Mala Vita
Beweis will ich finden.«
»Wie willst du das anstellen?« In Venaros Stimme lag Hoffnungslosigkeit.
D’Aventura steckte sich erneut eine Zigarette an und schob die Packung hinüber zu seinem Assistenten. »Schau dir die Puzzleteile genau an! Grasso ist erwiesenermaßen ein Waffenschieber. Massimo hat Kontakte zu den Ministerien Rüstung, und Finanzen und Santorini ist der größte Drogenpate in Europa.«
»Bekannt, aber nicht bewiesen, Livio!«, erwiderte Venaro schnoddrig. »Das hat uns schon Minetti unter die Nase gerieben.«
»Ja, ja! Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«, brummte der Comandante. »Wirf einen Blick auf die Struktur der Rüstungsindustrie in Italien. Während in Großbritannien und Deutschland eine streng privatwirtschaftlich ausgerichtete Rüstungspolitik entwickelt wurde, hält der Staat in Frankreich, Italien und Spanien Anteile an bestimmten Rüstungsfirmen.«
»Woher weißt du das?«, fragte Venaro überrascht.
»Das kannst du überall nachlesen. Italien hält erhebliche Beteiligungen an Firmen mit hochentwickelten Waffentechnologien. Somit hatte der Verteidigungsminister nicht nur ein vitales Interesse daran, dass die Gruppo Agosto das Desaster überlebte, zumal dort Milliarden für Forschung und Entwicklung hineingepumpt wurden. Wenn ein solcher Laden in Schwierigkeiten gerät, hat auch das Verteidigungsministerium ein Problem. Dennoch kam Agosto finanziell ins Trudeln und geriet aufgrund gewaltiger Umsatzeinbrüche in schwere Schieflage. Agosto machte Hunderte von Millionen Euro Verluste.«
»So weit, so gut«, erwiderte Venaro und drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus. »Notfalls wird doch so etwas über das Verteidigungsbudget wieder hingebogen. Da werde ich als Steuerzahler nicht gefragt.«
»Das ist es doch! Das Rüstungsbudget wurde nicht erhöht, und trotzdem erstrahlte Agosto ein Jahr später in neuem Glanz. Die Manager legten eine Bilanz vor, die jedes Bankerherz höher schlagen ließ. Grasso war der große Retter im Hintergrund und Cardone dessen Finanzfuzzi.«
»Dann müssen Senna und Pantrini in die Geschäfte eingeweiht sein. Wenn wir irgendetwas nachweisen wollen«, schlussfolgerte Venaro entschlossen, »dann nur, wenn wir uns an Cardones Partner halten. Sie sind die Einzigen, die uns den Beweis liefern können.«
»Genau«, antwortete d’Aventura. »Und exakt das werde ich tun. Es ist geradezu unglaublich, auf was man so alles stößt, wenn man sich über Cardone kundig machen will. Wieso kann sich ein Rechtsanwalt mit einer popeligen Kanzlei in einem nichtssagenden Bergdorf eine millionenschwere Villa in der Karibik leisten? Weshalb steht in unseren Unterlagen nichts darüber, welche persönlichen Kontakte er in Palermo pflegte, obwohl er ständig hin und her pendelte? Für einen Geheimdienst wie SISDE ein paar unbeantwortete Fragen zu viel. Findest du nicht?«
»Das Gleiche meine ich auch«, antwortete Venaro. »Glaubst du wirklich, dass SISDE uns wesentliche Informationen vorenthalten hat?«
»Sind dir die Lücken in den Berichten nicht aufgefallen?«
»Natürlich! Aber es fällt mir schwer zu glauben, dass sie ganze Passagen aussparen, obwohl sie verpflichtet sind, ihre vollständigen Erkenntnisse mitzuteilen.«
D’Aventura lachte freudlos auf. »In diesem Verein kochen sie ihr eigenes Süppchen. Die sagen uns nur, was sie unbedingt sagen müssen.«
»Vielleicht bringt uns Cardones Ehefrau ein Stück weiter.«
Der Comandante blickte seinen Assistenten erstaunt an. »Wenn ich das richtig sehe, hast du den neuesten Bericht der SISDE noch nicht gelesen.«
»Noch nicht eingehend. Er liegt uns erst seit knapp zwei Tagen vor«, verteidigte sich Venaro ungehalten. »Hast du einen blassen Schimmer, was sich auf meinem Schreibtisch stapelt? Du bist nicht der Einzige, der hier arbeitet. Du solltest einen großen Bogen um mein Büro machen, wenn du nicht Gefahr laufen willst, dass dich meine Leute meucheln.«
»Scusi«,
grummelte d’Aventura versöhnlich. »Aber zurück zu Cardone! Er hatte eine Ehefrau, machte aber keinen Gebrauch von ihr«, fuhr er zynisch fort. »Sie hat sich vor einem halben Jahr erhängt. Also können wir sie nicht mehr befragen.« Er blätterte in seinen Akten und schien etwas zu suchen. »Hast du noch etwas über Cardone herausfinden können? Ich hatte bisher keinen Nerv, mich mit deinen Unterlagen zu beschäftigen.«
Venaro kratzte sich im Nacken. »In Premeno aufgewachsen und zur Schule gegangen. Die
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hat er in
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