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Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Titel: Maigret und die Affäre Saint Fiacre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Ich konnte das schwerlich vor Ihnen tun, Kommissar, ohne Ihren Ar g wohn noch zu steigern … Das ist alles! … Und als ob Sie meine Absicht erraten hätten, haben Sie mich heute früh in der Nähe der Kirche keinen Augenblick aus den Augen gelassen … Der Herr Pfarrer ist dann hier eingetroffen, und ich weiß noch nicht, wozu, denn als Sie h e reinkamen, zögerte er noch, zu reden …«
    Sein Blick verdüsterte sich. Um die Verbitterung, die ihn erfaßte, zu überspielen, lachte er auf, ein mühsames Lachen.
    »Es ist alles ganz simpel, nicht wahr? Ein Mann, der ein Lotterleben geführt und ungedeckte Schecks unte r schrieben hat … Der alte Gautier weicht mir aus! Auch er muß der festen Meinung sein, daß …«
    Plötzlich schaute er den Priester verwundert an.
    »Ja, aber, Herr Pfarrer! Was haben Sie denn?«
    Der Priester machte tatsächlich eine erschreckende Trauermiene. Sein Blick mied den jungen Mann und versuchte auch Maigrets Augen auszuweichen.
    Maurice de Saint-Fiacre, begreifend, rief mit vermeh r ter Bitternis aus:
    »Da! Man glaubt mir noch immer nicht … Und ausgerechnet derjenige, der mir helfen will, heil wegzukommen, der glaubt mich schuldig! …«
    Er ging abermals die Türen öffnen, erhob die Stimme, völlig vergessend, daß sich eine Tote im Haus b e fand.
    »Albert! … Albert! … Ein bißchen schneller, gefälligst! … Bringen Sie uns zu trinken …«
    Und der Maître d’hôtel kam, wandte sich einem Wandschrank zu, dem er Whisky und Gläser entnahm. Schweigend schaute man ihm zu. Dann bemerkte Maurice de Saint-Fiacre mit eigenartigem Lächeln:
    »Zu meiner Zeit gab es keinen Whisky im Schloß.«
    »Es ist Monsieur Jean …«
    »Aha!«
    Er nahm einen großen Schluck, ging zur Türe, die sich hinter dem Diener schloß, und drehte den Schlüssel.
    »Und so hat sich noch ein Haufen weiterer Dinge verändert …«, brummte er vor sich hin.
    Aber er ließ den Priester nicht aus den Augen, und dieser, der sich immer unbehaglicher fühlte, stammelte:
    »Sie entschuldigen mich … Ich muß zu meinem Religionsunterricht …«
    »Warten Sie! … Sie glauben also weiterhin fest an meine Schuld, Herr Pfarrer … Nein, streiten Sie es nicht ab … Pfarrer sind schlechte Lügner … Aber bestimmte Punkte will ich doch klarlegen … Denn Sie kennen mich nicht … Sie waren zu meiner Zeit noch nicht in Saint-Fiacre … Dem Kommissar, der das Drama mite r lebt hat, ist das auch bewußt …«
    »Aber ich bitte Sie …«, stammelte der Priester.
    »Nein! … Sie trinken nicht? … Auf Ihr Wohl, Kommissar …«
    Und sein Blick war düster. Er ließ nicht locker, unbeirrbar.
    »Es gibt eine Menge Leute, die man verdächtigen könnte … Doch ich bin es, ausschließlich ich, den Sie im Verdacht haben … Und ich frage mich, warum … Das hat mich um den Schlaf gebracht, heute nacht … ich habe nach allen möglichen Erklärungen gesucht, und endlich glaube ich, eine gefunden zu haben … Was hat Ihnen meine Mutter gesagt?«
    Diesmal wurde das Gesicht des Priesters blutleer.
    »Ich weiß nichts …«, stammelte er.
    »Bitte, Herr Pfarrer … Sie haben mir geholfen, gewiß! … Sie haben mir diese vierzigtausend Franc übergeben lassen, die mir eine Schnaufpause verschaffen und mir erlauben, meine Mutter anständig zu begraben … Dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen … Nur lassen Sie zugleich Ihren Verdacht auf mir lasten … Sie beten für mich … Das ist zuviel, oder nicht genug …«
    Und seine Stimme bekam einen wütenden, drohenden Unterton.
    »Ich beabsichtigte ursprünglich, diese Auseinanderse t zung mit Ihnen nicht in Anwesenheit von Monsieur Maigret zu führen … Na, jetzt bin ich froh, daß er dabei ist. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr vermute ich etwas Untergründiges …«
    »Herr Graf, ich bitte Sie inständig, mich nicht länger zu quälen …«
    »Und ich, Herr Pfarrer, erkläre Ihnen, daß Sie erst von hier weggehen werden, wenn Sie mir die Wahrheit gesagt haben!«
    Er trat auf, als wäre er ein anderer Mann. Er fühlte sich zum Äußersten getrieben. Und wie alle Schwachen, alle Weichen, reagierte er mit ausgeprägter Unerbittlic h keit.
    Sicher konnte man seine inzwischen laute Stimme im Sterbezimmer hören, das gerade über der Bibliothek lag.
    »Sie waren in ständiger Verbindung mit meiner Mutter … Ich nehme an, daß auch Jean Métayer zu Ihren getreuen Kirchenbesuchern zählte … Welcher von be i den hat etwas gesagt? … Meine Mutter, nicht wahr? …«
    Maigret

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