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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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des Gefangenen werden sichtbar. Sie blinzeln heftig und beruhigen sich erst allmählich. Dann schaut er mich an,
     schaut die Gefährten an, schaut auch die Schalen, den Brotlaib, die Butter an. Seine Augen gefallen mir recht gut. Auch sein
     Betragen gefällt mir. Er hält sich tapfer. Er ist bleich, aber nicht verfallen. Die Lippen sind trocken, aber die Züge beherrscht.
    »Hast du Durst?« frage ich in möglichst unbeteiligtem Ton. »Ja.«
    »Was möchtest du? Wein oder Milch?«
    »Milch.«
    »Möchtest du essen?«
    Zaudern.
    »Möchtest du essen?« wiederhole ich.
    »Gern.«
    Er hat mit leiser Stimme gesprochen. Er hat Milch dem Wein vorgezogen. Er ist also kein Bauer, wenn ich auch meine, daß er
     nicht weitab vom Ackerboden einzuordnen ist.
    Ich gebe der Menou einen Wink. Sie gießt ihm eine Schale voll und schneidet ihm eine Scheibe Brot ab, die merklich dicker
     ist als jene, die sie dem alten Pougès hingeworfen hat. Wie ich schon erwähnte, hat sie eine Schwäche für schöne Burschen.
     Und der Gefangene mit seinen schwarzen Augen, dem schwarzen Haar und seinem ebenfalls schwarzen Spitzbärtchen, das sich von
     der matten Haut abhebt, ist hübsch. Auch kräftig bei aller Schlankheit. Denn die Menou schätzt den Mann auch in Beziehung
     auf Arbeit ein.
    Sie streicht Butter auf seine Scheibe Brot und reicht sie ihm. Als das Butterbrot vor ihm liegt, wendet sich der Gefangene
     halb um, schaut die Menou an, um ihr ein leichtes Sohneslächeln zukommen zu lassen, und sagt ihr mit Rührung danke. Mein Urteil
     über ihn steht fest, wiewohl ich mich auch weiterhin noch in Frostigkeit und Vorsicht hülle. Und an dem Blick, den Colin mir
     zuwirft, kann ich erkennen, daß er ganz mit mir übereinstimmt, was mir noch mehr Auftrieb gibt.
    Die Menou trägt auf, und wir essen in tiefem Schweigen. Ich sage mir, hätte der kleine Bursche, den ich abgeknallt habe, unserem
     Gefangenen Hilfestellung geleistet, wäre es dieser gewesen, der jetzt mit zertrümmertem Schädel daläge. Das ist ein |412| blödsinniger, müßiger Gedanke, der keinem nützt und den ich verscheuche, weil er mich nicht froh macht. Aber er kehrt während
     des Frühstücks mehrmals zurück und verdirbt es mir.
    Der Gefangene ist fertig. Er legt seine Hände auf den Tisch und wartet ab. Das Essen hat ihm gutgetan. Er hat Farbe auf den
     Wangen. Und er sieht sonderbarerweise so aus, als wäre er froh, bei uns zu sein. Froh und erleichtert.
    Ich frage ihn aus. Er antwortet sofort, ohne im geringsten zu zaudern oder etwas zu verheimlichen. Mehr noch: Er ist offensichtlich
     zufrieden, daß er mich informieren kann.
    Wir sind es weitaus weniger, als wir erfahren, mit wem wir es zu tun haben: mit einer siebzehn Mann starken Truppe, befehligt
     von einem gewissen Vilmain, der sich für einen ehemaligen Offizier der Fallschirmjäger ausgibt. Die Bande ist streng gegliedert
     in Altgediente und Neue, wobei die Neuen die Sklaven sind. Eiserne Disziplin. Dreierlei Strafen: Stockschläge, Kerker ohne
     Essen und Trinken, Erdrosselung vor versammelter Truppe. Vilmain verfügt über eine Panzerfaust mit einem Dutzend kleiner Granaten
     und über etwa zwanzig Gewehre.
    Hervé Legrand, so heißt der Gefangene, erzählt uns, auf welche Weise er rekrutiert worden ist. Vilmain hatte sich seines Dorfes
     im Südwesten von Fumel bemächtigt. Er hatte beim Angriff Verluste und wollte sie ersetzen.
    »Uns, René, Maurice und mich, hat man aufgegriffen. Man hat uns auf den Dorfplatz gebracht. Und Vilmain hat René gefragt:
     Bist du einverstanden, in meine Truppe einzutreten? René hat nein gesagt. Sofort haben ihn die Brüder Feyrac auf die Knie
     geworfen, und Bébelle hat ihn erwürgt.«
    »Bébelle, ist das eine Frau?«
    »Nein. Nicht eigentlich.«
    »Beschreibung?«
    »Eins fünfundsechzig groß, langes blondes Haar, zartes Gesicht. Zarter Körperbau. Füße und Hände klein. Verkleidet sich gern
     als Frau. Zum Täuschen ähnlich.«
    »Und Vilmain, der täuscht sich?«
    »Ja.«
    »Er ist nicht der einzige?«
    »O doch.«
    »Die Jungs haben Angst vor Vilmain?«
    »Angst haben sie vor allem vor Bébelle. Er ist sehr geschickt |413| mit seinem Messer«, fügt Hervé hinzu. »Von allen Altgedienten wirft er es am besten.«
    Ich blicke ihn an.
    »Wie wird man altgedient, wenn man neu ist?«
    »Ich zitiere dir Vilmain: niemals durch das Dienstalter.«
    »Wie dann?«
    »Indem man freiwillig Aufträge übernimmt.«
    »Und deshalb hast du dich erboten, Malevil

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