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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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daß wir in
     La Roque danach Ausschau halten müßten, wenn wir die Kuh hinbringen. Dann kommt die Menou auf ihr Lieblingsthema – das nahe
     Ende der Falvine – zurück und beschreibt es mir im voraus als gräßlichen Erstickungstod infolge Prasserei.
    Ich führe Malabar fertig gesattelt aus der Box und mache, um dieser Leichenschwelgerei Einhalt zu gebieten, darauf aufmerksam,
     daß die Falvine in Sicht ist. Jacquet hat in der Nachbarbox alles mit angehört, wird aber seiner Oma nichts wiedererzählen,
     das weiß ich. Und da kommt Falvine wirklich schon angetrudelt, um mir ihren Feuereifer bei der Arbeit zu beweisen, aber zugleich
     auch noch ein Schwätzchen mit mir zu machen, bevor ich aufs Pferd steige. Sie jammert nach den Begrüßungsformeln über das
     Wetter, und ich jammere mit. Seit der Bombe: grauer, kalter Himmel, kein Regen, kein Sonnenstrahl. Wenn das so weitergeht,
     sagt die Falvine, ist das der Tod für alles. Recht unnütze Reden, denn hundertmal am Tage denkt jeder von uns an die Sonne,
     die nicht da ist, und an den Regen, der nicht kommt. Seit dem Tag des Ereignisses unsere ständige Angst.
    |255| In diesem Augenblick taucht die Menou auf und befiehlt ihr in barschem Ton, melken zu gehen. Die Noiraude habe ich besorgt,
     sagt sie im gleichen Ton zu Falvine, aber die Princesse nicht. Und denk daran, daß du ihr, wegen Prince, nicht mehr als zwei,
     drei Liter abnimmst. Ich will jetzt zu Fulbert. Und mager und voll Verachtung geht die Menou davon. Ich sehe, wie sich dieses
     dünne, sehr dünne Bündelchen Knochen zum Bergfried hin entfernt, und wüßte gern, welche Vergehen, außer ein paar kleinen Gemeinheiten
     gegen Falvine, die Menou wohl zu bekennen haben mag.
    Die Falvine, vom Laufen noch völlig außer Atem, folgt meinem Blick.
    »Die Menou«, sagt sie, »da ist wenig dran, wenn du’s überlegst. Vierzig Kilo, reichlich gerechnet. Der ganze Körper ein Nichts,
     sozusagen. Angenommen, sie wird krank und der Doktor (welcher Doktor?) setzt sie auf Diät, wovon wird sie zehren? Dazu kommt,
     daß sie nicht eben jung ist. Sechs Jahre hat sie mehr drauf als ich, und sechs Jahre, das zählt in unserm Alter. Ich wollte
     es dir nicht sagen, Emmanuel, aber seit ich in Malevil bin, finde ich schon, daß sie abgebaut hat. Sie hat Momente, wo sie
     weggetreten ist, die Menou. Merk dir, was ich dir sage, die nibbelt zuerst mit dem Kopf ab. Neulich, weißt du, da hab ich
     ein bißchen Konversation mit ihr gemacht, und gleich hab ich gemerkt, die ist gar nicht da, wo sie mir doch nicht mal geantwortet
     hat.«
    Unter dem Vorwand, Malabar ein wenig umherführen und vor dem Reiten lockern zu wollen, habe ich die Falvine während ihrer
     Rede von der Maternité entfernt, denn der Momo, der petzt nämlich. Das ist sogar sein Lieblingsspiel. Er petzt und schmückt
     dabei aus oder macht alles schlimmer, und indessen lauert sein schwarzes glitzerndes Auge gespannt auf das Mißvergnügen bei
     seinem Gesprächspartner. Ich aber werde nicht mit dem Kopf zuerst abnibbeln: Ich höre der Falvine zu, und daß ich zuhöre,
     bezeuge ich durch leichtes Knurren. Es ist nicht das erstemal, daß mir von unseren beiden Meninas jede den Hingang der anderen
     ankündigt. Anfänglich belustigte es mich. Und jetzt, muß ich sagen, stimmt es mich traurig. Der Mensch, denke ich, ist ein
     sonderbares Tier, wenn es ihm so leichtfällt, seinem Nächsten den Tod herbeizuwünschen.
    Als ich, immer noch Malabar an der Hand, vom Torbau wieder |256| gegen den inneren Burgwall hinaufsteige und Falvine zu meiner Linken schon keucht, um auf gleicher Höhe zu bleiben, sehe ich
     Miette über die Zugbrücke gehen und auf mich zukommen. Die vierzig Meter, die jeder von uns zurückzulegen hat, bis wir einander
     begegnen, sind ein guter Moment. Miette trägt eine ausgebesserte und zerknitterte, aber saubere und ansprechend geschwellte
     Hemdbluse von verblichenem Blau und ein ebenso geflicktes blaues Wollröckchen, das über dem Knie endet und nackte Beine sehen
     läßt, die in kleinen schwarzen Gummistiefeln stecken. Beine und Arme sind nackt, robust und gerötet. Miette ist nicht kälteempfindlich,
     denn ich trage einen Rollkragenpullover zu meiner alten Reithose und fange gerade erst an, warm zu werden. Ihr üppiges Haar,
     dem ihrer Großmutter so ähnlich, aber tiefschwarz, fällt in breiten Wogen über ihre Schultern, und ihre sanften Augen, aus
     denen animalische Unschuld leuchtet, blicken mich voll zärtlicher Neigung an,

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