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Maigret und die Tänzerin Arlette

Maigret und die Tänzerin Arlette

Titel: Maigret und die Tänzerin Arlette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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werden?«
    »Dazu müßte man wissen, wo er sich versteckt, und darüber weiß ich bis jetzt nichts. Aber man wird ihn wohl irgendwo auf dem Montmartre suchen müssen. Ein einziges Opfer könnte für ihn dort noch in Frage kommen.«
    »Und das ist?«
    »Jemand, dem sich Arlette offenbart hätte. Zum Beispiel eine ihrer Kolleginnen im Picratt, Betty oder Tanja.«
    »Haben Sie sie verhört?«
    »Sie schweigen. Fred, der Wirt, schweigt. Der Gnom schweigt. Und dieser verkommene Philippe schweigt ebenfalls, obwohl er schon seit heute früh verhört wird. Aber der Bursche weiß was. Ich möchte meine Hand dafür ins Feuer legen. Er hat die Gräfin regelmäßig besucht. Sie hat ihm Morphium verschafft.«
    »Woher hatte sie es?«
    »Von ihrem Arzt.«
    »Haben Sie ihn festgenommen?«
    »Noch nicht. Das ist Sache des Rauschgiftdezernats. Seit einer Stunde frage ich mich, ob ich etwas riskieren soll oder nicht.«
    »Was?«
    »Daß unter Umständen noch jemand ermordet wird. Und deswegen brauche ich Ihren Rat. Ich zweifle nicht, daß wir mit den gewöhnlichen Mitteln dieses Bonvoisin habhaft werden, der höchstwahrscheinlich der Mörder der beiden Frauen ist. Aber das kann Tage oder sogar Wochen dauern. Es ist im Grunde eine Frage des Zufalls. Und wenn ich mich nicht sehr täusche, ist der Kerl mit allen Wassern gewaschen. Bis wir ihm die Handschellen angelegt haben, könnte er noch eine oder mehrere Personen umbringen, die zuviel wissen.«
    »Aber was möchten Sie denn riskieren?«
    »Ich habe nicht gesagt, daß ich es möchte.«
    Der Leiter der Kriminalpolizei lächelte.
    »Sprechen Sie sich aus.«
    »Wenn Philippe etwas weiß, wovon ich überzeugt bin, muß Oskar jetzt in großer Unruhe sein. Ich brauche nur den Zeitungen mitzuteilen, daß er stundenlang ohne jedes Ergebnis verhört worden und darum wieder freigelassen ist.«
    »Ach, ich verstehe.«
    »Die eine Möglichkeit ist die, daß Philippe dann gleich zu Oskar stürzt, aber damit rechne ich eigentlich kaum. Es sei denn, daß er sich nur so das Morphium beschaffen kann, nach dem er schon geradezu japst.«
    »Und die andere Möglichkeit?«
    Der Chef hatte es bereits erraten.
    »Sie wissen es. Ein Süchtiger ist zu allem fähig. Philippe hat nichts verraten, aber das bedeutet nicht, daß er weiter schweigen wird. Oskar weiß das ganz genau.«
    »Und wird deshalb versuchen, ihn umzubringen.«
    »So ist es. Ich wollte dieses Risiko nicht auf mich nehmen, ohne mit Ihnen gesprochen zu haben.«
    »Glauben Sie verhindern zu können, daß er umgebracht wird?«
    »Ich werde alle nur möglichen Vorsichtsmaßnahmen treffen. Bonvoisin ist nicht der Mann, der einen Revolver benutzt. Das macht zuviel Lärm. Und er scheint den Lärm nicht zu lieben.«
    »Wann gedenken Sie den Zeugen freizulassen?«
    »Bei Anbruch der Dunkelheit. Man wird ihn dann leichter unauffällig überwachen können. Ich werde ihm so viele Männer folgen lassen, wie zu seinem Schutz erforderlich sind. Ja, und wenn er trotzdem… ich glaube, das wäre kein allzu großer Verlust.«
    »Mir wär’s lieber, wenn sich das vermeiden ließe.«
    »Mir auch.«
    Sie blickten sich einen Augenblick beide stumm an. Dann seufzte der Leiter der Kriminalpolizei nur: »Das ist Ihre Sache, Maigret. Viel Glück jedenfalls.«
     
     
    »Sie hatten recht, Chef.«
    »Erzähle.«
    Lapointe war so glücklich, eine wichtige Rolle bei dieser Untersuchung zu spielen, daß er darüber fast Arlettes Tod vergaß.
    »Ich habe die Auskunft sofort bekommen. Oskar Bonvoisin ist in Mont-Dore geboren, wo sein Vater Hotelportier und seine Mutter im selben Hause Zimmermädchen war. Er selber hat als Boy begonnen. Dann hat er die Gegend verlassen und ist erst nach mindestens zehn Jahren wieder dorthin zurückgekehrt. Er hat sich dort ein Haus gekauft, nicht in Mont-Dore selbst, sondern ganz in der Nähe, in La Bourboule.«
    »Wohnt er dort ständig?«
    »Nein, er verbringt dort nur einen Teil des Sommers, und manchmal kommt er auch im Winter für einige Tage.«
    »Ist er nicht verheiratet?«
    »Er ist immer noch Junggeselle. Seine Mutter lebt noch.«
    »Im Haus ihres Sohnes?«
    »Nein. Sie hat eine kleine Wohnung in der Stadt. Man nimmt an, daß er für sie sorgt. Er gilt für ziemlich vermögend, und sie glauben dort, er habe eine große Stellung in Paris.«
    »Die Personenbeschreibung?«
    »Paßt genau auf ihn.«
    »Möchtest du, daß ich dir einen Spezialauftrag gebe?«
    »Das wissen Sie doch genau, Chef.«
    »Selbst wenn es ziemlich gefährlich ist

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