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Maigret und Monsieur Charles

Maigret und Monsieur Charles

Titel: Maigret und Monsieur Charles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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damit man Ihre Zeugenaussage aufnehmen kann, die müssen Sie unterschreiben...«
    »Bei welchem Kommissariat?«
    »Der Herr dort unten, der mit dem Schnurrbart und dem schwarzen Mantel, ist der Kommissar dieses Bezirks und wird Ihnen sagen, was Sie zu tun haben...«
    Sie saßen zu viert in dem kleinen Fiat, den Vito wie alle meisterhaften Chauffeure ganz behutsam fuhr.
    »Entschuldigen Sie, Monsieur Maigret«, murmelte der Kanzleileiter. »Könnten wir nicht einen Augenblick an einem Bistro haltmachen? Wenn ich jetzt nicht etwas Starkes trinke, muss ich mich womöglich übergeben...«
    Sie stiegen alle drei vor einer Bar aus, in der nur zwei Schauermänner saßen. Lecureur, der kreidebleich war, bestellte einen doppelten Cognac, Lapointe ebenfalls. Maigret begnügte sich mit einem Bier.
    »Dass man ihn in der Seine findet, das hätte ich nicht erwartet.«
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß nicht. Manchmal dachte ich, er ist mit einer Frau weggefahren... Er hätte an der Côte d’Azur oder sonstwo sein können... Das einzige, was mich an ein Unglück denken ließ, war die Tatsache, dass er mich nicht anrief...«
    Sie erreichten rasch Boulevard Saint-Germain.
    »Sie gehen alle neueren Rechnungen durch und fragen bei der Bank nach...«
    »Möchten Sie mir nicht das Scheckheft aushändigen, damit ich die darin verzeichneten Beträge überprüfen kann?«
    Maigret gab es ihm und steuerte auf die rechte Tür zu, während Lecureur durch die linke ging.
    »Schon wieder!« rief die Zofe verdrießlich, nachdem sie die Tür geöffnet hatte.
    »Ja, Mademoiselle, ich bin’s schon wieder. Und ich wäre Ihnen sehr verpflichtet, wenn Sie Ihrer Herrin unverzüglich Bescheid geben würden, dass ich auf sie warte...«
    Er ging unaufgefordert in Richtung Boudoir und behielt gleichsam als Herausforderung die Pfeife im Mund. Gute zehn Minuten vergingen, und als Nathalie erschien, war sie nicht im Morgenmantel, sondern trug ein hochelegantes Kostüm.
    »Ich wollte gerade ausgehen.«
    »Um welche Bar aufzusuchen?«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Ich habe eine wichtige Neuigkeit für Sie. Ihr Mann ist gefunden worden...«
    Sie fragte nicht, ob er tot oder lebendig war.
    »Wo?« fragte sie nur.
    »In der Seine, am Pont de Grenelle...«
    »Wusste ich doch, dass ihm etwas zugestoßen ist...«
    Ihr Mundwinkel war schlaff, ihr Blick ziemlich fest. Sie hatte zwar getrunken, aber sie hielt sich gut.
    »Jetzt muss ich wohl die Leiche identifizieren? Ist sie im Leichenschauhaus?« »Das Leichenschauhaus existiert schon lange nicht mehr. Gerichtsmedizinisches Institut heißt das jetzt...«
    »Bringen Sie mich selbst dorthin?«
    »Sie brauchen ihn nicht zu identifizieren. Das hat Monsieur Lecureur erledigt. Wenn Sie aber Wert darauf legen...«
    »Soll das eine Beleidigung sein?«
    »Weshalb?«
    »Trauen Sie mir derart morbide Empfindungen zu?«
    »Bei Ihnen kann man nie wissen...«
    Die sakrosankte Cognacflasche samt Gläsern stand auf dem kleinen Tischchen. Sie schenkte sich ein, ohne ihrem Besuch etwas anzubieten.
    »Was geschieht jetzt?«
    »Heute Abend werden die Journalisten informiert sein und zusammen mit den Fotografen an Ihrer Haustür klingeln.«
    »Kann man nichts tun, um sie daran zu hindern?«
    »Sie brauchen sie nicht zu empfangen.«
    »Und dann?«
    »Dann werden sie sich anderswo auf die Suche machen. Sie werden keine Rücksicht auf Sie nehmen, ganz im Gegenteil. Diese Leute haben Spürsinn. Vielleicht werden sie gewisse Entdeckungen machen...«
    »Ich habe nichts zu verbergen.«
    »Tun Sie, was Sie wollen, ich an Ihrer Stelle aber würde sie empfangen. Ich würde mich bemühen, in halbwegs gutem Zustand zu sein. In ein, zwei Stunden werden die ersten hier sein.«
    Sie trank trotzdem ein zweites Glas.
    »Sie halten immer Verbindung zu den Polizeidienststellen ...« »Es macht Ihnen Spaß, so mit mir zu reden, nicht wahr?«
    »Nein, glauben Sie mir.«
    »Sie verabscheuen mich...«
    »Ich verabscheue niemanden...«
    »Ist das alles, was Sie mir zu sagen hatten?«
    »Das ist alles, ja. Wir werden uns sicher bald Wiedersehen.«
    »Das wünsche ich nicht. Ich verachte Sie, Monsieur Maigret. Und jetzt hauen Sie ab! Claire! Werfen Sie das Pack doch hinaus...«
    Auf dem Gehsteig vor der Hausnummer 207 A stand immer noch ein Inspektor, und Maigret überlegte, ob er die Bewachung einstellen sollte, beschloss am Ende aber, sie fortzusetzen. Das Abhören des Telefons hatte nichts erbracht, und das war auch zu erwarten gewesen, da Nathalie keine

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