Malice - Du entkommst ihm nicht
aussah, stand: Black Dice Comics .
2
Seth stieß die Tür auf. Statt der kleinen bimmelnden Glocke, die er erwartet hatte, empfing ihn gespannte Stille.
Der Laden wirkte alles andere als einladend. Es roch muffig wie in einem Antiquitätengeschäft und die Fensterscheiben waren so verdreckt, dass sie kaum einen Lichtstrahl hindurchließen. Rechts vom Eingang befanden sich drei Regalreihen, in denen ordentlich nebeneinander Hunderte von Comicheften ausgelegt waren. Links war die Ladentheke, hinter der eine Tür halb offen stand.
»Hallo?«, rief Seth.
Der Ladenbesitzer kam aus dem Hinterzimmer und zog die Tür hinter sich zu. Er war unglaublich fett und dabei sicher über ein Meter neunzig groß. Ein Koloss von einem Mann. Sein kahler Schädel war spiegelglatt und er hatte auch keine Gesichtsbehaarun g – nicht einmal Augenbrauen oder Wimpern, was extrem beunruhigend aussah. Er trug eine kurze Weste über einem weißen Hemd und seine graue Anzughose wurde von Hosenträgern gehalten. Als er Seth und Kady sah, verzogen sich seine weichen, fleischigen Lippen zu einem Lächeln, seine Augen blieben dabei jedoch kalt.
»Ich freue mich, euch bei Black Dice Comics begrüßen zu dürfen«, sagte er mit einer hohen Fistelstimme, die so gar nicht zu seinem massigen Körper passen wollte. Sie klang wie die Stimme eines kleinen, lispelnden Mädchens. Er wischte sich mit einem Taschentuch über die Stirn. »Seht euch ruhig um.«
»Danke«, murmelte Seth. Dieser Mann ohne Augenbrauen und mit fettig glänzender Haut, der aussah wie eine unvollendete Wachsfigur, machte ihn nervös.
Die beiden traten hinter die erste Regalreihe, wo Seth seinen Blick rasch über die ausgestellten Comics schweifen ließ und nach Malice Ausschau hielt. Aber irgendetwas sagte ihm, dass er das Heft nicht so einfach finden würde.
»Okay, ein bisschen komisch ist es schon«, gab Kady leise zu. »Ich meine, dass das ausgerechnet ein Comicladen ist.«
»Hier muss er das Heft gekauft haben«, flüsterte Seth. »Wahrscheinlich hat ihm irgendjemand von dem Laden erzählt, er hat die Adresse im Internet gesucht und als er übers Wochenende bei seinem Vater war, ist er hergekommen.«
»Hey, ich habe nicht gesagt, dass ich die Geschichte glaube«, stichelte Kady. »Ich sage bloß, dass ich es komisch finde.«
Aber Seths Herz schlug schneller. Er war sich ganz sicher, dass sie hier am richtigen Ort waren. Um nicht aufzufallen, griff er nach einer Ausgabe von X-Men und begann darin zu blättern.
»Sag mal, was ist mit dem Typ? Wieso sieht der so seltsam aus?«, flüsterte er und nickte in Richtung des Verkäufers, der so tat, als würde er nicht auf sie achten.
»Alopezie«, antwortete Kady wie aus der Pistole geschossen. »Das ist eine Krankheit, bei der einem am ganzen Körper die Haare ausfallen. Sogar die Augenbrauen und Wimpern.« Sie bemerkte seinen verblüfften Blick und zuckte mit den Schultern. »Meine Mutter kauft jede Gesundheitszeitschrift, die es auf dem Markt gibt. Da bleibt zwangsläufig das eine oder andere hängen.«
Seth legte den Comic wieder ins Regal zurück. »Okay. Ich mach’s jetzt einfach.«
»Was denn?«
Aber da war er schon zu der Theke gegangen, hinter der der riesige Mann stand und sofort wieder sein künstliches Lächeln anknipste. Seth wurde das Gefühl nicht los, dass er ihn mit seinen winzigen schwarzen Äuglein fixierte wie ein Hai seine Beute, bevor er sie verschlingt.
»Suchst du was Bestimmtes?«, lispelte der Verkäufer. »Wir haben eine sehr große Auswahl.«
Seth sprach so leise, dass der Mann sich zu ihm hinunterbeugen musste und ihm sein säuerlicher Schweißgeruch in die Nase stieg. »Ich suche die neue Ausgabe von Malice.«
Der Verkäufer taxierte ihn von oben bis unten, und obwohl er dabei nicht aufhörte zu lächeln, kam es Seth vor, als wäre die Temperatur im Laden schlagartig um ein paar Grad gefallen.
»Aber du weißt doch sicher, dass Malice nur ein Gerücht ist. Ein albernes Märchen, das sich auf Schulhöfen erzählt wird.«
»Vielleicht ist es ja auch einfach nur zu riskant, Malice zusammen mit den anderen Comics zu verkaufen«, sagte Seth.
Sein Gegenüber schien ihn nachdenklich zu mustern. Plötzlich war Seth sich hundertprozentig sicher, dass dieser Typ ganz genau wusste, wovon er sprach. Die Frage war nur, ob er es auch zugeben würde. Wenn die Gerüchte über Malice wahr waren, dann musste derjenige, der das Heft verkaufte, sehr vorsichtig sein.
Der Verkäufer betrachtete ihn wortlos,
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