Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)
Timm den Rauch ins Gesicht.
„Wer hat dich denn eingeladen?“
Die Nasenspitzen der beiden
berühren sich fast. Timm verzieht keine Miene, grinst weiter überheblich.
„Jemand hat mir den Tipp gegeben,
dass ihr hier euren Kindergeburtstag feiert. Ich suche Nori. Habe ein Geschenk
für ihn.“
Ich stehe irgendwo in der Mitte der
Tanzfläche. Und weil ich nicht besonders groß bin, hat Timm mich noch nicht
gesehen. Bettina nimmt meine Hand. Auch ihre ist schweißnass. Klaus und Thomas stellen
sich vor uns wie Leibwächter. Das rührt mich.
Jörg legt den Kopf schräg wie eine
Puppe und grinst gekünzelt:
„Ich kenne keinen Nori. Die
Schwuchteln treffen sich übrigens nicht hier. Die sind in der Turnhalle, um
zusammen zu duschen. Sich schön gegenseitig einseifen.“
Er fährt sich mit der Hand über den
Bauch, schiebt sein T-Shirt rauf, verdreht die Augen und stöhnt dabei
genüsslich. Timm streckt den Arm und hält einen seiner Jungs davon ab, sich auf
ihn zu stürzen.
Hier bricht jeden Moment die
Hölle los .
„Wenn du einfach verschwindest,
passiert dir nichts“, verkündet Timm kühl.
Dann hebt er die Stimme.
„Das gilt für euch alle. Ich will
nur Nori.“
„Du meinst echt, du kannst hier aufkreuzen,
und einen von uns verprügeln? Und die anderen gucken zu?“
Es ist Martin, der das sagt. Er
stellt sich neben Jörg und lacht. „Bist du bescheuert?“
Josch und ich, wir haben meine
Freunde unterschätzt.
Sie sind Giganten!
Heiner taucht hinter der Theke auf.
Er hat seine Schlacht heute schon geschlagen. Mit dem Bierkasten. Sein verzerrter
Gesichtsausdruck verrät, was wir alle geahnt haben: Er hat verloren. Taumelnden
Schrittes kommt er näher, hält sich mühsam auf den Beinen und schaut den größeren
Jungs verkniffen in die Gesichter, als versuche er, sich an etwas Wichtiges zu
erinnern. Würde nicht die akute Androhung von Gewalt in der Luft liegen, es
wäre unglaublich komisch. So ist es das leider nicht, und ich muss mir was
einfallen lassen. Timms Auftauchen ist planmäßig. Josch hat ihm gesteckt, das
er mich hier findet. Aber eine Saalschlacht hatten wir nicht auf dem Zettel.
Ich überlege, ob sich in die Planänderung Fresse polieren sinnvoll
integrieren lässt, komme aber zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. Einer von
Timms Schergen schubst Heiner unvermittelt zu Boden.
„Hey!“, brüllt Jörg.
Martin springt vor, drückt den
Täter gegen die Wand. Plötzlich scheint ein Ruck durch die Partygemeinde zu
gehen. Sogar die braven Mädchen, selbst Stephan – alle plustern ihr Gefieder
auf, stellen die Kämme hoch, fahren die Krallen aus und verengen ihre Augen zu
lauernden Schlitzen. Für mich! Das entfacht ein gewaltiges Feuer in
meinem Herzen. Ich liebe jeden Einzelnen hier! Ich würde mein Leben für sie geben!
Aber ich brauche Timm. Zeit, mit
meiner Faust den Einschaltknopf zu drücken, der sich zu meinem größten Bedauern
mitten in seinem Gesicht befindet. Kann man nichts machen. Aber halt! Dieses
Mädchen an meiner Seite geht heute nicht ungeküsst nach Hause. Und im Angesicht
der Gefahr und dem Schutz meiner Freunde fasse ich Bettina an den Schultern,
drehe sie sanft zu mir, und küsse sie lang und fest. Wir blicken uns tief in
die Augen, sprachlos, und dann drängle ich mich zwischen Klaus und Thomas
hindurch – bereit, den Heldentod zu sterben. Timm sieht mich kommen und grinst.
Ich weiß, wie das geht. Wir bauen uns jetzt voreinander auf, klopfen Sprüche
und beleidigen die Mutter des anderen auf die ekelhafteste Art und Weise.
Schaukeln uns weiter rauf, bis das Schupsen beginnt. Die Hemmschwelle, den
anderen zu berühren, wird langsam heruntergefahren. Für all das fehlt mir heute
aber die Zeit. Auch die Lust.
„Nori“, sagt Timm mit gespielter
Freude.
Ich ramme ihm meine Faust voll in
die Fresse.
„Diesmal wirklich?“, fragt Braun,
rümpft die Nase.
„Diesmal wirklich!“, sagt Nori.
„Tschuldigung.“
Und bevor seine Handlanger wissen,
was abgeht, instruiere ich meine Kumpel:
„Timm gehört mir!“
Ich sehe so was wie Blutrausch in
Jörgs Augen glitzern.
„Attacke!", brüllt er wie von
Sinnen. Und dann entbrennt die Schlacht.
Timm hat sich von dem Schreck
erholt. Er hebt den Kopf, hält seine Nase. Ich grinse, während um mich herum
der Wahnsinn ausbricht. Wir sind zwar klein, aber wir sind viele. Timm wirkt
überrascht. So einen Aufstand der Fruchtzwerge hat er nicht erwartet. Seine
Jungs haben alle Hände voll zu tun. Mittendrin stehen
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