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Malenka

Malenka

Titel: Malenka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Korschunow
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überhaupt ein feinsinniger Mensch, murmelte verlegen: »Sorry, Miss Möller.« Lauma Mikitis, die nach Margot hereingerufen wurde, begann schon an der Tür zu schluchzen, denn Max Weinstein hatte die Befürchtung geäußert, daß, falls der Täter sich nicht finden ließe, alle gefeuert würden, und vermutlich, meinte er, sei einer von den Engländern das Schwein. Seine Befragung dauerte im übrigen besonders lange. Captain Laughan konnte Juden erklärtermaßen nicht ausstehen. »I hate their bloody creed«, hatte er einmal in der Registratur von sich gegeben, unbekümmert um Ildiko, die daneben stand und einen Weinkrampf bekam, worauf der Colonel, was Margot ihm nicht vergaß, sie lange getröstet und danach in Captain Laughans Büro so laut seine Stimme erhoben hatte, daß alle es hören konnten. Vermutlich hätte Captain Laughan den Diebstahl mit Freuden Max Weinstein angehängt. Jedoch fand sich nicht der geringste Hinweis, zumal Frau Kükü beschwor, die Nacht mit ihm verbracht zu haben. »Bed, yes, bed«, nickte sie eifrig, und da ein türkischer Dolmetscher nicht zur Verfügung stand, blieb unklar, ob sie überhaupt begriff, wohin die Fragerei zielte. Kurz, keine Spur im Haus, auch nicht im Park, überhaupt keine Spuren. Captain Laughan brach schließlich die Untersuchung ab mit der Begründung, daß es sich bei dem Porzellan schließlich nicht um britisches Eigentum handele, und Margot konnte rechtzeitig zum Bahnhof fahren, in Max Weinsteins Begleitung, dem bei Bedarf ein Wagen zur Verfügung stand.
    Stumm saßen sie nebeneinander, früher Morgen, die Stadt war dunkel und leer, Stromsperre, und ohnehin wies nichts auf Weihnachten hin.
    »Hältst du mich für einen Gangster?« fragte Max Weinstein.
    Sie näherten sich dem Marktplatz, und statt einer Antwort bat ihn Margot, an Frau Wolffs Haus vorbeizufahren. Sie wollte ihr die Reste vom Abend bringen, Brot, kalte Kartoffeln, einen Topf Soße. Koks fehlte diesmal. Ob sie das öfter täte, wollte Max wissen, und Margot nickte.
    Der Zug hatte Verspätung. Frierend standen sie in dem Schalterraum, wo der Wind durch die zerbrochenen Glasscheiben pfiff.
    »Wir waren ehrliche Leute zu Hause«, sagte Max Weinstein. »Fromm, du hättest meine Mutter sehen sollen. Oder glaubst du das nicht?«
    »Doch«, sagte Margot.
    »Die haben sie umgebracht«, sagte er. »Joseph und ich brauchen Geld für Amerika, warum soll ich ihr Porzellan nicht nehmen?«
    Anna Jarosch Stimme: »Ist Leben schwer, Malenka, kannst du nicht streicheln Hund, was dich beißt.«
    »Also, bin ich nun ein Gangster?«
    »Ich weiß nicht.« Malenka sah in das dunkle, herausfordernde Gesicht, vor dem sie keine Angst mehr hatte. »Wahrscheinlich bin ich es auch. Kriegsmenschen, hat mal einer gesagt. Und daß wir vielleicht niemals wieder richtige Friedensmenschen werden.«
    »Wer war das?«
    Sie zögerte. »Ein Marineoffizier.«
    »Ein deutscher?«
    »Er hieß Wiethe. Ich weiß nicht, ob er noch lebt.«
    »Verdammt soll er sein«, sagte Max Weinstein, und Margot bereute, den Namen genannt zu haben, du sollst nicht verdammt sein, Wiethe, dachte sie und sah ihn so deutlich vor sich wie damals bei der ersten Begegnung. Erst kurz vor Hannover fiel ihr wieder ein, daß er sie verraten hatte.
    Vor dem Bahnhof wartete der Pastor, »endlich sind Sie da, liebes Kind«. Hannover lag im Schnee, bizarre Eispaläste die Ruinen, am Raschplatz rodelten Kinder über weiße Schutthügel, ein böses Wintermärchen. Frau Schaper empfing sie atemlos, alles wie sonst, schon zehn Minuten später schleppte Margot mit Selma Matratzen durch die kalte Diele. Auch das Studierzimmer war kaum geheizt, der Pastor saß im Mantel, eine Wolldecke über den Knien, am Sekretär, um letzte Hand an die Weihnachtspredigt zu legen. Margot nahm Max Weinsteins Zigaretten, außerdem zwei Teebüchsen voll Tabak aus Colonel Hollets Kippen, und handelte bei dem Kohlenhändler Mollenhauer in der Friesenstraße drei Zentner Briketts dafür ein, die sie mit dem Handwagen ins Pfarrhaus brachte. Ein warmer Ofen nach dem Gottesdienst, das Huhn, sogar fünf Kerzen und Lametta, dennoch, ein schwieriges Weihnachtsfest, und als Pastor Schaper auf dem Harmonium »O du fröhliche« spielte, sagte Selma in eine Pause hinein: »Nicht noch die nächste S-trophe, Herr Pastor, s-timmt diesmal ja nicht.«
    Nein, es stimmte nicht, nur die Hoffnung stimmte, Frieden auf Erden, und das war mehr als in den Jahren zuvor. So spielte Pa-stor Schaper weiter, und während Margot

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