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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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aus, uns die unerbittlichen
     Gesetze primitiver Kriegerstämme einzutrichtern.
    Als ich wieder aus dem Materiallager komme, treffe ich Meyssonnier, der meinen Anschlag bringt. Ich nehme ihn. Er ist prächtig
     ausgefallen. Sogar kunstvoll. Meyssonnier hat einen Sperrholzrand rings um das Zeichenblatt stehengelassen. Während wir in
     den äußeren Burghof zurückgehen, überlese ich meine Proklamation. Plötzlich spüre auch ich, daß mir etwas mulmig wird. Es
     ist ohne Bedeutung. Es wird vorübergehen.
    Sobald wir an die Gruppe herankommen, fragt Catie mich, was auf dem Brettchen steht, und damit alle es lesen können, halte
     ich es am gestreckten Arm vor mich hin. Auch Colin tritt näher.
    »Was? Sie sind Geistlicher?« fragt Hervé erstaunt, und daß er auf einmal »Sie« zu mir sagt, löst Lächeln aus.
    »Ich bin zum Geistlichen von Malevil gewählt worden, aber du darfst weiterhin du zu mir sagen.«
    »Nun gut«, sagt Hervé und hat seine Sicherheit wiedergefunden. »Du hast recht getan, das zu Papier zu bringen. Es gibt Burschen
     bei der Bande, auf die es Eindruck machen wird. Und du hast auch recht getan, Vilmain für vogelfrei zu erklären. Das ist genau
     richtig, damit dieser Dreckskerl seine Erpressungen nicht als legal hinstellt, indem er sich auf seinen Dienstgrad bei der
     Armee beruft.«
    Beide Bemerkungen machen mir Freude. Sie bestätigen mir, was ich dachte: daß in den anarchischen Zeiten, in denen wir leben,
     nur Gewalt zählt. Im Gegensatz zu dem, was man annehmen könnte, bleiben ein Dienstgrad, ein Titel, eine Funktion weiterhin
     von Gewicht. In dem allgemeinen Chaos klammern sich die Menschen an das, was von der untergegangenen Ordnung noch übrig ist.
     Der geringste Schein von Legalität fasziniert sie. Also habe ich Vilmain einen empfindlichen Schlag versetzt, indem ich ihm,
     auf dem Papier wenigstens, seine Offizierslitzen abgerissen habe.
    »Catie, du wirst uns, alle fünf, durch das Schlupfloch hinauslassen. Und dann bleibst du während der ganzen Zeit, die wir
     draußen sind, in der Nähe des Torbaus. Du, Falvine, wirst Peyssou mitteilen, daß wir hinausgehen. Er ist mit Maurice im Weinkeller.«
    |462| »Sofort?« fragt die Falvine, ohne sich zu erheben und mit dem noch unberührten Huhn auf den Knien.
    Catie lacht, dreht ihren jugendlichen Körper mit der dünnen Taille übermütig herum und schaut ihrer Großmutter nach, wie sie
     zitternd wie ein Pudding davongeht.
    Als wir alle draußen auf der Straße sind, gehe ich mit Meyssonnier rasch voraus und gebe ihm mit leiser Stimme meine Instruktionen.
     Er soll auf dem Hügel neben den Sept Fayards ein Schützenloch mit guten Ausblicken auf die Palisade graben lassen.
    Er ist einverstanden. Ich lasse ihn mit Hervé und Jacquet zurück und schlage mit Colin den Abkürzungsweg durch den Wald ein.
     Ich gehe vor Colin her und empfehle ihm, in meinen Fußtapfen zu bleiben, denn wenn ich meine Zweige noch zusammengebunden
     finde, möchte ich einen Umweg durch das Gebüsch machen, um sie nicht zu zerstören.
    Ich finde sie sämtlich wieder. Also hat der Gegner die Abkürzung durch den Wald, die nach La Roque führt, nicht entdeckt.
     Das hatte ich mir, aus Gründen, die ich alle erwähnt habe, so vorgestellt. Ich bin zufrieden, mich davon überzeugt zu haben.
    Bleibt noch der zweite Teil meiner Aufgabe. Das letztemal, als ich auf der Landstraße nach La Roque ritt, hatte ich zwischen
     zwei Hügeln eine sehr enge Stelle bemerkt und beiderseits der Straße, einander gegenüber, zwei verkohlte Baumstämme. Es ist
     meine Absicht, den mitgebrachten Draht zwischen den beiden Stämmen zu spannen und daran die für Vilmain bestimmte Proklamation
     aufzuhängen. Leider ist es zu Fuß, selbst auf dem Abkürzungsweg, ziemlich weit. Ich höre Colin sich hinter mir abmühen und
     keuchen, und plötzlich erinnere ich mich mit Bedauern daran, daß er die letzte Nacht im Bunker verbracht und wenig geschlafen
     hat. Ich drehe mich um.
    »Macht dir die Pumpe zu schaffen?«
    »Ein wenig.«
    »Noch eine halbe Stunde, geht das? Sobald ich meinen Anschlag aufgehängt habe, machen wir Pause.«
    »Mach dir doch nichts draus«, sagt Colin stirnrunzelnd und schiebt den Unterkiefer vor.
    Obwohl er über die Vierzig hinaus ist, finde ich ihn recht |463| kindlich, wenn er so ein Gesicht zieht. Ich hüte mich wohl, es ihm zu sagen. Er legt großen Wert auf seine Männlichkeit, vielleicht
     nicht in dem pompösen Stil Peyssous, aber eigentlich ganz genauso.
    Es

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