Mala Vita
allem Respekt, Livio. Das ist dumm! Schließlich kannst du zu Protokoll geben, was du gesehen hast. Ein Killer erschießt erst Monti, lauert dir auf, schlägt dich nieder und schafft dann das ganze Zeug vier Etagen durchs Treppenhaus mit dem Risiko, gesehen zu werden …«
»Vielleicht war er der Meinung, ich sei tot«, wandte d’Aventura ein.
»Hast du jemals einen so dämlichen Mafioso getroffen, der nicht weiß, ob jemand noch am Leben ist oder nicht? Ich nicht. Du sagst, dass du vielleicht den Mörder gesehen hast?«
»Ich habe zwei Personen im Treppenhaus flüchten sehen.«
»Zwei? Kannst du sie beschreiben?«
»Quatsch! Es war stockdunkel. Ich habe nur Schatten gesehen, die wie verrückt die Stufen hinunterrannten. Ich kann nicht sagen, ob die Gestalten, die durchs Treppenhaus flitzten, die Mörder waren. Wäre es so, müsste mindestens einer von ihnen zurückgekommen sein, während ich mich in der Wohnung aufhielt.«
»Auch das kann ich kaum glauben, Livio. Wärst du dem Killer in die Quere gekommen, hätte er dich erschossen. Punkt. Aus.
Finito!
Du kannst ausschließen, dass er versehentlich zu wenig Munition dabei hatte. Viel wahrscheinlicher ist, dass der Mord, die verschwundene Kamera und die beiseitegeschaffte Computeranlage zusammen eine Aktion von höchster Wichtigkeit darstellen. Jemand hat dich beobachtet, als du in die Wohnung eingedrungen bist, und dieser Jemand musste dich außer Gefecht setzen; du hast gestört. Er hat dir eins übers Hirn gebraten, um in Ruhe die Bude zu säubern.«
»Hast du an die Möglichkeit gedacht, dass Kamera und Computer noch irgendwo im Haus sind? Ich meine, die Zeit war verdammt knapp. Was hältst du von dieser Idee?«
»Nichts. Allmählich beschleicht mich ein fürchterlicher Gedanke, Livio. Ich traue mich kaum, laut auszusprechen, was ich denke.«
»Sag schon! Heraus damit.«
»Könntest du dir vorstellen, dass dieser Monti nicht von einem Mafiakiller, sondern von einem Agenten der SISMI erschossen wurde?«
Betretenes Schweigen machte sich im Krankenzimmer breit. D’Aventura verzog das Gesicht, als habe er Rattengift gefrühstückt. »Wenn du recht hast, dann haben wir ein ernstes Problem.«
Venaro starrte aus dem Fenster. Plötzlich begann er leise zu sprechen, als rede er mit sich selbst: »An der Cardone-Monti-Film-Geschichte stimmt von vorne bis hinten gar nichts. Unwahrscheinlich, dass Monti an eine solche Kamera kam, es sei denn, man überließ sie ihm.«
»Er könnte sie auch geklaut haben«, wandte d’Aventura ein.
»Ach? Monti beklaut einen Agenten des militärischen Geheimdienstes?«
»Nein«, brummte d’Aventura. »War nur so ein Gedanke.«
»So unangenehm mir das ist, Livio, aber mir fällt keine andere Version ein: Ein SISMI -Agent gibt einem Kerl, den niemand kennt und von dem keiner weiß, woher er kommt, eine Spezialkamera.«
»Und weshalb?«, wandte d’Aventura ein.
»Das ist doch jetzt erst einmal völlig egal. Monti filmt Bruno Sforzano beim Erwürgen von Cardone, was mich auf den Gedanken bringt, dass dieser Mord von ganz oben angeordnet wurde. Allerdings lief die Aktion nicht wie geplant. Sforzano türmt aus ziemlich nachvollziehbaren Gründen. Er will nicht erwischt werden.«
»Bis dahin bin ich bedingt einverstanden«, entgegnete d’Aventura. »Er ließ sich bei der Hinrichtung filmen. Diese Tatsache wiederum setzte voraus, dass Sforzano bereits vorher gewusst hat, wo der Film hinterher landet.«
Venaro wiegte den Kopf. »Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Die Motivlage«, führte er seine Gedanken weiter aus, »ist mir immer noch völlig unklar. Dennoch, Monti blieb am Ort des Geschehens, zumindest irgendwo im Albergheria-Viertel. Das Drama wurde im Fernsehen ausgestrahlt. Von diesem Augenblick an wurde Monti zur Gefahr für den Geheimdienst, zumal die Kamera immer noch in seinen Händen war. Ich frage mich, weshalb verschwand Monti nicht einfach von der Bildfläche? Wartet man in dieser Situation auf seinen Henker?«
»Hmm … Und? Wie geht es weiter …?«
»Jetzt kommst du ins Spiel. Nach Dienstschluss verschaffst du dir noch einmal einen Überblick am Tatort. Just zur gleichen Zeit will der Agent in der Via Albergheria seine Kamera zurückholen. Daraus folgere ich, dass der Agent genau wusste, wo er zu suchen hatte. Er bemerkt, dass du ihm in die Quere kommst und erschießt diesen Monti, bevor der plaudern kann. Danach versteckt er sich auf dem Stockwerk. Kaum bist du in der Wohnung, haut er dir eins über
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