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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonino Benacquista
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erinnerte. Das, wovon der kleine Mann auf der Straße nicht einmal zu träumen wagte, würde er nun im Namen aller vollbringen.
    Er nahm die Zündschnur in seine linke Hand, näherte sich ihr mit der Flamme und hielt sie ein letztes Mal zurück.
    Noch gestern Abend hätte er auf diese Aktion verzichten können, er wäre einfach nach Hause gegangen, seine Frau hätte nicht getobt, und Tom Quintiliani hätte keine Sanktionen ausgesprochen. Doch der heutige Abend war ein ganz besonderer Abend, es war der erste Abend vom Rest seines Lebens. Fred hatte heute begriffen, dass er nie mehr in seine Heimat zurückkehren würde. Er würde irgendwo krepieren, an einem Ort, der ihm nichts bedeutete, unter einem fremden Himmel, und man würde ihn begraben in einer Erde, die nicht die seine war. Ließe er diesem schmerzvollen Gedanken Raum, würde er immer mehr von ihm aufgefressen werden, bis nichts mehr von ihm selbst übrig war. Er musste auf der Stelle handeln – die Situation duldete keinen Aufschub. Seine Vergangenheit sollte in Flammen aufgehen, ein für alle Mal, wie ein schönes Vorspiel zur Hölle, das man ihm schon als Kind versprochen hatte.
    Er steckte die Zündschnur an, dann wich er ungefähr hundert Meter zurück und wartete mit weit aufgerissenen Augen.
    Das gesamte Gebäude explodierte in einem Flammenbogen, der zum Himmel schoss. Der Knall der Explosion weckte seine Sinne, und die Druckwelle war so stark, dass alle Unklarheiten von ihm abfielen. Die Lichtfontäne, die sich vor ihm erhob, erleuchtete den ganzen Horizont. Ein Metallregen ging gut einen Kilometer von ihm entfernt nieder. Fred sah die Überreste einer vergangenen Zeit sich in alle Himmelsrichtungen verstreuen, bis sie für immer verschwanden. Eine Last war von ihm gefallen, die er seit Jahren mit sich getragen hatte. Der Feuersturm endete mit einem Glutregen, der auf den Asphalt der Parkplätze niederfiel. Fred seufzte erleichtert.
    Er begleitete Ben zu seinem Wagen und erklärte ihm den Weg zur Bundesstraße nach Deauville. Dort würde er die Fähre nach England nehmen und von London aus in die USA zurückfliegen.
    »Bevor die hier reagieren, siehst du schon die englische Küste vor dir. Quint wird deine Personenbeschreibung zwar an alle Flughäfen rausgeben, wird aber dann ganz froh sein, dass sie dich nicht finden. Ich habe ihn mit deinem Besuch wie einen blutigen Anfänger dastehen lassen. Er wird keine Lust haben, dass die oberen Regionen davon Wind bekommen. So etwas wird ihm nie wieder passieren.«
    Ben verstand. Er sah seinen Onkel heute zum letzten Mal. Trotz aller Feierlichkeit des Augenblicks wollte er nicht sentimental werden.
    »Der Besitzer meiner Spielhalle ist ein alter Knacker, der mich regelmäßig mit seiner Landung in der Normandie nervt. Jetzt kann ich ihm immerhin berichten, dass ich auch dort gelandet bin.«
    Der Onkel nahm seinen Neffen in die Arme. Dann ging er zur Seite, damit Ben den Wagen wenden konnte. Er winkte ihm zum Abschied zu und ließ ihn für alle Zeiten aus seinem Leben verschwinden. Auf dem Rückweg hörte er das Martinshorn der Feuerwehr und versteckte sich im Gebüsch.
    *
    Die Kinder schliefen noch. Seine Frau saß unbeweglich auf dem Wohnzimmersofa, das Radio war eingeschaltet.
    »Du bescheuerter italienischer Bastard.«
    Fred ging in die Küche, genehmigte sich ein Glas Bourbon und trank einen Schluck. Maggie würde ihren Zorn nicht lange zurückhalten können, er erwartete gleich die zweite Explosion des Abends. Doch was er bekam, war eine verhaltene Reaktion. Sie äußerte ihre Wut mit tonloser, fast sanfter Stimme.
    »Von mir aus kannst du die ganze Welt in die Luft jagen. Ich habe nicht mehr die Kraft, dich daran zu hindern. Aber dass du mir etwas vorgemacht hast, dass du mich angelogen hast, damit ich bei deinem Plan mitspiele – das hättest du besser nicht getan. Das erinnert mich an Zeiten, die ich lieber vergessen würde. Ich war damals zu jung und zu dumm. So hast du mich zu deiner Komplizin gemacht. Ich habe die Bullen angelogen, meine Freunde, meine Eltern und später auch unsere eigenen Kinder. Ich dachte, die Zeiten hätten wir hinter uns.«
    Eigentlich überraschten ihn Maggies Worte nicht. Mit einer gewissen Neugier erwartete er ihr Urteil.
    »Jetzt hör mir gut zu. Ich werde nicht die Predigt halten, die Quintiliani gerade vorbereitet. Das ist nicht meine Aufgabe. Ich möchte dich nur daran erinnern, dass unser Sohn bald allein zurechtkommt und dass es für Belle schon jetzt besser wäre,

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