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Malefizkrott

Malefizkrott

Titel: Malefizkrott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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jemand.
    »Mama?«
    Röchel, keuch. »Bitte … komm! Ich …«
    »Sally?«
    »Hhhhh-ja.«
    »Keine Panik, ich bin gleich da. Halte durch!«
    Sally empfing mich untot, wenn auch mit geröteten Augen in der Tür am Ende der achtzig Stufen. Ich keuch te eindeutig mehr als sie.
    »Habe ich dich erschreckt?«, fragte sie. »Wollte ich nicht. Tut mir leid. Ich hatte zum Glück noch Asthmaspray. Es ist schon viel besser.«
    Asthma gehörte eigentlich nicht zu Sallys Beschäfti gungen, aber als Teilzeitsprechstundenhilfe hatte sie ei nen immer wieder überraschenden Vorrat rezeptpflichtiger Drogen in ihren Badezimmerschränken.
    »Was war denn los?«
    »Scht, nicht so laut. Die Leute schlafen! Komm rein. Ich habe die Fenster aufgemacht.« Sie schloss die Tür. »Aber sobald du Atemnot kriegst …«
    Cipión nieste angewidert. Die Katzen hockten kugelig und mit glühenden Augen auf dem Fensterbrett im offenen Küchenfenster. Senta hechelte gemütvoll gegen den Kühlschrank gelehnt und schaute uns leidend an.
    »… oder Kopfschmerzen.«
    »Sally! Bitte!«
    »Ich habe irgendwie versucht, mich und die Tiere zu vergiften, nicht mit Fleiß natürlich! Aber der Gedanke an die Läuse in meinem Bett … ich habe die Matratze doch gerade erst neu gekauft.«
    »Es sind harmlose Buchläuse, Sally! Zudem in überschaubarer Anzahl. Hast du meine SMS nicht gesehen?«
    »Als ich die entdeckt habe, war’s schon zu spät. Da hatte ich das Zeug schon versprüht.«
    Nicht ohne einen gewissen Künstlerstolz gestand Sal ly, dass sie sich nach der Nacht auf ihrem Sofa als Erstes in die Stöckach-Apotheke begeben hatte, um diverse Chemikalien zu erwerben und zu einem effizienten Insektizid zusammenzumixen. Mit dem ebenfalls erworbenen Sprüher hatte sie die Matratze gründlich behandelt und mit Befriedigung und reichlich Mordlust an niederem Getier beobachtet, wie schön das Zeug sich in die Matratze einbrutzelte. Abends hatte sie neue Bettwäsche aufgezogen und sich später schlafen gelegt. Mitten in der Nacht war sie aufgewacht mit stechenden Kopfschmer zen, zwickenden Augen und Atemnot.
    »Bist du wahnsinnig?«
    »Schimpf nicht, Lisa! Sag mir lieber, was wir jetzt machen.«
    »Wir?« Ich bedachte meine Geisterfahrt an den Bag gerseen von Kirchentellinsfurt und senkte mein Empörungsniveau. »Ich bringe dich wohl am besten ins Krankenhaus zur Behandlung deiner Vergiftung.«
    »Dazu müsste man aber wissen, womit ich mich vergiftet habe.«
    Für mich war das ganz einfach: »Mit einem Cocktail aus Insektiziden!«
    Die Flasche stand, wie ich jetzt bemerkte, unübersehbar auf dem Küchentisch. Das Etikett war akkurat beschriftet.
    »Die Insektizide sind für Menschen und Haustiere nicht schädlich. Höchstens auf Dauer. Wirklich, glaub mir, ich weiß, was ich tue!«
    »Ja, klar.« Ich zog mein Handy und fragte das Programm mit SOS-Nummern ab. »Aber mir ist das zu unsicher. Ich rufe jetzt die Giftnotrufzentrale an. Oder willst du?«
    Sally nahm schließlich selbst ihr Telefon zur Hand, wählte die Nummer des Giftnotrufs und stellte auf Zimmerlautsprecher. Ein freundlicher junger Mann meldete sich.
    Ich kraulte Cipión mit der einen und Senta mit der anderen Hand und hörte zu, wie Sally dem jungen Mann das Missgeschick erläuterte. »Ich kann mir das nicht erklären.« Nachdem er abgeklärt hatte, dass akute Lebensgefahr nicht bestand und Sally medizinisch und chemisch bewandert war, erkundigte er sich mit bewunderungswürdiger Urteilsfreiheit in der Stimme nach den Stoffen, die Sally zusammengemixt hatte. Sie nahm die Flasche vom Küchentisch und las ihm die Inhaltsstoffe vor.
    Sie alarmierten ihn auch nicht sonderlich. »Die sollten eigentlich nicht miteinander reagieren.«
    Sally guckte mich triumphierend an.
    »Aber … hm … schauen wir uns mal die Formeln an.«
    Während ich einen Tee brühte, suchten Sally und er nach den Formeln der Chemikalien und schrieben sie auf.
    »Und was haben Sie für eine Matratze?«
    »Eine gute. Ich habe sie erst seit zwei Wochen und keine Rückenschmerzen mehr!«
    »Schön, aber ich meinte: Woraus besteht sie?«
    »Aus Latex.«
    Ich setzte Sally einen Tee vor und stellte Zucker dazu. Auch der junge Mann benötigte Stärkung und meldete sich kurz ab, um sich einen Kaffee zu holen. Sally schaufelte Zucker in ihre Tasse, rührte, musterte die Formeln auf ihrem Blatt und begann, langsam herumzustreichen.
    »Was machst du?«, fragte ich.
    »Ich kürze. Da kann man sehen, was mit welchem Stoff reagiert.«
    »So, bin

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