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Malefizkrott

Malefizkrott

Titel: Malefizkrott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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als das Cover. Sie zündelten die Büchertürme hinauf, während in den brennenden Regalen Buchrücken schmatzend vom Deckel platzten und sich wie Schillerlocken kringelten. Das Feuer flüsterte Thomas Mann, wisperte Marx und Grimmeishausen, rezitierte ein letztes Mal »En un lugar de la mancha«, »Habe nun, ach, Philosphie«, »Wer baute das siebentürige«, »da reist ich nach Deutschland hinüber« und »Das Vergangene ist nicht tot« und knisterte ein letztes Mal »Judenbuche«, »drei Guineen«, »Winnetou« und »Mr Darcy«, bevor es zum bösen Rauschen anschwoll, sich auf die Zeitschriften warf und konkre t, Emma und Argument vernichtete. Dann waren die Kochbücher dran. Am längsten hielten die Regionalkrimis stand. Aber als das Schaufenster barst, fegte es sie nach draußen, wo sie wie Partyfackeln auf dem Fußweg in der noch lichten Julinacht liegen blieben und jedes für sich niederflackerten.
    Mein Helfer und ich zogen den Verletzten die Straße hinauf und legten ihn auf den regenfeuchten Fußweg. Die anderen hatten sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite versammelt.
    Als die Feuerwehr kam, war schon alles zu spät. Binnen Minuten war die Buchhandlung Durs Ursprung ein Raub der Flammen geworden.

 
     
5
     
    Der Buchhändler stand klein und still im Nieselregen, der seine Hemdschultern dunkelgrün färbte. Das Lächeln schien ihm eingewachsen in die Mimik, in seinen Augen stand Galle.
    »Da war einer im Laden! Es war Brandstiftung!«, erklärte Ruben Ursprung der Polizei. »Definitiv, es war jemand im Laden!«
    Die Türbimmel hatten wir alle gehört.
    Als er hinaufgekommen sei, habe er aber nur noch die Tür zuschwingen sehen, erzählte er immer wieder, auch als die Polizei schon lange nicht mehr zuhörte. Er habe auf die Straße geschaut und eine Gestalt gesehen, wie sie um die Ecke in die Christophstraße bog: Jeans, schwarze Lederjacke, Kapuze eines Hoodys überm Kopf. Er habe noch überlegt, ob er ihm nachlaufen solle. Ständig werde geklaut bei ihnen. Die Leute meinen, als linke Buchhändler müssten sie dafür Verständnis haben. In den Achtzigern habe es regelrechte Raubzüge bei ihnen gegeben. Studenten aus Tübingen und Frankfurt hätten mit den bei seinem Vater geklauten Büchern ihren Lebensunterhalt bestritten, er könne da Namen nennen, einige seien heute Politiker …
    Ich schaute Richard an. Auch er konnte Namen nen nen, würde es aber niemals tun. »Was ist mit dem Verletz ten?«, erkundigte er sich stattdessen leise.
    »Vermutlich Oberschenkelhalsbruch, nicht lebensbedrohlich.«
    Ich hatte ihm meine Lederjacke unter den Kopf geschoben. Als ich hochblickte, war der Helfer verschwunden und es gelang mir nicht, ihn wiederzuentdecken, weder im Grüppchen der Verschreckten auf der anderen Straßenseite noch unter den Schaulustigen, die vom Café Eberhard und aus den umliegenden Geschäften und Wohnungen gekommen waren. Außerdem bat mich der Verletzte um mein Handy, um seine Freundin anzurufen, denn seines war ihm aus der Hemdtasche gefallen und verbrannte im Laden. »Du, Schatzi, mir ist da was Dum mes passiert.«
    Damit befand sich ihre Telefonnummer in meinem Besitz, und als die Sanitäter seinen Status abfragten – »Wann haben Sie zuletzt was gegessen?« –, erfuhr ich auch seinen Namen: Matthias Kern.
    Als ich zu den anderen stieß, erzählte Ruben zum dritten oder vierten Mal seine Geschichte: »Wie ich so an der Tür stehe, hat es hinter der Kassentheke eine Verpuffung gegeben. Eine Explosion. Und wie ich mich umdrehe, sehe ich eine Stichflamme. Ich sofort hin, aber da hat es schon richtig gebrannt. Ich mit dem Feuerlöscher drauf, aber da hat das halbe Regal schon gebrannt, und ich musste an die Gäste im Keller denken und sie warnen.«
    »Brandstiftung?«, fragte ich Richard, als wir gegen Mitternacht in seiner Limousine über die Stadtautobahn rollten. »Glauben wir das?«
    »Ich halte einen Kurzschluss für wahrscheinlicher«, antwortete er. »Wer weiß, was für einen Kabelsalat der hinter der Theke hatte.«
    »Außerdem zahlt die Versicherung bei Brandstiftung nicht.«
    »Doch. Sie muss dann halt den Brandstifter in Regress nehmen. Nur wenn der Eigentümer der Brandstiftung überführt wird, dann zahlt sie nicht.«
    »Dann sollte man also Ruben besser nicht überführen.«
    In Richards Mundwinkel drückte sich das Desillusi ons häkchen des Staatsanwalts, der Lügengebäude zur Verde ckung einer Straftat zur Genüge kannte. Ihr auffälligs tes Merkmal war der Mangel

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