Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)
weißt ja noch nicht einmal, wer Eisenhower war.«
»Vergiss den Schwachsinn mit der Landung. Das war nur eine Ausrede. Ich schreibe etwas ganz anderes.«
»Darf man fragen, was?«
»Meine Memoiren.«
Jetzt wusste Maggie, dass es nicht gut für sie enden würde. Sie kannte ihren Mann seit ewigen Zeiten. Doch irgendetwas sagte ihr, dass das hier vielleicht nicht mehr der Mann war, dessen Gesten sie noch vor einem Monat blind verstanden hatte, dessen Stimme nichts vor ihr hatte verbergen können.
Doch Fred sagte die Wahrheit. Ohne sich um die Chronologie der Ereignisse zu scheren, mehr seinen Launen folgend, ließ er sowohl die glücklichste als auch die schmerzvollste Zeit seines Lebens wiederauferstehen. Die glücklichste – das waren seine dreißig Jahre im Herzen der New Yorker Mafia; die schmerzvollste – das war seine Zeit als Kronzeuge. Nachdem Thomas Quintiliani vom FBI vier Jahre Jagd auf ihn gemacht hatte, war es ihm gelungen, den Clanchef Giovanni Manzoni zu schnappen und ihn zu zwingen, vor Gericht gegen die drei wichtigsten Bandenführer auszusagen, die die Ostküste kontrollierten. Unter ihnen war auch Don Mimino, der capo di tutti i capi, das Oberhaupt der fünf »Familien« von New York.
Was dann folgte, war die verdammte Zeit des Zeugenschutzprogramms WITSEC , das angeblich Kronzeugen vor Vergeltungstaten schützte. Jeder, der sich daranmachte, seine Memoiren zu schreiben, musste sich wohl auch mit den erbärmlichsten Momenten seines Lebens auseinandersetzen. Und so hackte Fred nun jeden einzelnen Buchstaben jedes lange verbotenen Wortes in die Tasten: jemanden verpfeifen, jemanden verkaufen, seine Freunde verraten, die ältesten zu einer Strafe verurteilen, die zehnmal länger ist als ihr bisheriges Leben und tausendmal länger als ihre Lebenserwartung. (Don Mimino hatte man zu einer Strafe von dreihunderteinundfünfzig Jahren verurteilt – ein Strafmaß, das alle, selbst Quintiliani, überrascht hatte.) Fred drückte sich nicht vor der Wahrheit, sein Geständnis würde umfassend sein, er machte niemals halbe Sachen. Zu der Zeit, als man ihm die Beseitigung lästiger Typen anvertraut hatte, hatte er stets darauf geachtet, nicht das geringste Beweisstück zurückzulassen. Und wenn er in einem Stadtbezirk Schutzgelder erpresst hatte, dann musste ausnahmslos jeder Händler, auch der Schirmverkäufer an der Straßenecke, seine zehn Prozent bei ihm abliefern. Am schwierigsten dürfte die Beschreibung der zwei Jahre werden, in denen er sich auf den Prozess vorbereitet hatte. Eine Zeit der Paranoia, alle vier Tage musste er das Hotel wechseln; er machte keinen Schritt mehr ohne einen FBI -Agenten im Schlepptau, und seine Kinder durfte er nur einmal im Monat sehen. Bis zu jenem berüchtigten Morgen, an dem er die rechte Hand hob und vor dem amerikanischen Volk einen Eid ablegte.
Doch bevor er zu dieser Stelle kam, konnte er von der schönsten Zeit seines Lebens berichten, von seiner glücklichen Jugend, seinen ersten Schusswaffen, seiner Feuertaufe und seiner offiziellen Aufnahme in die Bruderschaft Cosa Nostra. Was für glückselige Jahre, als das ganze Leben noch vor ihm lag und er jeden eigenhändig erdrosselt hätte, der in ihm einen zukünftigen Verräter sah.
»Quintiliani hält es für eine gute Idee, dass ich Schriftsteller werde.«
Tom Quintiliani, der ewige Feind und dennoch seit sechs Jahren für die Sicherheit der Blakes verantwortlich, hatte grünes Licht gegeben. Jeder, der unter polizeilichem Schutz lebte, erregte früher oder später das Interesse der Nachbarn. Das lehrte die Erfahrung. Fred brauchte deshalb eine Tätigkeit, die erklärte, warum er ständig zu Hause war.
»Ich fand die Idee anfangs auch gut. Bis zu dem Zeitpunkt, als du angefangen hast, dich als Geschichtsexperte aufzuspielen.«
Tatsache war, das ganze Viertel wusste, dass ein amerikanischer Schriftsteller sich hier niedergelassen hatte, um ein großes Schlachtengemälde von der Landung in der Normandie zu entwerfen. Als Ehefrau des vermeintlichen Schriftstellers brachte der Schwindel ihres Mannes Maggie keine Vorteile, sondern stürzte sie, dessen war sie sich sicher, über kurz oder lang in Schwierigkeiten. Ganz zu schweigen von Belle und Warren, die auf dem Anmeldebogen für die Schule die Rubrik »Beruf der Eltern« leer gelassen hatten. Viel lieber hätten sie ihren Mitschülern und Lehrern erzählt, dass ihr Vater Modellbauer oder Europakorrespondent eines amerikanischen Anglermagazins war. Niemand hätte
Weitere Kostenlose Bücher