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Make Me Gluecklich

Make Me Gluecklich

Titel: Make Me Gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane André
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verloren. Und jetzt saß ich sieben Stunden lang auf einem Sitz, der gefühlte zwanzig Zentimeter breit war, mit den Knien tief im Rücken des Vordermannes und – unbarmherziges Schicksal! – auch noch auf dem Mittelplatz.
    Zweitens saß Frau Leutberger neben mir, ausgerechnet. Das bedeutete, dass ich weder über die Touristenklasse jammern konnte (wie hätte das ausgesehen?!) noch den gesamten Flug mit Musik auf den Ohren verdösen konnte. Stattdessen musste ich höfliche Konversation machen, ihr den letzten Tagesspiegel überlassen, den die Stewardess noch hatte, und gar nicht erst versuchen, den Kampf um meine linke Armstütze aufzunehmen. Frau Leutberger belegte die Lehne mit Beschlag, von der ersten Sekunde an, und sie beanspruchte sie bis zu dem Moment, in dem das Flugzeug auf amerikanischem Boden aufsetzte.
    Wie gesagt, es war anstrengend.
    Zwischendurch floh ich für eine Viertelstunde zu den Westerwegs, die fünf Reihen vor uns drei Plätze für sich allein hatten (und auch brauchten). Mutter und Tochter waren aufgekratzt und fröhlich und teilten großzügig ihre Mega-Packung Erdnüsse mit mir. Genauso großzügig waren sie mit Einblicken in ihr Gefühlsleben.
    »Wissen Sie, Nora, mein Günter und ich, wir sind einfach so ! (Sie kreuzte die Finger übereinander.) Immer noch, nach sieben Jahren! Wenn wir nicht dauernd miteinander reden würden, dann ging’s gar nicht. Ich bin ja so froh, dass er mir Antwort gibt! Das macht nicht jeder, das können Sie wohl glauben!«
    Ich verstand nichts, machte aber eine interessierte Miene. Wer war Günter? Und wieso sollte er ihr nicht antworten, wenn sie ihn anrief?
    »Er hat mir auch geraten in der Sache mit der Denise, natürlich. Brigitte, hat er gesagt, Brigitte, such der Denise einen richtich guten Mann. Nicht irgend so einen Bonner Käskopp, und der Andy war es ja auch nicht – immer nur den FC im Kopf und von Weihnachten bis Rosenmontag Karneval machen, ne! Ein echter Kölner eben, was, Denise?! Gut, dass du dem den Laufpass gegeben hast. Günter, sag ich, Günter, was hältst du denn von was Internationalem?! So was richtig Erstklassigem, gutes Elternhaus, mit Bildung und Geld und allem, was dazugehört?! Datt ham wir ja schließlich auch zu bieten, ne, Denise!« Sie lachte ein saftiges, ansteckendes Lachen. »Und da sind wir über Ihre Mutter gestolpert, Frau Nora, das kam wie gerufen! Die Denise wär ja sonst schon langsam überfällig geworden!«
    Wieder lachte sie herzhaft. »Die Denise« kicherte mit und fühlte sich überhaupt nicht auf den Schlips getreten.
    »Was wir unser Englisch aufpoliert haben, das glauben Sie nicht! Hören Sie mal: Ssank you for sse nice evening! Nice to meat you, mister! My Denise is from Germany, from sse Rhein where its terrible beautiful! You can call me Biggy! Und so weiter… Gut, was, so für den Anfang?!« Biggy Westerweg strahlte mich an; ihr rundes, rotes Gesicht spiegelte Vergnügen, Zuversicht und großes Vertrauen – Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten, alles zu richten.
    Ich schluckte. Plötzlich hatte ich das Gefühl, als hätte man mir die Verantwortung für zwei Kinder übertragen,die ich durch ein paar Untiefen des Lebens steuern sollte . . . und ich hatte keine Ahnung vom Steuern. Durch mein eigenes Leben ruderte ich ja auch mehr schlecht als recht, wie konnte ich davon ausgehen, andere Menschen zu lotsen?! Wieso war meine Mutter auf diese blöde Idee gekommen?!
    Ich plauderte noch ein paar Minuten und schlich dann zu meiner Folterbank neben Frau Leutberger zurück.
    »Ich habe Ihnen zum Mittagessen die Bohnen geben lassen«, sagte sie schnappig und wies auf den Alubehälter auf dem Tischchen vor meinem Platz. »Sie waren ja nicht da!«
    Ich bedankte mich lächelnd und quetschte mich auf meinen briefmarkengroßen Sitz. Wenn es etwas auf der Welt gab, das ich wirklich hasste, dann waren es Bohnen.
     
    Wenn ich abergläubisch wäre, hätte ich mir bei diesem Auftakt der Reise Schlimmes für den Rest des Projektes ausgerechnet. Ging eigentlich nicht schon seit Tagen alles schief – und konnte das nicht nur eins bedeuten: Es würde noch schlimmer kommen?!
    Doch ich wollte den Teufel nicht an die Wand malen, also krümmte ich mich eben auf meinem Sitz zusammen, ignorierte meine schmerzenden Gesichtsmuskeln (wegen des eingefrorenen Lächelns) und sagte mir, es könne ja nur aufwärts gehen.
    Vor lauter Optimismus machte ich dann aber leider bei den Einreiseformularen ein Kreuz in der falschen Spalte.
    Was

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