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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonino Benacquista
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sich auch nichts zu sagen.
    Doch die dreihundertfünfundvierzig Jahre, die er auf dieser Insel noch verbringen musste, verdankte er dessen Vater, Giovanni Manzoni.
    Don musste kein Französisch können, um zu verstehen, wo die Zeitung herkam: Geschrieben und herausgegeben von den Schülern des Lycée Jules-Vallès in Cholong-sur-Avre, Normandie.
    Er hatte ein Telefongespräch zu führen. Die Sache war dringend.
    Don schrie den Gang hinunter. Davon wachte Chief Morales auf.

Sechs
    Keiner der vier hatte um Zuneigung und Sympathie gebuhlt. Die Blakes wollten sich bei niemandem einschmeicheln. Dennoch wuchs der Kreis derer, die sie schätzten und mochten, beständig. Hatte man einen kennengelernt, hörte man bald vom nächsten Blake und über Umwege vielleicht sogar von einem dritten. Man sprach von ihnen in der Schule, auf dem Markt, im Rathaus. Und so machte schnell eine einhellige Meinung in der ganzen Stadt die Runde: Diese Familie ist außergewöhnlich.
    Man wusste über Maggies ehrenamtliche Tätigkeiten für verschiedene Wohlfahrtsorganisationen Bescheid. Man schätzte nicht nur ihren Mut und ihre Bescheidenheit, sondern auch ihre Tatkraft und ihren Einsatz. Sie arbeitete an den Vorbereitungen zur Kirmes und zum Schulfest am 21. Juni mit, unterstützte aktiv die Kampagne zur Mülltrennung, nahm an Nachbarschaftstreffen teil, katalogisierte an zwei halben Tagen die Woche den Bestand der Stadtbücherei und kümmerte sich, wenn der Zeitplan es ihr erlaubte, um den Aufbau ihrer eigenen Hilfsorganisation, die sie dem Stadtrat bald vorstellen wollte. Wenn man sie um Hilfe bat, war sie zur Stelle, und wenn sie ab und zu an der Idee der Nächstenliebe zu zweifeln begann, dann trieben sie die Erinnerung an ihre finstere Vergangenheit und die Schuld, die sie auf sich geladen hatte, wieder zu neuen Taten an. Aber wichtig war nicht die Ursache ihres Altruismus, nur das Ergebnis zählte. So wollte sie inzwischen auch gar nicht mehr wissen, aus welchen Gründen die anderen Freiwilligen fremden Menschen halfen. Anfangs hatte sie sich für deren Motive interessiert, und dabei hatten sich mehrere Typen von Helfern herauskristallisiert. Da waren die ohne Selbstbewusstsein, die sich um den Nächsten kümmerten, um vor sich selbst zu fliehen. Dann gab es die Unglücklichen, die gaben, weil sie nie beschenkt worden waren, und im Gegensatz dazu die Reichen, die etwas für ihr Image tun wollten, oder die Müßiggänger, die sich langweilten. Dann waren da die Gläubigen, die sich für ihre guten Taten schon halb im Himmel sahen; sie setzten bei der Arbeit immer das gleiche Gesicht auf, lächelten verständnisvoll und übertrieben maßlos, breiteten ihre Arme aus, um jeden aus dem irdischen Jammertal darin aufzunehmen, dazu blickten sie tieftraurig – hatten ihre Augen doch schon so manches Elend gesehen. Dann gab es den progressiven Denker, der sich ein gutes Gewissen verschaffen wollte; er brauchte seine Hand nur den Benachteiligten entgegenzustrecken, und schon fühlte er sich intellektuell befriedigt. Andere glaubten, mit so einer Aktion all ihre Vergehen wiedergutzumachen, wieder andere wollten ihre eigene zynische Sicht auf die korrupte Welt Lügen strafen. Nicht zu vergessen diejenigen, die, ohne es zu merken, endlich erwachsen geworden waren.
    Maggie war es inzwischen egal, ob jemand wirkliches Mitgefühl für die Not der anderen empfand, ob seine Empörung über das Unrecht echt war oder ob in seinem Herzen wirklich das Feuer der Solidarität brannte. Die Tat allein zählte, nicht die Absicht dahinter. Jede noch so kleine Geste konnte weiterhelfen. In Cholong war Freiwilligenarbeit inzwischen ziemlich in geworden. Doch bei den vielen Aufgaben, die warteten, waren es noch immer zu wenig.
    Warren genoss seinen Ruhm in vollen Zügen und befand, das sei endlich die Anerkennung, die er verdiente. Die Dienste, die er der jungen Generation anbot, hatten ihm Respekt eingebracht, was er mehr als alles andere schätzte. Sein Vater war ein Verräter; nun war es an dem Sohn, eine »andere« Gerechtigkeit auszuüben, eine Gerechtigkeit, die dann einschritt, wenn das Gesetz versagte. Er ging dabei zwar wie ein Mafioso vor, doch den kriminellen Aspekt verdrängte er einfach, fühlte er sich doch als Rächer der Entrechteten, die nur mit seiner Hilfe Genugtuung erlangen konnten. Für diesen Rechtsservice musste man zwar ordentlich löhnen, aber was war schon umsonst in dieser gemeinen Welt? Sich an seiner Schulter auszuweinen war nicht

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