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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonino Benacquista
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Handschlags entsprach. Der Jüngere, der aber schon länger hinter Gittern saß, war der Terrorist Erwan Dougherty. Er hatte seinen Zellennachbarn, den zwanzig Jahre älteren Paten aller Paten, zu sich eingeladen. Don Mimino war vor ungefähr sechs Jahren eingesperrt worden. Erwan war sehr vorsichtig, was den Kontakt zu anderen betraf. Fast acht Jahre hatte er mit überhaupt niemandem gesprochen. Don Mimino schätzte er wegen seiner Umgangsformen und Ansichten, die aus einer anderen Zeit stammten. Die Gespräche mit ihm wollte Erwan so wenig missen wie sein eigenes langes Schweigen. Der ehrwürdige Italiener seinerseits schätzte den Iren, weil er der einzige Katholik im Gebäude war.
    »Ich habe beschlossen, meine Muttersprache ordentlich zu lernen«, sagte Don Mimino.
    »Wie bitte?«
    »Ich spreche eine Art sizilianischen Dialekt, den man in meinem Nachbardorf schon nicht mehr versteht. Nur in ein paar Ecken von New Jersey wird er komischerweise noch gesprochen. Was ich lernen will, ist meine lingua madre , das Italienisch, das man in Siena spricht. Ich möchte Dante im Original lesen. Der Kerl soll ziemlich beschlagen gewesen sein. Wenn ich auch noch das mittelalterliche Italienisch lerne, das habe ich ausgerechnet, könnte ich mich in fünf bis sechs Jahren an die Göttliche Komödie wagen.«
    In der Langzeitabteilung war das Studieren und Erlernen neuer Fähigkeiten aus unterschiedlichen Gründen beliebt. Die meisten sahen darin einen Zeitvertreib, der spannender war als Krafttrainung oder Fernsehen. Aber nicht nur das.
    »Danach möchte ich Englisch lernen«, fuhr er fort. »Sechzig Jahre bin ich jetzt in diesem Land, und ich spreche nur eine Mischung aus Emigranten-Englisch und Gangster-Slang. Darauf bin ich nicht sehr stolz. Mein Ziel ist es, Moby Dick zu lesen, ohne dauernd im Wörterbuch nachschlagen zu müssen.«
    Es ging also nicht nur darum, die Zeit totzuschlagen. Es ging vor allem darum, einer Strafe, deren Länge außerhalb jeder Vorstellungskraft lag, einen Sinn, oder vielleicht sogar mehrere, abzutrotzen.
    »Ich habe mit Melville spät angefangen«, sagte Erwan. »Als ich hierherkam, habe ich zuerst Joseph Conrad, dann den ganzen Dickens und dann den ganzen Joyce gelesen. Joyce war aus Dublin wie meine Eltern. Danach habe ich acht Jahre lang einen Kurs in Jura belegt.«
    Jura belegten die meisten, danach kam Psychologie und an dritter Stelle, etwas abgeschlagen, Literatur. Viele wollten die Gesetzesmaschinerie und ihre geheimen Schleichwege kennenlernen, sie wollten genau verstehen, warum sie auf dieser Insel gelandet waren. Erwan zum Beispiel hatte sein Anwaltsexamen abgelegt, um seinen Fall wieder aufzurollen und sich selbst zu verteidigen. Andere wollten die Mechanismen der Seele, vor allem die der eigenen, verstehen lernen. Manche machten sogar eine richtige Psychoanalyse. Es ging darum, sich so weit wie möglich von der Last der Vergangenheit zu befreien, um optimistisch in die Zukunft blicken zu können. Mit einem Psychologiestudium verstand man auch die Gesetze der Gruppe und die darin herrschenden Hierarchieverhältnisse besser. Wer in der Langzeitabteilung saß, konnte mit dem Studium eines Fachs beginnen und sich dabei ziemlich sicher sein, es erschöpfend bis in die kleinsten Feinheiten zu Ende führen zu können. Er konnte jeden Tag voll und ganz nutzen, um sein Wissen zu vermehren. Wer außerhalb der Insel konnte sich einen solchen Luxus schon leisten?
    Andere Gefangene studierten nur, um gute Führungsnoten zu bekommen. Sie hofften auf eine Strafminderung von zehn bis fünfzehn Jahren. Die Entschlossensten unter ihnen konnten ihre Strafe so von hundertsechzig auf hundertfünfzig Jahre herunterschrauben.
    Im Gegensatz zum Rest der Menschheit war für die Langzeitinsassen von Rikers Island der Tod nicht das endgültige Ende. Das endgültige Ende kam erst, wenn sie wieder frei waren. Sie klammerten sich an die Vorstellung, dass man sie in zwei bis drei Jahrhunderten in die Freiheit entließ. Dann gäbe es für sie eine neue Welt zu entdecken. Danach war noch genügend Zeit, um richtig zu sterben.
    »Und danach?«, fragte Erwan und zündete seine Romeo y Julieta wieder an.
    »Danach könnten mich ein oder zwei asiatische Sprachen reizen. Mein ganzes Leben habe ich gegen die chinesische und japanische Mafia gekämpft. Also wäre es an der Zeit, verstehen zu lernen, wie diese Kerle ticken. Ihre Sprache könnte ein Schlüssel sein.«
    »Nach meinem Abschluss in chinesischer Medizin habe ich

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