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Malevil

Malevil

Titel: Malevil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Ich hatte sie im Gegenteil befreit. Die Beute aber war beträchtlich und entschädigte mich
     reichlich dafür, daß drei Münder mehr zu ernähren waren: zwei Kühe, eine davon die Marquise, die bald kalben sollte, in voller
     Milchleistung die andere, die wir vorläufig im Etang zurückgelassen hatten, zusammen mit einem Stier, ein Zuchteber, zwei
     Säue (ich zähle nicht das Schlachtgut), zwei- oder dreimal soviel Hühner, als die Menou hatte, und dazu vor allem eine Menge
     Korn, da ja der Wahrwoorde die Gewohnheit hatte, sein Brot selbst zu backen. Seine Wirtschaft galt als arm, weil der Wahrwoorde
     nichts ausgab. In Wirklichkeit gehörten zu ihr mehrere schöne Stücke Land auf dem Plateau in Richtung Cussac, wie ich schon
     sagte. Und an diesem Abend nahm ich nicht einmal den zehnten Teil der Reichtümer des Etang mit nach Malevil. Ich rechnete
     damit, daß wir den ganzen nächsten und übernächsten Tag brauchten und mehrere Fahrten mit den zwei Fuhrwerken würden machen
     müssen, um alles, Sachen und Vieh, heranzuschaffen.
    |199| Merkwürdig, wie das Fehlen des Autos den Rhythmus des Lebens veränderte: Von Cussac nach Malevil benötigten wir im Schrittempo
     eines Pferdes eine Stunde, während ich in meinem Break zehn Minuten gebraucht hätte. Und wie viele Gedanken während dieses
     langsam schlenkernden Wiegens auf der ungesattelten Amarante, deren Wärme und Schweiß ich spürte, während ich hinter mir Miette
     hatte, die beide Arme um meine Taille schlang und ihr Gesicht eng an meinen Nacken und ihre Brüste an meinen Rücken schmiegte.
     Wieviel sie mir schenkte! Und wie besinnlich diese Langsamkeit war! Zum erstenmal seit dem Tag des Ereignisses war ich glücklich.
     Eigentlich nein, nicht vollkommen glücklich. Ich mußte an den Wahrwoorde denken, der nun in der Erde lag, den Mund und die
     Augen voll Sand. Ein listiger Patron! Ein energischer Außenseiter, der nur nach seinem eigenen Gesetz lebte, jedes andere
     ablehnte. Ein Sammler auch von männlichen Tieren. Denn es war ein ausgesprochener Luxus, sich in einer so kleinen Wirtschaft
     einen Eber, einen Hengst und einen Stier zu halten. In einem Landstrich, wo die Landwirte nur noch weibliche Tiere aufziehen,
     wo alle unsere Kühe besamte Jungfern sind, hatte der Wahrwoorde noch Achtung vor dem maskulinen Prinzip. Hier ging es nicht
     bloß um Autarkie. Ich sah darin einen gleichsam religiösen Kult der beherrschenden animalischen Männlichkeit. Wobei er selbst,
     als der Supermann des menschlichen Viehbestands im Etang, alle Frauen der Familie, Schwiegertöchter einbegriffen, von der
     Pubertät an als ihm gehörig betrachtete.
    Wir nähern uns Malevil, und jetzt habe ich Mühe, Amarante zurückzuhalten, die jeden Augenblick in Trab fällt. Doch dieser
     armen Marquise wegen, die mit ihrem dicken Bauch hinter dem Wagen herlaufen muß, halte ich mein Pferd mit fester Hand zurück.
     Gern wüßte ich, was meine Stute von dem heutigen Tag denkt. Entführt, defloriert und in den Schoß der Familie zurückgebracht!
     Wahrhaftig, jetzt weiß ich, warum sie ihrem Räuber gefolgt ist: Sie muß den Geruch des Hengstes an ihm gewittert haben. Und
     nun hat wohl auch Bel Amour in der Maternité unser Näherkommen gewittert, denn ein fernes Wiehern dringt zu uns, dem Amarante
     und – nachdem der Moment der Überraschung vorüber ist (Was! eine zweite Stute!) – auch Malabar mit kräftiger Stimme antworten.
     Der sinkende Abend ist erfüllt von tierischen Gerüchen, die umherziehen, einander rufen und |200| antworten. Wir allein spüren nichts. Wenigstens mit der Nase nicht, denn Miette, die sich mit Schenkeln, Bauch und Brüsten
     an mich drängt, ist mir am ganzen Rücken spürbar nahe. Sobald Amarante zu traben beginnt, schmiegt sich Miette noch enger
     an mich, klammert sie sich mit ihren Händen noch fester an. Vermutlich ist es das erstemal, daß sie ohne Sattel reitet. Sie
     wird es nicht vergessen. Auch ich nicht. Alle diese Rundungen hinter mir sind voll Leben, wogen und halten mich warm. Ich
     fühle mich wohlig geborgen. Wenn ich doch auch wiehern könnte, statt zu denken! Statt im Schoße meines gegenwärtigen Glücks
     die Zukunft zu fürchten.
    Mit den Fackeln gehen sie in Malevil verschwenderisch um. Zwei auf dem Bergfried, zwei in den Schießscharten des Torbaus.
     Mir pocht das Herz, ich blicke zu meiner wundervollen, mächtigen, wohlbehüteten Burg hinauf. Und während wir den steilen Hang
     erklimmen, der uns zu ihr emporführt,

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