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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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bis zur Sohle ein echter kleiner Soldat!
     Also, ich lasse dich allein!«
    Dieses Mädchen ist nicht zu fassen. Die Tür knallt zu. Ich bin vor den Kopf geschlagen, beschämt, entzückt. Ich werfe mir
     mein Badetuch um den Hals und steige eine Etage tiefer, um mich abzubrausen und meine Gedanken zu klären. Doch als ich mit
     dem Duschen fertig bin, sind meine Gedanken nicht klarer geworden. Und im Grunde ist es mir auch gleichgültig. Eines ist sicher:
     Ich habe eine Stunde lang nicht an Vilmain gedacht, und ich fühle mich wieder gestrafft, zuversichtlich, voll Optimismus.
    Auf dem Bauplatz werde ich von den Männern mit vollkommener Natürlichkeit empfangen, nicht aber von den Frauen. Die nämlich
     haben verstanden. Und wer weiß, vielleicht haben sie mich im Verdacht, daß ich, um die Angelegenheit zu erleichtern, Thomas
     an die Straße auf Vorposten geschickt habe, während ich doch gerade damit nichts zu tun habe: Meyssonnier hat ihn dort eingesetzt.
    Der erste Blick, dem ich begegne, kommt von Evelyne. Er ist, so blau ihre Augen sind, schwarz. Dann von Falvine, aufgeregt
     und mitwissend. Von Menou, die den Kopf schüttelt und ein sehr abfälliges Selbstgespräch
sotto voce
führt, das sie aber unglücklicherweise nicht bis zu mir dringen lassen kann, sonst |424| wäre es auch von Evelyne vernommen worden. Der einzige Blick, dem ich nicht begegne, ist der von Miette, und daß er ausbleibt,
     beunruhigt mich.
    Catie hält einen Plastesack auf, und Miette wirft mit einer kleinen Müllschaufel Sand hinein. Catie hat eine siegessichere
     und lässige Art, diesen Sack weit offenzuhalten, während Miette wie eine Sklavin arbeitet, eine Sklavin, die stumm und überdies
     blind ist, denn ich gehe in zwei Schritt Entfernung an ihr vorüber, ohne daß sie den Blick hebt und ohne daß ich, wie üblich,
     ihr liebreizendes Lächeln empfange.
    »Hast du gut geschlafen, Emmanuel?« fragt Catie mit unbekümmerter Schamlosigkeit.
    Sie tut es absichtlich! Gern würde ich ihr grob erwidern. Gern wollte ich ihr zeigen, daß sie sich nicht vor den andern damit
     brüsten darf, mich »gehabt zu haben«, wie sie sagt. Gern auch wollte ich sie merken lassen, daß ich ihrer Schwester meine
     Vorliebe wenigstens teilweise bewahre. Aber Caties Blick stört mich, weil er beharrlich Erinnerungen zurückruft, die ihre
     Wirkung auf mich nicht verfehlen. Ich wende den Kopf ab.
    »Guten Tag, ihr beiden«, sage ich, eher linkisch.
    Catie lacht, und Miette reagiert nicht. Bisher war sie stumm und blind. Nun haben wir sie außerdem noch taub. Und ich fühle
     mich so schuldig, als hätte ich sie verraten. Man könnte meinen, ich hätte sie des neuen Wertes, den ich ihrer Schwester beimesse,
     beraubt.
    Ich gehe durch das Portal des Torbaus hinaus und finde mich unter den Männern wieder. Hier ist die Welt einfacher. Man denkt
     nur an das, was man tut. Man hat nur das Ziel im Sinn. Mit Dankbarkeit betrachte ich sie, die ganz mit ihrer Arbeit beschäftigt
     sind.
    Diese steht vor dem Abschluß, der äußerst langwierig und mühselig ist. Der letzte Meter der drei Meter hohen Mauer befindet
     sich im Bau. Peyssou und Jacquet müssen die Leitern, jeder einen Block auf den breiten Schultern balancierend, den Fuß schwer
     auf jede Sprosse setzend, bis zur oberen Kante hochsteigen. Nur Peyssou und Jacquet sind zu solcher Leistung imstande. Colin
     hilft der Reihe nach unseren beiden Herkulessen, einander die Steine auf den Nacken zu laden. Meyssonnier hingegen, der, wie
     es scheint, für diese Aufgabe nicht die Geschicklichkeit Colins mitbringt, ist zur Arbeitslosigkeit verurteilt, |425| denn jetzt liegen an der Baustelle schon ausreichend Blöcke zur Fertigstellung der Mauer.
    Ich schlage ihm vor, mit mir auf Streife zu gehen. Vorher aber will ich die Menou bitten, mir ein bis zwei Meter Nähgarn zu
     geben.
    »Es ist bloß, daß ich nur wenig habe«, sagt sie zu mir, und ihr tiefliegendes Auge ist noch geladen von Vorwürfen. »Und wenn
     ich auch mehr hätte, wie wirst du es mir ersetzen?«
    »Los, Menou, ich brauche nur ein, zwei Meter, und das nicht zum Spaß!«
    Brummiger denn je wendet sie sich der Küche im Torbau zu, und ich bin so unvorsichtig, ihr zu folgen, denn dort, wo ich außer
     Hörweite der anderen bin, bekomme ich außer dem schwarzen Garn, das sie unendlich lange für mich sucht, auch noch meine Abreibung.
    »Mein armer Emmanuel«, sagt sie mit einer Kollektion von Seufzern, die alle geheuchelt sind, denn in Wirklichkeit

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