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Maler und Mädchen - Maler und Mädchen

Titel: Maler und Mädchen - Maler und Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Hals, und bei ein paar Kleinen bis zur Nase, dann hieß es schwimmen. Das Gebrüll, mit dem sie etwa hundert Meter weiter auf die Sandbänke kletterten, tönte zurück zum Strand und zu den Hafengebäuden am Wegrand, die es verstärkt in der ganzen Umgebung widerhallen ließen, was die Ochsen, die noch nicht an der Reihe waren, wiederum verrückt machte. Im Dämmerlicht konnte man erkennen, daß längst nicht alle Tiere es schafften, über die Laufplanke an Bord eines Schiffes zu gelangen, doch was genau die Knechte in so einem Fall mit Gurten und Winden anstellten, ließ sich vom Strand aus kaum verfolgen.
    Der Holländer war bereits wieder in dem Trubel verschwunden. In Ordnung, sie durfte mitfahren, doch von dem Preis in Höhe von zweieinhalb Talern für eine Strohmatratze und zwei, vielleicht drei Mahlzeiten pro Tag wich er nicht ab. »Braucht sie eine Quittung?« hatte er Oluv Janszen noch gefragt.
    Nein, besten Dank, und so trat die junge Dänin den letzten Teil der Reise in die Stadt ihres Lebens an. Leb wohl, leb wohl, du Land, das ich, wenn alles gutgeht, nie mehr wiedersehen werde! Es wurde eine Etappe mit Nordwestwinden, schwankenden Laternen bei Nacht und dem Gestank nach Mist, der sich durch die Decksluken, die wegen der lebenden Ladung immer geöffnet bleiben mußten, mit der Seebrise vermischte. Wahnsinnig? Vielleicht. Als sie zu der wartenden Schmack gerudert wurde, hatte die Flut bereits wieder eingesetzt, die Treiber wateten bis zu den Achseln zwischen der schwimmenden Herde, und außer ihr selbst befand sich auch noch ein toll gewordener Ochse in derSchaluppe, ein Tier, das, keine Armlänge über ihrem Kopf, nach Luft oder sonst etwas schnappte.
    Ohne die geringste Verwunderung hat sie den Schiffsbug vor sich auftauchen sehen. Nach einem Händepaar gegriffen. Mitsamt ihrem Gepäck hat sie sich unter dem Ochsen hindurch hochziehen lassen und ist die Laufplanke hinaufgesprungen. Ein wahnsinniges Geschehen, das sich, in verschiedene kleine Tatsachen dosiert, derart logisch verhält, wird von einem Menschen schon sehr bald als völlig normal betrachtet.
    »Laß mich das machen!« rief sie am Ende desselben Vormittags einem verwilderten Jungen zu, den sie schon ein paarmal dabei beobachtet hatte, wie er ein Ei in seiner Hand zerdrückte.
    Der Junge blickte auf. Im Luk des Oberdecks sah er ein Mädchen, das den Blick sehr interessiert von ihm zu den Ochsen wandern ließ, die in zwei Reihen beiderseits eines Laufgangs bequem im Stroh lagen.
    Er zuckte mit den Achseln.
    »Na gut.«
    Für fünfzig sich zusehends erholende Tiere zu sorgen, die willens sind, alt zu werden, ist natürlich eine schöne, angenehme Arbeit. Oluv Janszen hatte drastische Maßnahmen ergriffen, um seine Ware in Kürze auf dem Mageren Tiermarkt an der Elandsgracht noch einigermaßen zu Geld machen zu können. Elsje fühlte sich auf Anhieb wohl im Laderaum. Sie half, das Brot zu verteilen, die Raufen mit Hafer zu füllen, Eier über Eimern mit Bier aufzuschlagen und die Plempe danach den Tieren zu geben, die davon nicht nur wuchsen, sondern auch in einen Rausch versetzt wurden, der sie vergessen ließ, daß ihr Stall ein Stall auf dem wohlgefährlichsten Meer der Welt war. Auch Elsje machte sich über diesen Punkt keine Gedanken. Wenn die Knechte am Ende des Tages den Mist über Bord gekippt hatten, eine Runde mit den Ochsen mittranken und zu singen begannen, schienen das knarrende Schiff und der Wind, in dem man schon den Frühling riechen konnte, ihr die besten aller Vorboten einer erträumten, aber doch auch schon nachdrücklich existierenden Zukunft zu sein.
    »Was habt ihr da gesungen?« fragte sie den verwilderten (einst mit einem Jahr als Findelkind ausgesetzten) Jungen nach der dritten Nacht.
    Er antwortete nicht gleich. Er riß die Augen auf, im Gesicht den Ausdruck eines Geschöpfs, das weiß, daß man, wenn einem die Welt befiehlt, zu beißen, zu schlagen, zu essen oder sich zusammengerollt schlafen zu legen, das auf jeden Fall tun muß.
    Auch Elsje sperrte die Augen auf, ganz und gar Ohr. Im Dunkel der vergangenen Nacht, auf ihrem Strohsack neben dem Sägenschrank, hatte sie einen leisen Stimmenchor einen Gesang anstimmen hören, der sehr verhalten begann und im weiteren Verlauf immer höher und lauter wurde. Sie hatte die holländischen Worte nicht verstehen können, doch sie hatten sie traurig gemacht.
    »Wir singen das immer unterwegs«, sagte der Junge, ein Jütländer wie die beiden anderen Ochsenknechte. Und nach

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