Maler und Mädchen - Maler und Mädchen
Gott«, war das einzige, was der arme Junge zu erwidern wußte, nachdem er sekundenlang mit seinen weißen, wie glasiert wirkenden Augäpfeln in Richtung Meer gespäht hatte.
Bei ihrer Rückkehr nickte sowohl die Köchin als auch das Feuermädchen, mit dem sie im Souterrain schlief, Jutta Armina, als sie ihnen von dem Wind, den Schiffen und dem Musikanten erzählte.
»Wenn der Wind nicht will, dann haben die Schiffe das Nachsehen«, sagte die Köchin. Und Jutta Armina sagte: »Und wenn er viel will, ein bißchen sehr viel, dann gehen sie unter.«
Als Elsje sie unbeirrt weiter ansah, erzählte die Köchin, daß die Schiffe hier nicht am Strand, sondern immer ein Stück weiter draußen im Meer, hinter den Sandbänken, auf die Ochsen warteten. Wurden sie von einem Weststurm auf die Seite gedrückt, dann konnten sie bei Hochwasser tatsächlich unsichtbar sein.
Jutta Armina zog eine drollige, verächtliche Schnute.
» Total unsichtbar!«
Am fünften April traf die Herde von Oluv Janszen am Verladeplatz ein, lediglich hundertfünfzig Tiere, und jeder hatte Verständnis für die Wut des Käufers. Es waren wandelnde Gerippe, wie sich herausstellte, beinahe zu schwach,ihr eigenes Gewicht zu tragen. An diesem Abend, beim Abwaschen, gaben die Köchin und Jutta Armina Elsje zu verstehen, daß sie bestens informiert waren über die Beschlüsse ihres Herrn.
»Zwei Drittel der Lieferung hat er rundheraus verweigert.«
»Die können Sie sich in Ihren verehrten Arsch stecken, hat er zu dem mitreisenden Kommissionär gesagt.«
»Der Rest sieht ein bißchen besser aus.«
»Ein bißchen, ja, aber noch immer zu schwach für einen Balken unter dem Bauch.«
»Ich hab’ gehört, er hat ein Schiff mit großem Laderaum gechartert.«
»Die müssen liegen, nicht wahr, diese Viecher. Die kann man wirklich nicht sechs Tage oder so aufgebockt auf einem Stück Holz stehen lassen.«
»Ein Laderaum, größer als der seiner eigenen Schiffe.«
»Damit sie sich wie in einem Stall hinplumpsen lassen können, querschiffs auf einer Schicht Stroh, und sich dann auf See herrlich erholen.«
»Seine Schiffe fahren also nicht, oder?«
»Jedenfalls nicht in die berühmte Stadt Amsterdam.«
Jutta Armina, die mit einem Stück Seife langsam über eine Bürste fuhr, drehte sich zu Elsje um. Einen Augenblick lang sahen sich die beiden Mädchen unergründlich an. Dann zog die eine ein Gesicht, das besagte: Wetten, daß alles mit meiner Seereise klappt? Und die andere: Wette angenommen.
Der Sturm war gekommen, der Sturm war gegangen. Drei Tage später segelte der Enkhuizer Schiffer Jan de Veth mit seiner Schmack auf die Nordsee hinaus, entlang den Inselnvor der jütländischen Küste nach Südsüdwest, das heißt in der Absicht, die Deutsche Bucht abzuschneiden. Auf der Hinreise hatte er Steinplatten und Dachpfannen befördert, jetzt, auf dem Rückweg nach Hause, bestand die Ladung aus fünfzig Ochsen, die laut Vertrag wie kränkelnde Prinzen zu versorgen waren, Befrachter Oluv Janszen hatte für die Eier und das Bier einen Zuschlag gezahlt.
Wegen des mitfahrenden Gastes, einem Mädchen, hatte es zunächst ein bißchen Theater gegeben.
»Geht nicht, wir sind auch so schon total voll.«
Der holländische Schiffer und Oluv Janszen waren sich auf dem Stück des Strandwegs gegenübergestanden, an dem im Morgengrauen eine Szene aus dem vom Teufel besessenen Teil der Erde aufgeführt wurde, man kann es nicht anders sagen. Niedrigwasser, das heißt: fiebrige Hektik. Ungefähr dreißig Männer aus dem Städtchen hatten sich zur Verfügung gestellt, um die Tiere, die fast eine Woche in Scheunen und Ställen eingesperrt gewesen waren, schnellstens über die Sandbänke in die Schiffe zu jagen, bevor die Flut wiederkam.
»Kein Platz, wirklich nicht«, hatte der Holländer gesagt, machte dann jedoch, als er schräg an der Gestalt Oluv Janszens vorbeisah, eine resignierte Gebärde.
Elsje Christiaens. Die ihn mit der Art von ruhigem, leerem Blick musterte, für den ein Mann (wie der Enkhuizer Schiffer) nicht unempfänglich bleiben konnte. Die kleine Reisekiste zu ihren Füßen, machte sie ein Gesicht, als gebe es den Trubel ringsherum zwar, auch in ihrer Wahrnehmung, aber als betreffe er sie nicht. Die Ochsen waren bereits alle am Strand zusammengetrieben. Ihre Muskeln zitterten unter dem Schlabberfell. Von ihren Quälgeisternangefeuert, stürzten sie sich zu Dutzenden gleichzeitig ins Meer. Das Niedrigwasser reichte ihnen noch immer bis zur Brust, zum
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