Mala Vita
phantastische Eroberung gemacht hat, fliegt mit ihm in die Karibik, wo er sich bei passender Gelegenheit von ihr umbringen lässt. Doch vorher erschießt sie ihre Kumpane, weil sie nicht teilen will. Ist es nicht so? Warum lebe ich eigentlich noch …?«
Rosanna lachte ihr unbeschwertes helles Lachen, das er so geliebt hatte. »Du bist ein liebenswerter Spinner!« Sie schüttelte belustigt ihren Kopf. Eine Strähne flog ihr dabei ins Gesicht, die sie auf ihre typische Art aus der Stirn strich. »Wenn die Situation nicht so verdammt ernst wäre, würde ich dich glatt umarmen.«
»Du mich? Untersteh dich, mich anzufassen!« Er trat einen Schritt zurück. »Ich kapier nicht, wie du es fertigbringst, die Lockere, die Unbeschwerte zu spielen.«
Sie blickte ihm prüfend in die Augen. »Gib mir endlich die Papiere!« Ihre Miene war unvermittelt ernst geworden und ihr Blick erbarmungslos. »Ich bitte dich nicht noch einmal.«
Mit unvermittelter Heftigkeit stellte er den Aktenkoffer vor ihre Füße. »Dein Liebhaber, dieser Romano Grasso, wird sehnsüchtig darauf warten, nicht wahr? Hat es dich große Überwindung gekostet, mich die ganze verdammte Zeit zu ertragen?«
Rosanna achtete nicht auf seine Worte. Ohne ihn nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen, öffnete sie den Koffer, nahm das Bündel Papiere heraus und blätterte flüchtig in den Seiten. »Das sind Kopien«, stellte sie fest. »Wo ist das Original?«
Cardone lachte auf, ein Lachen, aus dem seine Wut deutlich herauszuhören war. Während er sich bemühte, die Situation einzuschätzen, suchte er hektisch nach einem Ausweg. Gleichzeitig machte ihn die Erkenntnis rasend, sich wie ein verliebter Gockel verhalten zu haben. Rosanna würde ihn genauso umbringen wie die beiden Männer, die regungslos in den Sesseln lagen. Nein, sie hatte keine Skrupel, sie würde es tun … Er musste Zeit gewinnen. »Ich frage mich, weshalb du dich nicht für mein Geld interessierst?«
»Tss!« Rosannas Gesicht spiegelte Mitleid. »Wie viel ist es denn?«, fragte sie voller Ironie. »Dreihundert? Oder sind es vielleicht vierhundert Millionen?«
Er zwang sich ein krampfhaftes Lächeln ab. »Warum fragst du, wenn du es weißt?«
»Nur so«, fuhr sie fort. »Mach damit, was du willst! Ich bin lediglich an den Originalaufzeichnungen deines Bruders interessiert. Also, wo sind sie?«
Nun war es an ihm, überrascht zu sein. Weshalb interessierten sie die Millionen nicht? Er versuchte, sich wieder zu fangen. »Das Original ist eine Kladde, und sie ist unterwegs nach Rom zu Generalstaatsanwalt Dottore Santapola. Mit einem ausführlichen Begleitschreiben.«
Rosanna schien beeindruckt zu sein.
»Blöd, nicht wahr? Mich umzubringen lohnt sich nicht mehr. Und das Geld, wem immer es auch gehört, habe ich an die Kasse des Justizministeriums in Rom überwiesen. Dein Freund Grasso kann es dort abholen, wenn er will.«
»Ist das wahr?«
»Im Gegensatz zu dir lüge ich nicht. Sicherheitshalber habe ich meinem Freund Carlo eine Mail geschickt. Er ist über alle Vorgänge bestens informiert. Du kannst es drehen und wenden wie du willst, man wird dich finden. Mit oder ohne Geld.«
»Du lügst mich wirklich nicht an?«, fragte Rosanna völlig konsterniert.
»Weshalb sollte ich? Lügen ist deine Disziplin! Lügen, betrügen, morden …« Er fasste sich an den Kopf. »Wenn ich mir vorstelle, dass ich mich in eine Mörderin verliebt habe! Ich muss von allen guten Geistern verlassen gewesen sein.«
»Pack deine Sachen, wir müssen von hier verschwinden!«
Cardone starrte sie an, als sei sie eine Erscheinung. »Mit dir zusammen setze ich keinen Fuß vor die Tür. Wenn du mich erschießen willst, dann erledige es hier! Oder wäre dir ein romantischer Ort lieber? Vielleicht am Strand unter einer Palme. Das würde sich sicher gut machen!«
»Lass deinen Sarkasmus!«, unterbrach sie seinen Redeschwall. »Dafür haben wir absolut keine Zeit. Ich arbeite für die italienische Regierung. Dein Leben wäre keinen Cent wert gewesen, wenn ich nicht andauernd auf dich aufgepasst hätte. Du hast keinen blassen Schimmer, mit wem du es hier zu tun hast! Seit mehr als vier Jahren bin ich hinter dem gefährlichsten und korruptesten Paten Italiens her. Dein Pech war, dass du einen Bruder hattest, der dich, ohne es vermutlich zu wollen, in den Sumpf mit hineingezogen hat.«
Cardone tippte mit dem Finger ungläubig an die Stirn. »Spiel dich nicht auch noch als Märchentante auf! Mir ist sehr wohl bewusst, wer du
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