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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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der Angeklagte sprechen soll. Er wird sogar so lange sprechen, wie er will.«
    Nun geschieht etwas Unerhörtes: Hervé bekommt von der guten Hälfte der Einwohner Beifall. Freilich, da er neu in der Bande
     ist und nicht, wie seine Kumpane, an den »Schlechtig keiten « teilgenommen hat, deren sie Gazel bezichtigt, haben sie keine Beschwerden gegen ihn. Aber trotzdem, einem Mann Vilmains
     zu applaudieren! Es herrscht völliges Durcheinander.
    »Das ist nicht zu fassen!« schreit Fulbert, die Fäuste ballend, |509| mit hervortretenden Schielaugen. »Du verstehst nicht, daß du dich zum Komplizen der Rebellen und Verschwörer machst, wenn
     du diesem Individuum das Wort erteilst. Aber daraus wird nichts! Du bist gewarnt, ich werde dich deinem Chef melden, und er
     wird dich bestrafen!«
    »Das sollte mich wundern«, sagt Hervé mit solcher Gemütsruhe, daß ich mich frage, ob er nicht allzu stark aufträgt und Fulbert
     nicht begreifen wird. »Jedenfalls«, fährt er fort, »was gesagt ist, ist gesagt, der Angeklagte hat das Wort.«
    »In diesem Fall«, schreit Fulbert, »werde ich ihn nicht anhören. Ich werde nach Hause gehen und warten, bis Vilmain eintrifft!«
    Er steigt die Stufen hinunter und geht unter den Schmährufen der Opposition mit großen Schritten durch den Mittelgang auf
     das Tor im Hintergrund zu. Das ist nun keineswegs in meinem Sinne. Ohne Fulbert könnte kein Gegenprozeß stattfinden.
    »Hast du solche Angst vor dem, was ich sagen werde, daß du nicht einmal den Mut hast, mich anzuhören?« rufe ich mit lauter
     Stimme hinter ihm her.
    Er bleibt stehen, dreht sich auf der Stelle um und wendet mir das Gesicht zu.
    »Es ist Viertel nach fünf. Vilmain hat gesagt, er wird um fünf Uhr dreißig hier sein«, fahre ich mit schwungvoller Stimme
     fort. »Ich habe also nur noch eine Viertelstunde zu leben, und selbst während dieser letzten Viertelstunde hast du solche
     Angst vor mir, daß du wie ein alter Lappen zitterst und dich davonschleichst, um dich unterm Bett zu verkriechen, bis dein
     Herr und Meister da ist! Wohlgemerkt: unter dem Bett! Nicht einmal im Bett!«
    Hervés Verhalten hat Fulbert mit Besorgnis erfüllt. Ich beruhige ihn, indem ich ihm ankündige, Vilmain werde in einer Viertelstunde
     hier sein. Ich versetze ihm auch einen Seitenhieb, indem ich ihm Feigheit vorwerfe. Gewiß, feige ist er nicht, ich habe es
     schon gesagt. Aber in seiner Stärke gibt es eine Schwäche. Wie alle mutigen Menschen erfüllt ihn sein Mut mit Eitelkeit. Ich
     rechne damit, daß er auf meine Provokation mit Herausforderung reagiert.
    Bleich, steif, mit eingefallenen Wangen und fiebrigen Augen bleibt er stehen.
    »Du kannst«, sagt er verächtlich, »soviel Albernheiten von |510| dir geben, wie du willst. Sie stören mich nicht. Nutze das aus, solange du kannst.«
    Sofort fange ich den Ball auf.
    »Ich werde es vor allem ausnutzen, um deine Anklagen zunichte zu machen. Vor allem, was Catie betrifft. Ich habe sie nicht
     mißbraucht, wie du zu behaupten gewagt hast, und ich habe sie nicht gekidnappt. Das ist reine Erfindung. Freiwillig und mit
     dem Einverständnis ihres Onkels (Das ist richtig! ruft sofort Marcel, den ich nun nicht mehr zu kompromittieren fürchte) ist
     sie ihre Großmutter in Malevil besuchen gekommen, hat sich dort in Thomas verliebt und ihn geheiratet. Was dich sehr verärgert
     hat, Fulbert, weil du sie zu deinem Dienstmädchen im Schloß machen wolltest.«
    Es gibt Hohngelächter, und Fulbert protestiert: »Das ist völlig unwahr!«
    »Entschuldigen Sie schon«, sagt sofort eine kleine, massige Frau von etwa fünfzig Jahren, ohne ums Wort zu bitten.
    Sie steht auf. Es ist Josepha, die Haushälterin vom Schloß. Als Portugiesin im Prinzip wenig geschätzt (die Leute in La Roque
     sind Rassisten), aber in der Tat ziemlich beliebt, weil sie rasch mit der Zunge ist und »dir alles geradeheraus sagt, wenn
     sie etwas auf dem Herzen hat«.
    Josepha ist keine Schönheit: untersetzt, hängebackig und dickbrüstig. Doch mit ihren robusten weißen Zähnen, ihrem starken
     Unterkiefer, ihren sehr lebhaften schwarzen Augen und ihrer üppigen Mähne macht sie einen ansprechenden Eindruck von tierischer
     Vitalität.
    »Entschuldigen Sie schon!« fährt sie mit einem vulgären, schroffen Akzent fort, der dem, was sie sagt, sichtlich viel Kraft
     verleiht. »Man darf nicht sagen, das ist unwahr, wenn es doch wahr ist! Und wahr ist, daß Monsignore mich nicht mehr haben
     wollte und daß er die Kleine

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