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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Arbeit für eure Pferde?«
    »Arbeit genug«, gab Osman zurück. »Glaubst du, mir macht es Spaß, Männer zu Tode zu hetzen? Aber wenn ich es nicht tue, haben die Mazarisleute in Karadschahissar morgen mehr zu essen als wir im Lager. Mit dreißig kommst du? Wenn du dreihundert gebracht hättest, wären es noch zuwenig gewesen.«
    »Es hat schwer genug gehalten, nur die dreißig zu bekommen«, murrte Ghundus. »Dündar . . .«
    »Und unser Vater?«
    »Er gibt dir die Schuld am Tod unseres Bruders Sarujati.«
    »Dündars Werk.«
    »Jawohl, sein Werk. Aber seit der Schlacht auf der Ebene hat er einen großen Namen im Stamm. Aus den gegerbten Hoden der gefallenen Feinde hat er sich ein Zelt fertigen lassen.
    Damit hat er Eindruck gemacht! Sie sprechen nur noch von der Schlacht auf dem Hodenfeld. Es ist überhaupt besser, Osman, du weißt, wie es ist. Unsere Männer haben Beute gemacht nach dieser Schlacht, und jetzt glauben sie genug zu haben. Auch sind die Herden auf den Almen. An Karadschahissar denken sie nicht. Dündar hat ihnen gesagt, das sei doch nur für den Sultan, und wir würden es niemals haben, höchstens durch ihn, Dündar, selbst.«
    »Ich werde es haben!«
    »Es scheint dennoch nicht gut zu stehen, Osman? Sechsmal und mehr müssen meine Leute auf Umwegen zurück, um immer von neuem Einzug zu halten? Was bedeutet das?«
    »Daß sie uns in der Stadt für stärker halten sollen, als wir sind. Und dann: Hast du das große Zelt nicht gesehen? Die Exzellenz des Wesirs ist im Lager.«
    »Hilfe vom Sultan?«
    »Hilfe vom Teufel!« knirschte Osman. »In einem hat Dündar recht: Wenn Sultan Alaeddins Truppen Karadschahissar nehmen, werden wir es nie haben. Von meinen hundert Mann, die ich der Hoheit lieh, sind mir ein Dutzend zurückgekehrt.«
    »Die andern sind, soweit sie noch leben, bei den Herden. Was willst du, Osman? Alaeddin ist nicht viel besser dran. Gegen die Byzantiner, ja, das ging die Bege an, Großemire und keine kleinen Leute wie wir. Aber stark werden lassen möchten sie gerade deswegen den Sultan nicht, die schon gar nicht! Was sie haben, haben sie und wollen sie behalten.«
    »Was sollen mir die Fürsten!« rief Osman. »Der Stamm ist es, den ich brauche, unser eigener. Wenn ich den habe, laufen mir die andern auch zu, Türken und Turkmanen.«
    »Dann mußt du eben nach Sögüd. Nichts anderes kann dir noch helfen.«
    »Nicht für eine Stunde verlasse ich hier meinen Platz.«
    »Du mußt, Osman. Es hängt alles vom Stamm ab. Du sagst es selbst.« Osman antwortete nicht. Er zog für den Besuch im Zelt des Wesirs seinen Ehrenkursk an und überlegte.
    »Hast du . . .«, tastete Ghundus sich vorsichtig an den Bruder heran, ». . . hast du einmal mit Malchatun gesprochen? Ich meine, in Inöni saßen wir auch im Dreck, und da . . .«
    »Malchatun . . .«, kam es von Osman, als seien dessen Gedanken weit weg, »- Malchatun ist gar nicht im Lager . . .«
    Nein, Malchatun sei nicht im Lager, dachte auch Schermugan.
    Bis Kutahie war Sultan Alaeddin zurückgegangen, um dort abwartend stehenzubleiben.
    Im Oberen Schloß des Beys von Kermian war es denn auch gewesen. Ein Bote Osmans war erschienen und hatte sich dringend um eine Audienz beim Sultan bemüht - beim Sultan und nicht nur beim Wesir. Zu andern Zeiten wäre das Audienzbegehren zweifellos abgelehnt worden; aber die Folgen des Sieges über die Byzantiner hatten nicht in allem den Hoffnungen der Pforte entsprochen: Kaum war die unmittelbare Bedrohung beseitigt gewesen - da hatten die fürstlichen Vasallen schon an Abzug gedacht. Und weil sie sich den Urlaub sonst selbst genommen hätten, war es Alaeddin besser erschienen, ihn den Ungeduldigen dem Anschein nach freiwillig zu gewähren.
    Der einzige, der noch im Felde stand, und zwar gegen aufsässige Untertanen, war der Nomade Osman, und das war auch der Grund gewesen, warum die Hoheit einen Boten dieses Mannes von bescheidenem Ansehen und einer so fragwürdigen und schwankenden Macht persönlich empfangen hatte. Freilich ganz insgeheim. Die Ehren eines öffentlichen Empfanges waren gar nicht erst erwogen und auch nicht erbeten worden. Ausdrücklich um eine geheime Audienz hatte der Unterhändler gebeten.
    Dieser Unterhändler war nun wohl in weißer Kappe, mit umwickelten Beinen und überhaupt in der Kleidung eines türkischen Hirten erschienen, in Wirklichkeit aber Malchatun Hanum gewesen. Schon in seiner Eigenschaft als Eunuch hatte Schermugan die Verkleidung sofort durchschaut und den Sultan darauf

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