tat … Ich bin gelaufen, mit der Straßenbahn gefahren … Es ist wegen der Banknoten in meiner Tasche! Ich möchte sie loswerden, denn wenn er mich durchsucht, könnte ich nicht erklären, woher ich sie habe. Könntest du nicht angeben, daß sie dir gehören? Etwa, daß dein Patron sie dir für eine Besorgung gab?«
    »Nein!«
    Delfosse stand der Schweiß auf der Stirn, sein Blick war zugleich hart und unruhig.
    »Dann müssen wir uns eben etwas anderes einfallen lassen … Irgendwann wird er uns überprüfen … Ich kam zu dir, weil wir ja schließlich zusammen … «
    »Hast du noch nichts gegessen?«
    »Ich habe keinen Hunger … Soll ich die Scheine in die Maas werfen, wenn wir die Brücke überqueren?«
    »Er würde es merken!«
    »Ich könnte immer noch in einem Café auf die Toile t te gehen … Oder, noch besser … Hör zu! Wir setzen uns beide irgendwohin, und dann gehst du auf die To i lette, während er mich weiterhin überwacht. «
    »Und wenn er mir folgt?«
    »Er folgt dir schon nicht. Ganz abgesehen davon, daß es dein gutes Recht ist, die Tür abzuschließen.«
    Sie befanden sich noch immer in dem Viertel jenseits der Maas mit den breiten, aber einsamen und schlecht beleuchteten Straßen.
    Hinter sich hörten sie die gleichmäßigen Schritte des Polizisten, der offenbar keinen Wert darauf legte, unb e merkt zu bleiben.
    »Wollen wir nicht doch ins ›Gai-Moulin‹? … Das würde viel natürlicher aussehen. Wir sind ja fast jeden Abend dort. Und wenn wir den Türken umgebracht hätten, würden wir uns nicht mehr blicken lassen.«
    »Es ist noch zu früh. «
    »Dann warten wir eben.«
    Sie redeten nicht mehr miteinander. Sie überquerten die Maas, irrten durch die Straßen der Innenstadt und überzeugten sich von Zeit zu Zeit davon, daß Girard i h nen immer noch auf den Fersen war.
    In der Rue du Pont-d’Or begrüßte sie die Leuch t schrift des Nachtlokals, das gerade geöffnet hatte.
    »Gehen wir hinein?«
    Sie entsannen sich

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