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Malenka

Malenka

Titel: Malenka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Korschunow
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allerdings, KEIN ZUTRITT FÜR UNBEFUGTE. Es gab kaum noch Kohlen in diesem Winter, eisig die Schlafbaracken, man mußte im Mantel ins Bett gehen. Sogar der Speisesaal konnte nur noch sonntags geheizt werden, und ein Dauerstreit kreiste um die Frage, was schlimmer sei, Kälte oder Hunger.
    Liesbeth mußte das Frühstück vorbereiten. In der Küche roch es nach dem Brot, das sie vom Dorfbäcker geholt hatte, ihr täglicher Weg. Frisches Brot, ein Duft, der Margot das Wasser in den Mund trieb. Sie hatte ihre nassen Schuhe ausgezogen, preßte die Füße gegen den Herd und spürte, wie die Wärme allmählich zurückkehrte.
    »Frieren ist am schlimmsten«, sagte sie. »Findest du nicht auch?«
    »Eens so schlimm wie’s andre.« Liesbeth, einen Marmeladeeimer im Arm, ging an den Tellerreihen entlang, um sogenannte Vierfruchtkonfitüre - ihrer Ansicht nach Zuckerrüben, Kartoffelschalen und toter Hund - auf die Ränder zu klecksen. »Und uffe Flucht jibt’s sowieso bloß Eisbeene ohne Sauerkohl. Falls de nich oben inne Pappel landest wie diese janzen armen Schweine«, womit sie die Deserteure meinte, von denen, so erzählte man sich im Dorf, neuerdings immer mehr an den Chausseebäumen hängen sollten, mit Schildern um den Hals, ich bin ein Feigling. »Inne Pappel. Keen jutet Jefühl, nehm ick an.«
    Auf dem Festland würde einen bestimmt niemand mehr finden zwischen den vielen Trecks, sagte Margot, doch Liesbeth winkte ab, da müßte man erst mal hinkommen, aufs Festland, »und wie willste hier raus? Is doch zujeschlossen inne Nacht.«
    »Aus dem Fenster springen.« Margot zögerte, bevor sie weitersprach. »Und wenn Lore nicht solche Angst hätte, könnten wir morgen weg sein.«
    Sie senkte den Kopf bei den letzten Worten, blickte aber aus den Augenwinkeln zu Liesbeth, die jetzt am Tisch stand, einen Brotlaib in der linken Hand,, von dem sie dicke Scheiben herunterschnitt, schnell und präzise, eine wie die andere. »Da«, sagte sie und gab Margot den Kanten, »merkt ja keener, und die Zink, wat die allet klaut, die soll man bloß kommen.«
    Dann legte sie das Messer hin. »Wer is det nu eigentlich, der aus’n Fenster springt?«
    Margot, den Mund voll Brot, antwortete nicht.
    »Bin ick da ooch noch bei?« fragte Liesbeth, und nun war es endlich ausgesprochen, was zwischen ihnen hing, nicht erst seit der Fluchtdebatte.
    »Naja«, hatte Liesbeth gesagt, als Lore Möller gekommen und an ihren Platz getreten war, »nun mußte wenigstens nich mehr alleene loofen«, sonst nichts. Sie hatte weiterhin im Speisesaal neben Margot gesessen, ihr geholfen, wenn es nötig war, und auch die Freizeit mit ihr verbracht, aber immer war Lore dabei und Liesbeth die Dritte.
    »Natürlich kannst du mitkommen, wenn du nach Berlin willst«, sagte Margot. »Aber zusammenbleiben, das geht nicht, Liesbeth.«
    Sie schluckte das Brot herunter, viel zu schnell, der Klumpen setzte sich in der Speiseröhre fest, so daß sie kaum sprechen konnte. »Ich weiß doch selbst nicht, wo ich hin soll, und Lore will mich mitnehmen nach Dessau.« Sie holte tief Luft und wartete, bis der Brotklumpen sich gelöst hatte. »Was soll ich denn tun, Liesbeth?« fragte sie dann, so, als gäbe es diese Frage noch, als sei nicht längst alles besprochen und beschlossen zwischen Lore Möller und ihr, zwei, die allein waren und nun zusammengehörten und keinen Platz hatten für die Dritte.
    »Hab’ ick mir schon jedacht.« Liesbeth Domalla griff wieder nach dem Messer, gleichmäßige Brotscheiben, die vom Laib fielen. »Und vasteh ick ja ooch, ich pass’ nu mal nich so richtig zu euch, vasteh ick ja.«
    »Ist doch Quatsch!« rief Margot.
    »Keen Quatsch«, sagte Liesbeth. »Und nehm’ ick dir ooch nich übel. War jut mit dir, so richtig interessant, wenn de dat va-stehst, wat ick meene. Ick bin ja bloß ne Proletin von’n Wedding, aber wat Interessantes hör’ ick trotzdem jerne. Und nu bleib’ ick lieber hier, wat man hat, weeß man, wat man kricht, weeß man nich, hab’ ick schon immer jesacht.«
    Es klang gelassen, und auch ihre Augen, auf das Brot gerichtet, verrieten nichts. Aber in der Nacht konnte Margot trotzdem nicht einschlafen. Hochmut, hörte sie Anna Jaroschs Stimme, bist du hochmütig, Malenka, ich weiß, Großmutter, ich weiß. Doch schon der Morgen vertrieb die Zweifel wieder. Lore Möller besaß noch die Wohnung ihrer Mutter in Dessau, auch Geld und Wertsachen. »Und wenn der Krieg vorbei ist«, hatte sie gesagt, »können wir verreisen und die Welt

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