Maigret und Monsieur Charles
die Bar. Doch der Inhaber, ein gewisser Ziffer, der jung und blond war, hatte den Kommissar und den Inspektor schon eingeholt.
»Was suchen die Herren?«
Maigret hielt ihm seine Plakette unter die Nase.
»Pardon, Herr Kommissar... Ich habe Sie nicht erkannt ... Es ist so dunkel hier...«
Der nicht sehr große Raum wurde nur durch eine aus kleinen Spiegeln zusammengesetzte Kugel erhellt, die sich an der Decke langsam drehte.
»Bei mir finden Sie nichts, was nicht in Ordnung wäre, das kann ich Ihnen versichern...«
»Kennen Sie Monsieur Charles?«
Der blonde Ziffer zog die Augenbrauen zusammen, wie einer, der sich an irgendetwas zu erinnern sucht.
Da mischte sich der Barkeeper ein, ein sehr dicker Mann mit ungeheuer breiten Augenbrauen.
»Er kam immer an die Bar...«
»Wann haben Sie ihn zum letztenmal gesehen?«
»Das ist Wochen her...«
»Haben Sie ihn am 18. Februar gesehen?«
»Was war der 18. Februar für ein Tag?«
»Ein Dienstag.«
»Sagt mir nichts... Das letzte, woran ich mich erinnere, ist, dass ich ihn mit Zoe an der Bar gesehen habe...«
»Ist sie mit ihm weggegangen?«
»Das ist verboten, Herr Kommissar«, mischte sich der Inhaber ein.
»Ich weiß, ich weiß... Ist sie mit ihm weggegangen?«
»Nein. Aber er hat irgendetwas in ein Notizbuch geschrieben, wahrscheinlich eine Adresse, die Zoe ihm gegeben hat...«
»Ist sie hier, diese Zoe?«
»Sie tanzt gerade... Die Platinblonde, die so einen schönen Busen hat...«
»Ich gehe sie holen«, bemühte sich Ziffer.
Und Maigret, der sich den Schweiß von der Stirn wischte, wandte sich zum Barkeeper:
»Bier haben Sie wohl nicht da...?«
3
Zoé hatte hellblaue Augen, die an ein naives und unschuldiges kleines Mädchen erinnerten. Sie klimperte mit den Wimpern, während sie neugierig den ihr unbekannten Mann betrachtete, und der Inhaber murmelte:
»Das ist der berühmte Kommissar Maigret; du kannst offen mit ihm reden.«
Sie schien noch nicht vom Kommissar gehört zu haben und wartete geduldig, so wie sie in der Schule auf die Fragen der Lehrerin gewartet hätte.
»Kennen Sie Monsieur Charles?«
»Natürlich, vom Sehen. Er kommt ab und zu.«
»Was nennen Sie ab und zu?«
»Fast jede Woche.«
»Nimmt er immer eine Animierdame mit?«
»O nein! Das kommt sogar ziemlich selten vor. Er mustert uns alle, und hin und wieder spendiert er einer von uns eine Flasche.«
»Tanzt er?«
»Ja. Er tanzt sehr schlecht.«
»Haben Sie ihn lange nicht mehr gesehen?«
Sie blickte zur Decke hinauf, immer noch wie ein Schulmädchen.
»Ja... Ziemlich lange... Das letzte Mal haben wir zusammen eine Flasche Champagner getrunken...«
»An das Datum erinnern Sie sich nicht?«
»Doch... Es war der 18. Februar...«
»Wieso wissen Sie das?«
»Weil es mein Geburtstag war. Er hat mir sogar Blumen gekauft, bei Josephine, der alten Blumenfrau, die jede Nacht hier vorbeikommt...«
»Hat er Ihnen nicht vorgeschlagen, Sie mitzunehmen?«
»Doch. Ich sagte ihm ganz offen, dass ich einen Freund habe, der zu Hause auf mich wartet, und er schien sehr enttäuscht... Es tat mir leid für ihn, denn er ist ein netter Kerl...«
»Sonst hat sich nichts ereignet?«
»Ich sagte zu ihm, ich hätte da eine Freundin, wenn er ein nettes Mädchen suche. Sie sei keine Animierdame, aber sie empfange ab und zu Männer bei sich zu Hause... Lauter ordentliche Leute... Ich bat ihn, mich für einen Augenblick zu entschuldigen, damit ich sie anrufen und fragen könne, ob sie frei sei... Dorine war selbst am Apparat... Sie versprach mir, da zu sein...«
»Sie haben Monsieur Charles also ihre Adresse gegeben?«
»Ja, Avenue des Ternes...«
»Wie spät war es da?«
»Ungefähr ein Uhr morgens...«
»Ist er sofort gegangen?«
»Ja...«
Haben Sie Dorine seither gesehen?«
»Ich habe sie noch in derselben Nacht angerufen, gegen drei Uhr, um zu hören, ob alles in Ordnung sei. Sie antwortete mir, Monsieur Charles sei nicht gekommen und sie warte noch immer... Als ich sie das nächste Mal sah, bestätigte sie mir, dass niemand gekommen ist...«
»Und seitdem?«
»Wie meinen Sie das?« »Hatten Sie Gelegenheit, Monsieur Charles wiederzusehen?«
»Nein. Ich wunderte mich schon, dass er so lange nicht hierher kommt.«
»Ich danke Ihnen, Zoe.«
»Ist das alles?«
»Im Augenblick ja.«
Er sah ihr nach, wie sie zu ihrem Tisch ging, und der Inhaber kam zu Maigret und fragte:
»Sind Sie zufrieden?«
»Einigermaßen.«
Bis jetzt sah es so aus, als sei die junge Zoe die letzte, die
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