Makers
ein Amateurfunkgerätoder einen Stereoverstärker nicht heran. Chemiekästen enthielten richtige Chemikalien (nicht wie heute, wo kaum mehr als Backnatron und jede Menge Warnhinweise drin sind), und man konnte viel Spaß damit haben. Jeder, der ein cooles oder anfälliges Auto besaß, verbrachte seine Wochenenden mit einem Schraubenschlüssel unter der Motorhaube und tunte es oder bastelte sonst irgendwie an der Mechanik herum. Viele Jugendliche nahmen Dinge auseinander, »um zu sehen, wie sie funktionieren«. Sie fanden dabei viele Einsatzmöglichkeiten für die Einzelteile, und so entstanden zahllose fantastische Maschinen, von denen einige sogar funktionierten.
Aber in den 1980er- und 1990er-Jahren verlor die Herstellung von Dingen mit den eigenen Händen immer mehr an Romantik. Die Arbeitsplätze in der Herstellung garantierten den sozialen Aufstieg oder den Verbleib in der Mittelschicht nicht mehr, und der Werkunterricht war auch nicht länger eine sinnvolle Berufsvorbereitung, denn immer weniger Menschen arbeiteten in der Produktion. Die Schulwerkstatt wurde durch Tastaturen und Bildschirme ersetzt. PCs wurden angeschafft, die in allen guten Jobs benutzt wurden. Ziel des Schullehrplans war es jetzt, die Kinder zu »Symbolic Analysts« auszubilden, so der Name der Sozialwissenschaftler für Angestellte in der Informationsindustrie. EDV-Kurse ersetzten den Werkunterricht. Kürzungen in den Schuletats besiegelten in den 1990ern das Ende des Werkunterrichts. Als die letzten Werklehrer der Generation in Rente gingen, wurden sie einfach nicht ersetzt, die Werkzeuge wurden verkauft oder eingelagert.
Importierte Elektronik aus Asien war bald besser und billiger als die Heathkit-Produkte, und als Mikrochips und integrierte Schaltkreise die einzelnen elektronischen Bauteile, Widerstände, Transistoren und Kondensatoren, ersetzten, nutzte ein Lötkolben nicht mehr viel. Elektronische Geräte wurden zu Wegwerfartikeln, die »keine vom Benutzer zu wartenden Teile« mehr enthielten, wie es in den Warnhinweisen hieß. Ab 1992 stellte Heathkit keine Baukästen mehr her. 19
Bei den Autos wurden Vergaser und Verteilerkappen, an denen man herumschrauben konnte, durch Einspritzanlagen und elektronische Zündungen ersetzt, bei denen das nicht mehr ging. Chips ersetzten die mechanischen Teile. Die neuen Autos waren nichtmehr so aufwendig in der Wartung, und unter der Motorhaube gab es nicht mehr viel, das man hätte reparieren oder anders einstellen können, wenn man es gewollt hätte. Man konnte gerade noch Öl und Ölfilter auswechseln. Die beweglichen Teile waren hermetisch verschlossen und unzugänglich, ein Preis, den wir für mehr Zuverlässigkeit und weniger Wartungsaufwand gerne bezahlten.
Während der Werkunterricht den Kürzungen der Schuletats zum Opfer fiel, setzten bessere Arbeitschancen für Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter dem Hauswirtschaftsunterricht ein Ende. Die Kinder wuchsen mit Computern und Videospielen auf statt mit Schraubenschlüsseln und Bandsägen. Die klügsten Köpfe einer ganzen Generation wurden von Software und den unendlichen Welten verführt, die online ihrer Erschaffung harrten. Sie schufen das digitale Zeitalter, in dem wir alle heute leben.
Die Welt vollzog damit den Übergang von den Atomen zu den Bits. Diese Entwicklung dauert bereits 30 Jahre lang an, eine ganze Generation, und dagegen ist nichts einzuwenden.
Aber jetzt, 30 Jahre nachdem der Werkunterricht aus den Lehrplänen gestrichen und der Großteil des Sekundärsektors ins ferne Ausland verlagert wurde, gibt es wieder gute Gründe, sich die Hände dreckig zu machen. Desktop-Fertigungsmaschinen kommen langsam im Mainstream an, und es wird Zeit, die »Herstellung von Dingen« wieder auf den Lehrplan der Schulen zurückzubringen, nicht in Form des früheren Werkunterrichts, sondern als Unterricht in Design .
In Computerkursen lernen Schüler heute den Umgang mit PowerPoint und Excel, und im Kunstunterricht lernen sie immer noch, wie man zeichnet und Kunstwerke mit den Händen formt. Ein Designkurs wäre hier eine bessere, dritte Alternative. In diesem Kurs würden Schüler den Umgang mit kostenlosen 3-D-CAD-Tools lernen, wie SketchUp oder Autodesk 123D. Manche würden Gebäude oder fantastische Strukturen entwerfen, wie sie es jetzt schon in den Schulheften machen. Andere würden raffinierte Levels für Videospiele entwickeln mit Landschaften und Fahrzeugen. Und wieder andere würden Maschinen erfinden.
Noch besser
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