Mala Vita
kaum größer als zwei Zigarettenschachteln. Er beugte sich darüber. Eindeutig eine Kamera, genauer gesagt, eine Spezialkamera mit versenkbarem Objektiv und raffiniert eingepasstem Display. Es war keinesfalls ein gängiges Modell, wie man es im Laden kaufen konnte. Er zog seine Stirn kraus. Wo hatte er eine solche Kamera schon einmal gesehen?
Er richtete sich auf und trat zurück, da spürte er einen Luftzug. In diesem Moment explodierte ein greller Blitz in seinem Schädel, der seine Hirnschale zu zerreißen schien. Den Aufprall auf dem Betonestrich spürte er nicht mehr.
Grelles Licht strahlte direkt in seine Augen. »Aufwachen! Hören Sie mich, Signore? Sagen Sie ihren Namen!«
Er öffnete die Augen. Schemenhaft sah er einem Mann im weißen Kittel, der sich über ihn beugte.
»Livio d’Aventura«, antwortete er mühsam.
»Welchen Wochentag haben wir?«
»Freitag? Ich glaube Freitag …«
»Gut …! Haben Sie Schmerzen?«
Idiot, dachte d’Aventura, drehte vorsichtig den Kopf zur Seite und versuchte zu erkennen, was um ihn herum vorging. Undeutlich erkannte er Venaro, der mit einer Leidensmiene direkt neben ihm stand. Ein brutaler Schmerz schoss ihm in den Kopf, und er zuckte hoch. Doch sein Assistent drückte ihn mit sanfter Gewalt zurück. »Bleib liegen! Ganz ruhig, Livio!«
D’Aventura schloss die Augen wieder. Er hatte das Gefühl, als würde jemand mit einem Vorschlaghammer auf seinen Schädel einschlagen. Irgendetwas an seinem Hinterkopf brannte wie Feuer. Eine Hand fuhr in seinem Gesicht herum und zog ihm die Augenlider hoch. »Haben Sie außer im Kopf weitere Schmerzen?«, hörte er den Mann fragen, der ihm mit einer kleinen Taschenlampe in die Pupillen leuchtete.
»Nur im Kopf«, presste er stöhnend über die Lippen und wollte die Hand wegschieben. Doch sein Arm war schwer wie Blei.
»Können Sie die Finger bewegen?«, fragte der Mann weiter. »Machen Sie eine Faust!«
D’Aventura schloss die Finger zur Faust. »Wo …, wo bin ich?«
»Sie sind im Krankenhaus, Comandante. Hören Sie mich? Im Krankenhaus«, sagte eine Frau.
D’Aventura wollte etwas antworten, brachte aber nicht mehr als ein schwaches Nicken zustande. Der hämmernde Schmerz war kaum zu ertragen, und er glaubte, dass sein Schädel jeden Moment zerspringen würde. Allmählich nahm er seine Umgebung klarer wahr. Verwundert stellte er fest, dass er auf einer Bahre lag. Es roch süßlich, nach Jod oder Chloroform, dachte er. Venaros grinsendes Gesicht erschien über ihm.
»Du bist ein Irrer, Chef! Sag nichts.« Er fühlte die Hand seines Assistenten an seiner Schulter. Er wollte sich aufsetzen, um besser zu sehen, doch Venaro drückte ihn wieder in seine liegende Position zurück. »Du sollst dich nicht bewegen!«, hörte er ihn sagen. »Sie flicken dich jetzt wieder zusammen. Du hast eine Platzwunde am Kopf.«
Eine Schwester schob die Rollbahre in einen Lift. Dumpf und abwesend registrierte er den Geruch von scharfem, süßlichem Desinfektionsmittel. Dann legte sich um ihn ein Schleier, den er weder durchdringen konnte noch wollte.
Dass er in die Röntgenabteilung gebracht wurde, registrierte er nur am Rande. Und auch später, als man ihn in den OP verfrachtet hatte, spürte er kaum, dass man ihm etwas auf die Nase stülpte. Kurz darauf schwanden ihm vollständig die Sinne. Er hörte auch nicht, dass der Arzt sagte, ihm sei noch nie in seiner Praxis ein solch harter Schädel vorgekommen.
Als d’Aventura am nächsten Morgen mit brummendem Schädel und einer Beule, so groß wie eine saftige Pflaume, sein Frühstück im Krankenzimmer einnahm, vernahm er ein Klopfen an der Tür. Venaro streckte seinen Kopf durch den Spalt. »Wie ich sehe, schmeckt es dir wieder?« Er trat ein, schloss hinter sich die Tür und schob einen Stuhl ans Bett. Mit einem fröhlichen Grinsen musterte er seinen Chef. »
Madonna
, bin ich froh, dass dir nicht mehr passiert ist! Ich hab’s dir schon gestern gesagt, Livio, du bist ein Irrer. Aber das hast du nicht mitbekommen. Du warst nicht ansprechbar.« Venaro drückte d’Aventuras Hand mit einer Herzlichkeit, dass dieser das Gesicht vor Schmerz verzog. »Du siehst wieder ganz munter aus. Die hübschen Schwestern scheinen dir gutzutun!«
»Du hast keine Ahnung! Krankenschwestern sind Wesen, die es mit ihrer penetranten Durchführung des Organisationsplanes schaffen, dass sich die Patienten nach der Entlassung erst richtig bettlägerig fühlen«, brummelte d’Aventura missmutig. »Schön, dass
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