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Maigret und die Tänzerin Arlette

Maigret und die Tänzerin Arlette

Titel: Maigret und die Tänzerin Arlette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Chef.«
    Armer Lapointe! Maigret hatte Gewissensbisse, aber er brachte es dennoch nicht über sich, auf diesen Spaziergang zu verzichten. Bevor er ging, öffnete er die Tür zu dem kleinen Zimmer, in das Torrence und Philippe sich zurückgezogen hatten. Der dicke Torrence hatte seinen Rock ausgezogen, aber trotzdem stand ihm der Schweiß auf der Stirn.
    Philippe, der nur auf der Kante des Stuhls saß, war leichenblaß und sah aus wie jemand, der im nächsten Augenblick ohnmächtig werden wird.
    Maigret hatte kein Verlangen, Fragen zu stellen. Er wußte, Torrence würde das Spiel nicht aufgeben und das Verhör nötigenfalls bis in die Nacht und bis zum nächsten Morgen fortsetzen.
    Kaum eine halbe Stunde später hielt ein Taxi vor einem vornehmen Hause in der Avenue de Jena, und ein Hausmeister in dunkler Livree empfing den Kommissar in einer Halle mit Marmorsäulen.
    Maigret nannte seinen Namen, fragte, ob Rosalie Moncœur noch im Hause sei, und der Mann verwies ihn auf die Lieferantentreppe: »Im dritten Stock.«
    Der Kommissar hatte unterwegs noch zwei Glas Bier getrunken, und die Kopfschmerzen hatten aufgehört. Es war eine schmale Wendeltreppe, die er hinaufstieg, und er zählte dabei halblaut die Stockwerke. Dann läutete er an einer braunen Tür. Eine rundliche Frau mit weißem Haar öffnete ihm und sah ihn erstaunt an.
    »Madame Moncœur?«
    »Was wollen sie von ihr?«
    »Ich möchte sie sprechen.«
    »Das bin ich.«
    Sie war gerade am Herd beschäftigt, während ein schwarzhaariges Mädchen eine wohlriechende Masse durch eine Passiermaschine drehte.
    »Wenn ich mich nicht täusche, haben Sie beim Grafen und der Gräfin Farnheim gearbeitet.«
    »Wer sind Sie?«
    »Kriminalpolizei.«
    »Sie wollen doch wohl nicht diese alte Geschichte wieder ausgraben?«
    »Das nicht gerade. Wissen Sie schon, daß die Gräfin tot ist?«
    »Sterben muß schließlich jeder. Aber ich hatte es noch nicht gehört.«
    »Es hat heute morgen in den Zeitungen gestanden.«
    »Sie sind aber ulkig. Als ob ich bei Herrschaften, die fast täglich Diners mit fünfzehn bis zwanzig Gedecken geben, zum Zeitunglesen käme!«
    »Sie ist ermordet worden.«
    »Das ist ja komisch.«
    »Warum finden Sie das komisch?«
    Sie bot ihm keinen Stuhl an und tat weiter ihre Arbeit, wobei sie mit ihm sprach, als wäre er irgendein Lieferant. Sie war offensichtlich eine Frau, die soviel im Leben gesehen und gehört hatte, daß sie so leicht nichts mehr erschüttern konnte.
    »Ich habe das nur so hingesagt. Wer hat sie denn ermordet?«
    »Das weiß man noch nicht. Ich bin erst dabei, es herauszubekommen. Haben Sie nach dem Tode des Grafen weiter bei ihr gearbeitet?«
    »Nur noch zwei Wochen. Wir verstanden uns nicht.«
    »Warum?«
    Sie vergewisserte sich mit einem Blick, daß das Mädchen seine Sache richtig machte, und öffnete dann den Bratofen, um ein Stück Geflügel zu begießen.
    »Weil das keine Arbeit für mich war.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß es kein seriöses Haus war?«
    »Wenn Sie wollen. Ich liebe meinen Beruf. Mir liegt daran, daß die Leute sich pünktlich zu Tisch setzen und ein wenig Verstand für das haben, was sie essen. Das genügt, Irma. Hol die harten Eier aus dem Kühlschrank, und nimm die Dotter heraus.«
    Sie entkorkte eine Flasche Madeira und goß daraus einen tüchtigen Schluck in eine Soße, die sie langsam mit einem Holzlöffel rührte.
    »Erinnern Sie sich an Oskar Bonvoisin?«
    Sie blickte ihn erstaunt an, als wollte sie sagen: »Ach, darauf wollten Sie hinaus.« Aber sie schwieg.
    »Haben Sie meine Frage nicht verstanden?«
    »Ich bin nicht taub.«
    »Was war das für ein Mann?«
    »Ein Diener.«
    Und da er sich über den Ton wunderte, in dem sie das sagte, setzte sie hinzu:
    »Ich kann Diener nicht leiden. Sie sind alle Nichtstuer. Und erst recht, wenn sie zugleich Chauffeure sind. Sie glauben, es gäbe im Hause nur sie, und sie führen sich schlimmer auf als die Herrschaften.«
    »War das bei Bonvoisin der Fall?«
    »Ich erinnere mich nicht mehr an seinen Familiennamen. Er wurde dort immer nur Oskar genannt.«
    »Wie sah er aus?«
    »Er war, was man einen schönen Mann nennt, und er wußte das auch. Es gibt ja immer welche, die diesen Typ lieben. Mein Fall ist er jedenfalls nicht. Ich habe ihm das auch deutlich zu verstehen gegeben.«
    »Hat er Ihnen den Hof gemacht?«
    »Auf seine Art.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Warum fragen Sie mich das?«
    »Weil ich es wissen muß.«
    »Glauben Sie, daß er der Mörder der Gräfin

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