Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Titel: Maigret und die Affäre Saint Fiacre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
verglasten Käfig im Hintergrund rasselten laut zwei Linotype-Setzmaschinen.
    »Den Setzereichef, bitte …«
    Des Getöses der Maschinen wegen, mußte man buchstäblich brüllen. Der Geruch der Druckfarbe legte sich auf die Kehle. Ein kleiner Mann in blauem Kittel, der Bleisatz in einen Schließrahmen stellte, legte die Hand ans Ohr.
    »Sind Sie der Setzereichef?«
    »Der Metteur.«
    Aus seiner Brieftasche zog Maigret den Text, der die Gräfin de Saint-Fiacre getötet hatte. Der Mann, seine Stahlbrille zurechtrückend, schaute ihn an und fragte sich sichtlich, was er zu bedeuten hatte.
    »Ist das bei Ihnen entstanden?«
    »Wie?«
    Leute eilten mit Stößen von Zeitungen vorbei.
    »Ich möchte wissen, ob das hier gedruckt wurde.«
    »Kommen Sie!«
    Draußen auf dem Hof ging es besser. Zwar war es dort kalt, aber zumindest konnte man in beinahe normaler Lautstärke reden.
    »Was wollten Sie von mir wissen?«
    »Kennen Sie diese Satzschrift?«
    »Das ist die Cheltenham Corps 9 …«
    »Aus Ihrer Setzerei?«
    »Fast jede Linotype ist mit Cheltenham ausgerüstet.«
    »Gibt es Linotype-Maschinen noch anderswo in Moulins?«
    »In Moulins nicht … aber in Nevers, in Bourges, in Châteauroux, in Autin, in …«
    »An diesem Abzug ist also nichts Besonderes?«
    »Der Abdruck ist mit dem Klopfholz gemacht worden … Es sollte vorgetäuscht werden, daß es sich um einen Ausschnitt aus der Zeitung handelt, nicht wahr? … Man hat mich mal gebeten, so was zu machen, für einen Scherz …«
    »Ah!«
    »Das ist mindestens fünfzehn Jahre her … Als wir die Zeitung noch von Hand setzten …«
    »Und das Papier gibt Ihnen keinerlei Hinweis?«
    »Fast alle Provinz-Zeitungen haben den gleichen Lieferanten. Es ist deutsches Papier … Sie entschuldigen mich wohl … Ich sollte die Form schließen … Die Auflage für das Département Nièvres muß raus …«
    »Kennen Sie Jean Métayer?«
    Der Mann zuckte die Schultern.
    »Was halten Sie von ihm?«
    »Würde man auf ihn hören, so könnte man meinen, daß er von unserm Handwerk mehr versteht als wir. Er ist ein bißchen verdreht … Man läßt ihn in der Setzerei herumbasteln, weil die Gräfin und unser Patron b e freundet sind …«
    »Er kann eine Linotype bedienen, oder?«
    »Hm! Er meint es …«
    »Na, könnte er diese Meldung setzen?«
    »Wenn man ihm gut zwei Stunden dafür läßt … und er jede Zeile zehnmal anfangen kann …«
    »Hat er sich letzthin gelegentlich an eine Linotype g e setzt?«
    »Wie soll ich das wissen? Er kommt und geht! Er fällt uns allen lästig mit seinem Reproduktionsverfahren … Sie müssen mich wirklich entschuldigen … Der Zug wartet nicht … Und meine letzte Seite ist nicht g e schlossen …«
    Es war zwecklos, ihn mit weiteren Fragen aufzuhalten. Maigret wäre fast nochmals in die Setzerei gega n gen, doch die Geschäftigkeit, die dort herrschte, hielt ihn davon ab. Sichtlich hatten diese Leute keine Minute zu verschwenden. Jedermann rannte. Zeitung s träger schubsten ihn an, während sie zum Ausgang ei l ten.
    Es gelang ihm immerhin, einen Lehrling beiseite zu nehmen, der sich eine Zigarette drehen wollte.
    »Was geschieht mit dem Satz, nachdem er ausgedruckt ist?«
    »Man schmilzt ihn ein.«
    »Nach welcher Frist?«
    »Alle zwei Tage … Der Schmelztigel ist dort in der Ecke … Achtung! Er ist heiß …«
    Maigret ging, ein bißchen müde, vielleicht etwas entmutigt. Es war schon Nacht. Das Pflaster wirkte heller als gewöhnlich, wegen der Kälte. Vor einem Kleiderladen stampfte ein schon arg verschnupfter Verkäufer sich die Füße warm und versuchte, Kunden anzulo c ken:
    »Einen Wintermantel? … Schönes englisches Tuch ab zweihundert Franc … Kommen Sie herein … Völlig unverbindlich! …«
    Etwas weiter, vor dem Café de Paris, wo man Billardkugeln aneinanderschlagen hörte, bemerkte Maigret den gelben Sportwagen des Grafen Saint-Fiacre.
    Er trat ein, schaute sich nach dem Mann um und ließ sich, als er ihn nirgends sah, auf einer Sitzbank nieder.
    Es war das eleganteste Café der Stadt. Auf einer Estrade stimmten drei Musiker ihre Instrumente, ordneten drei Schildchen, von denen jedes eine Zahl trug, zur nächsten Programmnummer.
    Stimmengeräusch in der Telefonkabine.
    »Ein Bier«, sagte Maigret zum Kellner.
    »Hell oder dunkel?«
    Doch der Kommissar versuchte zu verstehen, was in der Kabine gesagt wurde. Es gelang ihm nicht. Saint-Fiacre kam heraus, und die Kassiererin fragte ihn:
    »Wie viele Gespräche?«
    »Drei.«
    »Mit

Weitere Kostenlose Bücher