Make Me Gluecklich
dem Wasserbehälter herum, und ich hatte Zeit, ihn unauffällig zu betrachten. Er hatte sehr dunkle Augen und einen schön geschnittenen Mund, und so dicht neben ihm roch man einen ungewöhnlichen Hauch von Zimt und Leder. Seine Haare wirkten schon wieder unfrisiert, so als nähme er grundsätzlich seine Hände statt eines Kamms.
»Wollen wir das Kriegsbeil begraben?«, fragte er plötzlich und sah mich an. In seinem Blick lag ein Ausdruck, den ich nicht erwartet hatte und den ich auch nicht deuten konnte.
»Wir vergessen unseren missglückten Start«, sagte er, »und gehen beide davon aus, dass wir gemeinsame Interessen haben, nicht gegensätzliche . . .«
Oh, er war sehr überzeugend, wenn er so dicht vor einem stand. Der Latte war fertig, und man hätte beinahe nicht entscheiden können, wer von beiden leckerer aussah . . .
»Max? Bist du da?!«
Wir fuhren herum, als hätten wir etwas Verbotenes getan. In der Tür stand Katherine, sie sah umwerfend aus – kurzer Rock, endlos lange Beine und eine Bluse, für die gleich mehrere meiner Freundinnen gemordet hätten – na gut: gelogen und betrogen.
»Max, wegen unseres Termins heute Abend . . .«, flötete sie und ignorierte mich vollkommen, und ich hörte nicht weiter zu und biss mir auf die Lippen. Die doofe Deutsche, ja?! Beinahe hätte ich mich tatsächlich becircen lassen, beinahe wäre ich eingeknickt und vielleicht bereit gewesen, eine fadenscheinige Erklärung für den Betrug an meiner Mutter zu akzeptieren – ein paar Sekunden noch, und ich hätte mein Gespür dafür verloren, dass dieser Mann nichts Gutes im Schilde führte.
Gut, dass Blondschöpfchen rechtzeitig aufgetaucht war, um mich daran zu erinnern. Ob sie gelauscht hatte und dann genau im rechten Moment hereingesprungen war, um ihre Ansprüche geltend zu machen?! Das Traumpaarr, das sich nicht zu blöd war, in der eigenen Firma von plakatgroßen Fotos an der Wand herunterzugrinsen . . . beinahe hätte ich mich lächerlich gemacht. Brannigan war einer, der wahrscheinlich nichts lieber tat, als auf möglichst vielen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen.
Ich nahm Brannigan kurzerhand das Glas aus der Hand und eilte an ihm vorbei in Richtung Tür. Aus dem Augenwinkel sah ich seinen Blick, der mir folgte – wahrscheinlich bedauerte er gerade, dass er mich nicht länger auf die Schippe nehmen konnte.
Brooke hatte tatsächlich Gregs Vorgeschichte ausgegraben, was mich beinahe verblüffte. Er hatte Matches Worldwide vor fast einem Jahr verlassen, denn er war mit keiner einzigen Frau zurechtgekommen, die meine Mutter (via Brooke) ihm vorgesetzt hatte.
Was war denn mit dem vielgerühmten »Händchen« gewesen, das die beiden angeblich besaßen?!
Ich studierte den Zettel aus einem der Ordner mit lila Aufschrift, auf dem Gregs Geschichte des Scheiterns in knappen Sätzen zusammengefasst war. Er hatte immer bloß ein einziges date geschafft; nie hatte ihn eine der Frauen ein zweites Mal treffen wollen.
Ich fand das unmöglich. Wo hatten denn all diese Weiber ihr Gespür? Wollten die immer nur die Brannigans dieser Welt – die mit Geld, strahlendem Gebiss und rabenschwarzer Seele?
»Brooke . . .«, sagte ich nachdenklich und kaute auf dem Ende eines Kulis herum, »wir brauchen für Greg eine sensible Frau, musisch interessiert . . .«
Rrrriiing! Dieses scheußliche Bürotelefon versetzte mir immer einen Schock. Dabei hatte ich gerade eine richtige Inspiration gehabt.
»Ihre Leute sind unten«, verkündete Brooke. »Zumindest eine von ihnen, sagt Raoul. Ob sie Sie abholen sollen, fragen sie.«
Ich sah sie ein wenig ratlos an. »Wieso denn? Wir waren doch am Grand Central verabredet . . .« Aber ich stand bereitsauf. Auch gut, wenn ich nicht zur U-Bahn humpeln musste.
Während ich mir meine Handtasche schnappte und mit leichtem Bedauern einen letzten Schluck von dem ziemlich guten Kaffee trank, gab ich Brooke Anweisungen, wonach sie im Fall Greg suchen sollte. Höchstens eine Stunde, sagte ich, dann solle sie nach Hause gehen; es war schließlich Sonntag.
Brooke strahlte mich an und nickte. Sie sah so dünn und verloren aus, wie sie da hinter dem riesigen Schreibtisch hockte, dass ich versucht war, ihr fünf Dollar für ein Sandwich in die Hand zu drücken. Vielleicht war das der Grund, warum meine Mutter es nicht schaffte, sie rauszuschmeißen – dass sie so mitleiderregend wirkte.
Von diesem Moment an war es, wie ich später feststellen sollte, abwärtsgegangen. Meine wichtigste Kundin
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