Maison Aglaia
hinein und stülpte die Mütze über Xavers Ohren: "Voilà, mon nom est Xavier!"
In den nächsten Tagen spielte sich unser Leben langsam ein, das heißt wir arbeiteten von morgens um sieben bis Mitternacht. Lustige Erlebnisse uns anregende Gespräche mit unseren Gästen unterbrachen diese Arbeit, sie waren das Salz in einer doch anstrengenden Suppe. Aber wir hatten uns das selbst eingebrockt und löffelten es gerne aus. Wir waren unsere eigenen Herren, wenn man von den Königen in Form unserer Gäste absah, und wir hatten uns einen Herzenswunsch mit "Maison Aglaia" erfüllt. Die Arbeit war nicht immer leicht, aber wir bereuten unseren Entschluss auch nach den ersten aufregenden Ereignissen und gelegentlichen die Nerven strapazierten Mäkeleien von Gästen wie Armgard Müller "Hat das Ei auch wirklich nur vier Minuten gekocht? Es war nämlich hart!" keine Sekunde.
Auch der Alltag in einer Pension birgt manche Überraschung. Täglich muss Frühstück hergerichtet, die Betten gemacht und die Zimmer und Bäder gesäubert werden.
Küchen- und Kellervorräte mussten durch Einkäufe ergänzt werden und die Bett- und Tischwäsche harrte einer Reinigung.
Beatrice war auf ihre neue blütenweiße Bett- und Tischwäsche sehr stolz und wachte eifersüchtig darüber, dass alles seine Ordnung hatte. Wenn sie die Waschmaschine füllte, assistierte ihr Aglaia tatkräftig dabei, indem sie ständig im Weg stand und einen Kopfkissenbezug, den Beatrice gerade in die Maschine gesteckt hatte, wieder heraus zupfte. Dadurch dauerte es immer etwas länger, aber Beatrice meinte: "So lernt das Kind von Anfang an, was wichtig ist in so einem Haus."
Endlich war also alles geschafft und Aglaia verließ an der Hand der Mutter die Waschküche. Da Beatrice in Gedanken bereits die nächsten Pflichten durchging, entging ihr zunächst eine wesentliche Veränderung im Aussehen ihrer Tochter. Erst nach einer Weile fiel ihr etwas auf. "Aglaia, wo hast Du denn dein rotes T-Shirt gelassen?" "Beim Wassen!" sagte Aglaia treuherzig. Da Beatrice während der Frage gerade etwas Geschirr scheppernd wegräumte, verstand sie nur "Wasser" und nahm an, dass Aglaias Hemd beim Schwimmbad lag. Da sie die Gäste nicht mit herumliegenden Kleidungstücken ihrer Tochter irritieren wollte und außerdem Xavers Appetit für Textile Ware seit Dieters Baskenmütze fürchtete, hastete sie sofort hinaus. Doch da war nichts. Wieder fragte sie Aglaia, die Wahrheitsgemäß "Beim Waschen!" antwortete.
Erst sagte Beatrice erleichtert "Ach so", dann schwante ihr Schreckliches und sie stürzte wie von Furien gehetzt mit Aglaia an der Hand in den Waschkeller. "Wo ist dein T-Shirt?" Aglaia deutete arglos auf die laufende Waschmaschine.
Am nächsten Tag wurden Armgard und Norbert Müllers Betten frisch bezogen - mit rosa Bettwäsche. Beatrice fürchtete von Armgard Müller wieder einen schnippischen Kommentar über gewisse Hausfrauen zu hören, aber es kam ganz anders.
"Rosa! Nein, wie aufmerksam von Ihnen!" bedankte sich Armgard Müller errötend. "Wissen Sie, Norbert und ich, wir lieben uns, äh, es, äh ..." Sie unterbrach sich erschrocken, wurde nun vollends puterrot und stotterte: "Ja, äh, ich meine, äh, ... farbige Bettwäsche ist ja heute sooo modern..."
Der Salzklau
Von unseren neuen Gästen bemerkten wir zunächst nicht viel. Dr. Gertrud Fern wurde die erste regelmäßige Benutzerin unserer Bibliothek und das Ehepaar Leißensee fiel nur dadurch auf, dass es sehr lange schlief, das Frühstück aufs Zimmer bestellte und den ganzen Tag im Liegestuhl am Schwimmbecken verbrachte - Händchen haltend. Was natürlich bei Armgard Müller ein verstecktes Kopfschütteln hervorrief. Pikiert dachte sie sich: „So ein Altersunterschied und dann noch öffentlich turteln ... nein, wirklich, was die Leute heutzutage ...
Am Abend verließen alle bis auf Dieter allein oder in Grüppchen das Haus um im Restaurant des Dorfes zu essen. Dieter aß als alter Freund der Familie mit ihnen und hechelte mit Peter lang und breit gemeinsame Bekannte und neue Anekdoten aus Journalistenkreisen durch. Dabei fragte er Beatrice eines Abends: "Hast Du irgendwo ein paar Salzstreuer stehen sehen? Mir fehlen schon drei Stück?"
Dieter setzte sofort eine Verschwörermiene auf und flüsterte: "Vorsicht, der Salzklau geht um!"
"Quatsch!" beschied ihn Beatrice streng, meinte dann aber selbst: "Etwas Sorgen mache ich mir ja auch. Zwei Löffel und eine Zuckerdose sich auch schon
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