Mala Vita
überragt.«
Fessoni lächelte. »Nur von weitem, ich kenne ihn nicht persönlich.«
»Ich werde Sie ihm vorstellen. Er hat vor Jahren ganz in der Nähe meines Sommersitzes ein Anwesen gekauft. Wir alle lieben die Cayman Islands und das Klima, auch wenn man den einen oder anderen Hurrikan ertragen muss. Übrigens, der Verteidigungsminister wird im Oktober mit seiner Gattin den Urlaub bei uns verbringen. Sie wären also in bester Gesellschaft.«
Colonnello Fessoni blieb die Luft weg. Mit einer solchen Entwicklung hätte er nie und nimmer gerechnet. Seine ungläubige Verwunderung schlug allmählich in grenzenlosen Stolz um. Scheinbar hatte nicht nur ein Vizeminister, sondern auch Don Romano Grasso einen Narren an ihm gefressen. Insgeheim gratulierte er sich zu seiner sozialen Kompetenz, die es ihm ermöglichte, auch mit Männern wie dem Signor Grasso umgehen zu können. Wie aber würden es seine Kollegen aufnehmen, wenn er nicht nur Grassos Gastfreundschaft auf einer Luxusjacht in Anspruch nahm, sondern ihm auch in den Urlaub auf die Caymans folgte? Dass sein eindrucksvoller Gastgeber eine schillernde Figur war, das war ihm bekannt, aber angesichts der Gäste auf dem Schiff, deren Integrität nicht in Zweifel gezogen werden konnte und die zu den honorigen Bürgern des Landes zählten, schien ihm eine Besorgnis übertrieben. Wenn selbst der Vice Ministro della Finanza mit Grasso freundschaftlich verkehrte, konnte er getrost seine Bedenken zurückstellen.
»Was sagen Sie dazu? Darf ich mit Ihnen rechnen, lieber Freund?« Grasso verfolgte mit hintergründigem Lächeln Colonnello Fessonis inneren Kampf um Haltung. Wie es schien, hatte er ihn richtig eingeschätzt. Er wusste nur zu gut, es gab keinen Makel, den man mit Großzügigkeit nicht verstecken konnte. Er hielt sich stets an seine Maxime: Wer Geschenke annimmt, verliert die Freiheit. Angesichts des Geltungsdrangs seines Gegenübers führte keine Verhaltensweise schneller zum Ziel als scheinbar uneigennützige Freundschaftsdienste.
»Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, Romano«, stotterte Fessoni. »Wenn ich das meiner Frau erzähle … Sie hat sich schon immer eine Reise in die Karibik gewünscht.«
»Dann überraschen Sie ihre Gattin! Sie wissen doch, wie Frauen sind. Sie wollen auf ihre Männer stolz sein. Und wenn Sie es richtig anpacken, mein Lieber, wer weiß, dann werden Sie bald einer unserer geschätzten Nachbarn.« Grassos Ton hatte sich verändert. Er hatte den freundlichen Klang verloren. Der Don hatte nicht gebeten, er hatte befohlen. Kategorisch. Mit imperativer Endgültigkeit.
Fessoni saß wie hypnotisiert im Sessel und hörte Grasso zu.
»Es war schön, mit Ihnen zu plaudern, Gianni«, meinte Grasso plötzlich wieder mit der sanften Freundlichkeit eines schnurrenden Katers. Er erhob sich, legte seine Zigarre im Aschenbecher ab und leerte den Rest seines Glases. »Gut, dass Sie sich dazu entschlossen haben. Enttäuschen Sie mich nicht!« Er reichte Fessoni seine Visitenkarte. »Rufen Sie mich an!« Er lächelte ermunternd. »Ach …, eh ich es vergesse. Vermutlich brauche ich es nicht zu betonen, Sie sind ein kluger Mann. Aber erlauben sie mir die Bemerkung trotzdem: An Ihrer Stelle würde ich gegenüber Freunden oder Kollegen Stillschweigen über unser kleines Arrangement bewahren. Neid macht so vieles ungenießbar, sogar einen Urlaub.«
»Wie recht Sie haben!« Fessoni lachte und ergriff Grassos Hand.
»Noch etwas …« Grasso machte eine kleine Pause und legte vertraulich seine Hand auf Fessonis Schulter. »Sagt Ihnen der Name d’Aventura etwas?«
Fessoni verzog das Gesicht. »Er leitet den Sondereinsatz Cardone.«
»Achten Sie auf ihn! Er kann Ihnen verdammt gefährlich werden. Ich möchte nicht, dass meine Bemühungen, sie aus dem Schlamassel zu ziehen, umsonst gewesen sind.«
Der Colonnello blickte Don Grasso verdattert an. »Weiß er etwas über die Sache Monti?«
»Man hat die Leiche gefunden. Wie lange braucht er, bis er herausgefunden hat, dass es keinen Monti gab? Wie viele Tage vergehen, bis er weiß, für wen der Mann ohne Namen gearbeitet hat? Für meinen Geschmack ist Comandante d’Aventura ein wenig zu clever. Kümmern Sie sich um ihn!«
Fessoni verfiel in nachdenkliches Grübeln, während Grasso ihn mit zufriedenem Lächeln beobachtete. Der Don ließ ihm eine Minute Zeit, bis er die Stille unterbrach.
»Und nun sollten wir uns wieder den anderen Gästen widmen. Lassen Sie uns nach unten
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