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Mainfall

Mainfall

Titel: Mainfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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hechelnde Hundeknäuel, das sich an mich presste, als ob ich ihm diesmal das Leben gerettet hatte.
    »Wie konnten wir dich nur vergessen«, sagte ich und streichelte ihn.
    Er war noch völlig außer Atem, als ob er um sein Leben gerannt war. Sein Herzchen bummerte gegen meine Brust und ich trug ihn ein Stück, bis er sich etwas erholt hatte. Melanie hatte ihren Arm jetzt wieder um meine Hüfte gelegt und führte mich zu sich nach Hause.
    Wir gingen durch die Rue des Tonneliers, vorbei am alten Fischmarkt und lasen hier und da die Speisekarten der Restaurants. Oskar tänzelte vor uns auf dem Kopfsteinpflaster und zeigte uns, wie wohl er sich in Straßburg fühlte. Plötzlich blieb Melanie stehen und zog mich in einen Hauseingang. Ich packte Oskar und nahm ihn auf den Arm.
    »Pssst, ganz still, ich glaube, sie verfolgen uns«, flüsterte Melanie.
    »Wer verfolgt uns?«
    »Die beiden Typen …«
    »Wo sind sie?«
    »Da vorne, in der Rue de la Douane, dort haben sie um die Ecke geschaut«, presste Melanie hervor. Sie war ganz außer sich vor Angst.
    »Dann lass uns zurückgehen, zurück zum Place Gutenberg«, schlug ich vor.
    »Wir warten lieber noch.«
    »Ja, okay.«
    So standen wir im Hauseingang und warteten. Melanie drängte sich an mich. Ich bemerkte, dass sie zitterte. Sie schien plötzlich so zerbrechlich, so schutzbedürftig und ich nahm sie in den Arm und drückte sie an mich.
    »Gut, dass du da bist«, flüsterte sie.
    Fast war ich den Ganoven dankbar, dass sie mir Melanie so in die Arme getrieben hatten. Ich begriff, wie sehr sie sich vor ihnen fürchtete. Ich konnte verstehen, warum sie sich ständig bedroht fühlte. Oskar war ganz ruhig und ahnte womöglich die Gefahr. Nach einiger Zeit rannten wir los, zurück durch die Rue des Tonneliers, quer über den Place Gutenberg, hinüber zur Kathedrale und von dort durch die Rue du Maroquin in Richtung Fluss. Oskar hatte ich wieder auf den Boden gesetzt und er bellte wie ein Verrückter. Sollten sie nur hören, dass wir einen Hund hatten, dass man nicht unbemerkt an uns herankam. Bei einem der Souvenirgeschäfte in der Rue du Maroquin machten wir halt, fanden zwischen den Ständern mit den Elsässer Störchen etwas Sichtschutz und sahen uns vorsichtig in alle Richtungen um.
    »Ich glaube, wir haben sie abgehängt«, raunte Melanie.
    »Bist du sicher?«
    »Ich denke schon. Ich kann sie jedenfalls nirgends entdecken.«
    Eine Zeit lang hielten wir uns noch bei den Souvenirgeschäften auf. Anschließend nahmen wir den Weg zur Rabenbrücke. Auch dort schien die Luft rein zu sein und Melanie beruhigte sich langsam.
    »Lass uns einen Mittagsschlaf machen. Ich bin so richtig schön müde«, sagte sie.
    Mir war alles recht. Ich war erleichtert, dass die Verfolgungsjagd beendet war, und froh, als wir Melanies Wohnungstür erreichten. Melanie traf das Schlüsselloch nicht gleich. Der Elsässer Riesling zeigte noch seine Wirkung.
    »Nun komm schon«, sagte sie und stieß den Schlüssel ins Loch, drehte um und öffnete die Tür. Oskar marschierte direkt ins Schlafzimmer und legte sich auf seinen Platz. Ich folgte ihm, zog die Schuhe aus, ohne die Schnürsenkel zu öffnen, und ließ mich auf das Doppelbett fallen, wie ich war. Schließlich warf sich auch Melanie aufs Bett und legte sich neben mich. Sie roch nach Parfum, Sauerkraut und Riesling. Vor allem aber roch sie nach Liebe und nach Glück. Ich spürte ihre Lippen auf den meinen, spürte ihr drängendes Begehren, merkte, wie sie sich mit ungelenken Bewegungen versuchte auszuziehen, hörte ihre Schuhe neben das Bett fallen und dann lag sie auf mir, knöpfte mir das Hemd auf, bis sie endlich meinen Körper spürte und ich den ihren.
    Unsere Liebe hatte nichts Verwerfliches an sich. Es war, als ob das Rosettenauge des Münsters ins Zimmer sah, voller Wohlwollen und voller Verständnis. Sogar die Dachbalken des Schlafzimmers schienen ihre Freude zu haben und beugten sich schützend über uns. Selbst als das alte Doppelbett stöhnte und ächzte, wusste ich, dass es uns gern aushielt und selten ein solches Vergnügen erlebt hatte.
    Irgendwann kehrte Ruhe ein. Melanie lag in meinem Arm und ich wusste, dass sie mich liebte. Sie lag in meinem Arm wie ein schwarzhaariger Engel, der vom Himmel gefallen war. Leise ging ihr Atem, ihre Brust hob und senkte sich und wir glitten beide hinüber in einen sanften Schlaf. Für uns war die Welt in Ordnung, in diesem Zimmer über den Dächern von Straßburg. Nichts störte uns, das Haus liebte

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