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Maigret und die Tänzerin Arlette

Maigret und die Tänzerin Arlette

Titel: Maigret und die Tänzerin Arlette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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hatte.«
    »Sind Sie nie auf den Gedanken gekommen, daß man den Grafen ermordet haben könnte?«
    »Das ist nicht meine Sache.«
    »Aber geglaubt haben Sie’s?«
    »Hat’s die Polizei nicht auch geglaubt? Warum hätte sie uns sonst damals verhört?«
    »Hätte es Oskar sein können?«
    »Das habe ich damit nicht gesagt. Sie war wahrscheinlich ebenso dazu fähig wie er.«
    »Haben Sie weiter in Nizza gearbeitet?«
    »In Nizza und in Monte Carlo. Ich liebe das Klima an der Riviera, und nur weil meine Herrschaften jetzt in Paris sind, bin ich auch hier.«
    »Haben Sie nie mehr etwas von der Gräfin gehört?«
    »Ich habe sie ein- oder zweimal im Vorübergehen gesehen.«
    »Und Oskar?«
    »Oskar habe ich dort unten nie wiedergesehen. Ich glaube nicht, daß er an der Côte geblieben ist.«
    »Aber Sie glauben ihn vor wenigen Wochen gesehen zu haben. Beschreiben Sie ihn mir.«
    »Man merkt, daß Sie von der Polizei sind. Sie glauben, wenn man jemanden auf der Straße trifft, hat man nichts Eiligeres zu tun, als sich zu merken, wie er aussieht.«
    »Ist er gealtert?«
    »Genau wie ich. Wir sind alle fünfzehn Jahre älter geworden.«
    »Er muß jetzt doch wohl in den Fünfzigern sein.«
    »Ich bin fast zehn Jahre älter als er. Drei oder vier Jahre werde ich jetzt noch für andere arbeiten, und dann ziehe ich mich in ein Häuschen zurück, das ich mir in Cagnes gekauft habe und wo ich nur noch das kochen werde, was ich selber gern esse: Setzeier und Koteletts.«
    »Erinnern Sie sich noch, was er anhatte?«
    »An der Place Clichy?«
    »Ja.«
    »Einen dunklen Anzug, nicht gerade schwarz, aber dunkel eben. Er trug einen dicken Mantel und Handschuhe. Die Handschuhe sind mir besonders aufgefallen. Er sah sehr elegant aus.«
    »Und sein Haar?«
    »Mitten im Winter ging er natürlich nicht mit dem Hut in der Hand.«
    »War das Haar an den Schläfen grau?«
    »Ich glaube. Aber das hat mich nicht so verwundert.«
    »Sondern was?«
    »Daß er sehr fett geworden ist. Er hatte immer breite Schultern, und zeigte sich gern mit nacktem Oberkörper, wegen seiner ungewöhnlich starken Muskeln, und gerade das machte manche Frau ganz wild. Angezogen wirkte er gar nicht einmal so stark. Wenn er das wirklich war, den ich da neulich gesehen habe, dann ist er der reinste Bulle geworden. Er hat einen fetten Hals bekommen und wirkt durch seine Körperfülle noch kleiner.«
    »Haben Sie nie mehr etwas von Antoinette gehört?«
    »Sie ist damals bald gestorben.«
    »Woran?«
    »An einer Fehlgeburt. Jedenfalls hat man das erzählt.«
    »Und Maria Pinaco?«
    »Ich weiß nicht, ob sie das jetzt noch macht. Das letztemal, als ich sie sah, ging sie in Nizza auf dem Cours Albert I. auf den Strich.«
    »Ist das schon lange her?«
    »Zwei Jahre. Vielleicht auch etwas länger.«
    Aber sie war nun doch neugierig geworden und fragte:
    »Wie ist die Gräfin ermordet worden?«
    »Erdrosselt.«
    Sie sagte nichts darauf, doch man sah ihr an, daß sie das Oskar durchaus zutraute.
    »Und die andere, wer ist das?«
    »Ein junges Mädchen, das Sie bestimmt nicht gekannt haben, denn sie ist erst zwanzig Jahre alt.«
    »Sehr freundlich von Ihnen, mich daran zu erinnern, daß ich eine alte Frau bin.«
    »Das wollte ich damit nicht sagen. Sie stammt aus Lisieux, und es ist kaum anzunehmen, daß sie je an der Riviera gewesen ist. Ich weiß nur, daß sie einmal in La Bourboule war.«
    »In der Nähe von Mont-Dore?«
    »Ja, in der Auvergne.«
    Plötzlich blickte sie Maigret seltsam an.
    »Da ich nun einmal angefangen habe, auszupacken…«, murmelte sie, »Oskar stammt nämlich auch aus der Auvergne. Ich weiß nicht genau woher, aber er hatte sich den Dialekt noch nicht ganz abgewöhnt, und wenn ich ihn ärgern wollte, hänselte ich ihn deswegen. Er wurde dann jedesmal leichenblaß. Aber nun muß ich Sie leider hinauswerfen, denn meine Leute setzen sich in einer halben Stunde zu Tisch, und ich brauche jetzt meine Küche für mich allein.«
    »Ich komme vielleicht noch einmal wieder.«
    »Wenn Sie dann nicht schlimmer sind als heute, soll’s mir recht sein. Wie ist übrigens Ihr Name?«
    »Maigret.«
    Er sah, wie das Küchenmädchen, das sicherlich Zeitungen las, leicht zusammenzuckte, aber die Köchin hatte bestimmt noch nie etwas von ihm gehört.
    »Der Name ist leicht zu behalten. Übrigens, dabei fällt mir ein, Oskar hat ungefähr Ihre Figur, er ist nur einen Kopf kleiner.«
    »Haben Sie jedenfalls schönen Dank.«
    »Ist gern geschehen. Nur wenn Sie ihn verhaften,

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