Mala Vita
welchen Sinn sollte es für Grasso machen, die beiden Bluthunde nach Vanuatu abzukommandieren? Weder kommen sie dort an das Geld heran, noch erhalten sie Auskünfte von den Banken.«
»Das macht durchaus Sinn«, wandte Bandini ein, »nämlich dann, wenn die beiden Mafiosi mit Vollmachten ausgestattet wurden. Ich halte es für möglich, dass sie erfahren, wo das Geld jetzt ist.«
»Aber wie es aussieht, wird Lorano unserem Romano Grasso den Knochen vorher wegschnappen. Wie dem auch sei, das Konto hat keine Priorität. Wir hätten auch keine strafrechtlichen Möglichkeiten, Roberto Cardone an den Wagen zu fahren, sollte er das Konto dort belassen, wo es ist. Unser Ziel ist anders definiert. Darüber sind wir uns hier am Tisch einig. Wir wollen den unwiderlegbaren Beweis für die Korruption, die Geldwäscherei und den Subventionsbetrug einiger amtierender Politiker, um unseren zukünftigen Ministerpräsidenten in eine starke Position zu bringen und seinen Wahlerfolg zu gewährleisten.«
Oberst Pallardo deutete mit einer Handbewegung an, dass er eine Pause wünschte. »Wenn die Signori sich erfrischen möchten …« Er deutete auf das Büfett und wandte sich an Rendolo. »Legen Sie gemeinsam mit den Teilnehmern die weiteren Schritte fest. Wir dürfen auf keinen Fall die Kontrolle über die Entwicklung verlieren. Ich treffe in einer Stunde den Innenminister. Er wünscht, auf den neuesten Stand gebracht zu werden.«
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Sir Edwin Ghallager
R oberto Cardones Nerven waren angespannt. In weniger als drei Stunden würde er Sir Edwin Ghallager im »Admiral’s Inn« am Nelson Dockyard zum Lunch treffen, und endlich würde er mehr über seinen Bruder erfahren. Danach, so hatte ihm Sir Ghallager am Telefon vorgeschlagen, würden sie gemeinsam zur Bank fahren. Die beiläufige Bemerkung Sir Ghallagers, es sei nicht nötig, die Koffer im Hotel auszupacken, weil Roberto viel besser in dem nun ihm gehörenden Anwesen wohnen könne, versetzte diesen in Aufregung, obwohl ihm Sir Ghallager bereits per Mail mitgeteilt hatte, nach Erledigung der Formalitäten, stünde einer ersten Besichtigung nichts mehr im Wege.
Rosanna hatte er diese Neuigkeit beim Frühstück verschwiegen. Erst wollte er sich selbst davon überzeugen, was es mit dem sogenannten Anwesen auf sich hatte. Aber nicht nur deshalb.
Er fand Rosanna an diesem sonnigen Morgen auf der Terrasse der Suite, auf der ihnen ein opulentes Frühstück serviert wurde, verändert: verschlossen, einsilbig und auf eine seltsame Art zurückhaltend. Sie wollte sich, während er unterwegs war, im Wellnessbereich des Hotels verwöhnen lassen, was sich gut traf, denn ihm war daran gelegen, alleine mit Sir Ghallager zu sprechen.
Er hatte sich entschlossen, seine Nervosität zu vertreiben, indem er mit einem der offenen Taxis vom Hotel aus eine kurze Sightseeingtour unternahm. Nach der Rundfahrt wollte er sich zum Nelson Dockyard bringen lassen.
Der Ausflug führte ihn über die kleinen Dörfer Bolans, Ebenezer und All Saints ins Hinterland der Insel. Auf abenteuerlichen Straßen passierten sie romantische Buchten in unberührter Natur. Seine Vorstellung von der Schönheit der Insel, die er sich vor seiner Abreise gemacht hatte, wurde hinter jedem Hügel, nach jeder Straßenbiegung und an jedem Aussichtspunkt neu übertroffen. Orangen und Zitronen wetteiferten mit leuchtenden Hibisken, Bougainvilleen und Jacarandabäumen. Die unbefestigte Straße wand sich durch eine üppig wuchernde Tropenwelt, die er wie im Kokarausch wahrnahm. Sie kamen durch Ansiedlungen einheimischer Bauern, deren grellbunte Holzbaracken entlang der Straße am Fuße überwucherter Hänge standen. An Wäscheleinen flatterten bunte Kleider neben Tischdecken, karierten Handtüchern und Bettwäsche, die wie Farbtupfer zwischen Palmen und riesigen Mangobäumen hervorleuchteten. Beißender Rauch stieg aus den Feuerstellen kreolischer Fischküchen und überlagerte den Dunst schwelender Abfälle. Unvermittelt zog vor Cardones Augen eine Welt fremdartiger Lebensweisen vorbei. Er lehnte sich aus dem Fenster und sah in lachende, freundliche Gesichter, die unverhohlene Neugierde zeigten. Mehr und mehr fiel die innere Anspannung von ihm ab, bis sie sich dem Hafen von Saint John’s näherten, wo er den Fahrer an den Docks anhalten ließ.
Hier sah er die Luxusjachten, die am Pier des Nobelhafens vor Anker lagen und auf den märchenhaften Reichtum der Besitzer schließen ließen. Sein Blick wanderte weiter zur ehemaligen
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