Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)
lange nicht mehr.« Und sie hätte guten Gewissens hinzugefügt, dass sie sich sehr gut vorstellen könnte, allein zu leben. Dies erklärte allerdings nicht zweifelsfrei, warum er sie noch immer zum Lachen brachte, und warum sie ihn vermisste, sobald er das Haus verließ.
Und so füllte Maggie ihren Korb, überquerte die Straße und winkte Caputo zu, während Fred und Ben über den Gascontainer auf die Mauer kletterten und von dort auf den mit Unkraut bewachsenen Pfad sprangen, der ihr Haus von dem der Nachbarn trennte. Sie gingen zu Bens Wagen und Fred schob ihn im Leerlauf bis zur Kreuzung Rue des Favorites/Avenue Jean-de-Saumur. Zwei Minuten später kamen sie zu einem Waldstück, das vom Vollmond beschienen wurde.
Fred platzte fast vor Ungeduld. Bald würde er mit Ben allein sein und ihn einem regelrechten Verhör unterziehen. Was war aus all den Freunden, Verwandten, Kollegen und Nachbarn geworden? Den gefilterten Informationen des FBI misstraute er, er wollte unmittelbare Neuigkeiten erfahren über die, die er am meisten vermisste, inklusive seiner Geliebten. Die Antworten ließen keine Zweifel zu: Die Zeit hatte keine Wunden geheilt. Im Gegenteil. Die Mafia hatte lange gebraucht, um ihre Wunden zu lecken, und sie fühlte sich noch immer derart geschwächt, dass sie wie ein verletztes Tier wild um sich schlug. Wenn die Regierung einen Oberboss wie Giovanni Manzoni zur Mitarbeit gewinnen konnte, dann bekam die Cosa Nostra nicht nur arge Risse, es war auch eine Ermunterung an die, die gerne ein anderes Leben beginnen wollten, doch zum Verräter zu werden. Zumindest solange ein Verräter wie Giovanni Manzoni am Leben blieb, erschien diese Versuchung groß. Noch ein oder zwei Prozesse von dem Format, und das Feuer, das von Sizilien ausgegangen war, würde an seinen eigenen Flammen ersticken.
»Halt an. Den Rest gehen wir zu Fuß.«
Ben parkte den Wagen in der Nähe eines Grabens, holte seinen Rucksack aus dem Kofferraum und folgte seinem Onkel über die Felder. In der bläulichen Mondnacht ließen sich die Umrisse von Carteix erahnen. Äußerst vorsichtig leerte Ben den Inhalt seines Rucksacks vor dem Lieferantenparkplatz aus. Dreißig Dynamitstangen purzelten auf die Erde wie Mikadostäbchen.
»Da hast du aber großzügig geplant«, sagte Fred.
»Nach deiner Beschreibung habe ich mir eine Firma in der Größenordnung von General Motors vorgestellt.«
Ben hatte alles in Erwägung gezogen, TNT , Plastiksprengstoff, Selpex, alle Weiterentwicklungen von Nitroglyzerin, war aber am Ende wieder beim guten alten Dynamit gelandet.
»Der Typ, der das Zeug erfunden hat, hat einen Preis verdient.«
Ben hätte noch so fachmännisch und ernsthaft die Qualitäten dieses Sprengstoffs preisen können – seine Verlässlichkeit zum Beispiel, seine leichte Handhabung –, man konnte doch den Schuljungen dahinter erkennen, der immer noch gerne mit Krachern und Knallfröschen spielt. Kaum hatte er heute Morgen den Fuß auf den fremden Kontinent gesetzt, hatte er sich auch schon einen Leihwagen am Flughafen Roissy besorgt und war mit ihm nach Paris gefahren, um Heimwerkermärkte und Geschäfte für Autozubehör abzuklappern. Bevor er sich an die Polenta machte, hatte er den ganzen Nachmittag unter Aufsicht seines Onkels in dessen Waschküche »gekocht«. So nannte er selbst das Mischen von Natriumbikarbonat, Schwefel- und Salpetersäure, bei der man ständig das Thermometer im Auge behalten musste.
»Es ist ein bisschen warm hier, Onkel.«
»Ist das schlimm?«
»Wenn das Thermometer über 25 Grad steigt, bleibt nichts übrig. Weder von uns noch von dem Haus noch von unseren Freunden gegenüber noch vom ganzen Viertel.«
Fred konnte sein Mafia-Grinsen nicht unterdrücken, aber bei der Vorstellung, mit einem Schlag die Rue des Favorites von der Landkarte zu tilgen, fühlte er doch eine gewisse Hitzewelle in sich hochsteigen. Mit der Pipette gab Ben das Glyzerin dazu, dann wartete er, bis es an die Oberfläche stieg, und füllte es in einen anderen Behälter um. Das Lackmuspapier behielt bei der Probe sein schönes Königsblau. Dann gab er Sägemehl dazu, die Paste verfestigte sich, er konnte sie in Stücke schneiden und in Packpapier einwickeln, und jede Stange wurde anschließend mit einer Zündschnur versehen. Schlag 17 Uhr, kurz bevor die drei anderen Blakes nach Hause kamen, deponierte Ben in einer alten Keksdose so viel Dynamit, dass man damit einen zweiten Eurotunnel hätte ausheben können. Später würde er sich dann
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