Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)
kennen!“
Martin hat sich auch schick
gemacht. Nicht so wie ich, aber im Rahmen seiner Möglichkeiten hat er das Beste
rausgeholt. Er steht auf diesen Miami-Vice-Style , trägt eine helle
Leinenhose und ein passendes Jackett. Darunter ein T-Shirt in Pastellblau. Wer’s
mag . Natürlich sage ich ihm, dass er super aussieht, und er erwidert das
Kompliment. Und trotz der schwelenden Wut über seinen Verrat an unserer
Freundschaft bemühe ich mich um äußerliche Gelassenheit. Kill him with kindness,
Nori! Es gelingt mir, und auch mein Herzschlag reduziert sich wieder auf normal.
Ich atme tief, und Martin schlägt vor, zu den Anderen zu gehen. Klaro!
Dann das große Hallo. Mein Anzug
haut sie alle um. Ich streiche mir durchs Haar wie ein echter Greaser. Thomas
und Klaus hängen bunte Girlanden auf. Heiner steht auf einer Leiter und
versucht, den Motor der Discokugel zum Laufen zu bringen. Claudia, Silvia und
eines der braven Mädchen, das ich hier gar nicht erwartet hätte, drapieren
Getränke und Knabbereien auf einem Tisch mit weißer Papierdecke. Es gibt
tatsächlich Bier und Bowle. Daneben, auf einer kleinen Theke, steht der
Plattenspieler. Was läuft? You spin me round. Okay, es gibt größeren
Mist. Ich lege die Platten ab.
Die Sonne steht hoch über den
Feldern, erhellt den Raum, weil eine Wand von einem großen Fenster eingenommen
wird. Jörg kommt rein, die Zigarette im Mundwinkel.
„Das ist doch viel zu hell“, motzt
er, und betätigt einen Schalter in der Wand, den ich gar nicht gesehen habe.
Langsam gehen die Rollläden herunter und sperren den Tag aus. Und im Tausch
gegen das Licht erhalten wir etwas, das wir gerade viel besser brauchen können:
Atmosphäre.
Die Discokugel gerät in Bewegung.
Wir applaudieren Heiner, als er von der Leiter steigt. Kleine bunte Lichter
laufen an Wänden, Boden und Decke entlang wie Glühwürmchen. Das war’s. Kann
losgehen. Wir stehen im Kreis und mustern uns. Wir sehen gut aus. Und obwohl
wir uns alle schon ewig kennen, zum Teil aus dem Sandkasten – heute ist etwas
anders. Es liegt nicht an den Outfits, die wir tragen. Die unterstreichen es
nur. Die Metamorphose hat begonnen. Wir sind im Begriff, unserer endgültige
Gestalt anzunehmen. Vom Kind zum Jugendlichen. Zeit für das nächste Level.
„Was soll der Ringelpietz?“, ruft
uns Jörg hinter der Theke zu. Zischend öffnet er ein Bier und dreht die Musik
auf. Und sofort kommt Bewegung in die Sache.
Nach und nach füllt sich der Raum.
Claudia hat die ganze Klasse eingeladen. Und niemand steht still. Ich mache den
DJ. Rockwell – Somebody’s watching me. Gelungen. Die Menge rast. Wo
bleibt Bettina? Martin entdecke ich auch nicht. Seltsam. Ich brauche Ablösung
am DJ-Pult. Heiner oder Stephan? Manowar oder Bronski Beat? Es ist nie zu früh für ein Coming-out. Ich winke Stephan ran. Als ich mich
durch die tanzende Menge zur Tür bewege, wird mir das ganze Ausmaß dieser
Verschwörung klar. Claudia und Silvia haken sich bei mir unter und ziehen mich
mit sich in die Mitte der Tanzfläche. Sie wollen mich davon abhalten, nach
draußen zu gehen. Was geht da vor sich? Ihr wollt tanzen? Tanzen wir.
Wie Äste eines Baumes im Wind
schwingen meine Arme zu den ersten Takten von Dr. Mabuse – Never look
back, never look back. Die beiden Mädels ziehen ihre langweilige
Eins-Zwei-Step-Performance ab, und ihre angewinkelten Arme schlagen wie
Entenflügel. Mal unter uns, so fesselt man nicht die Aufmerksamkeit von Nori
Greth. Wie ein Pantomime taste ich mit den Handflächen eine unsichtbare Wand
entlang, werfe den Kopf von einer Seite zur anderen, als suchte ich den Ausgang
aus einem Labyrinth. Ich finde ihn und gehe virtuell durch die Tür. Der echten
Tür bin ich dabei noch keinen Schritt näher gekommen. Die Mädels sind entzückt
von meiner Darbietung. Ich gebe den kaputten Roboter, bewege meinen Oberkörper
mechanisch. Silvia kommt näher, tanzt mich regelrecht an.
Verdammt, ich muss hier raus!
Ein verstohlener Blick auf meine
Uhr. Schon acht. Nur noch eine knappe Stunde! Jetzt bilden die anderen auch
noch einen Kreis um uns, feuern mich an, klatschen im Takt. Da kommt mir eine
Idee! Mal sehen, ob das, was im Film klappt, der Wirklichkeit standhält. Can’t
buy me love ist zwar noch nicht gedreht, aber das erhöht nur den Originalitätsfaktor.
Zeit für das afrikanische
Ameisenbärritual.
„Bitte, was?“, stutzt Braun.
„Ach, Doc“, seufzt Nori mit
gespielter Entrüstung. „Das afrikanische
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