Malloreon 3 - Dämon von Karanda
behalten.«
Als die Sonne höherstieg am leuchtend blauen Winterhimmel in diesem unteren Ende der Welt, löste der Rauhreif sich allmählich von den hohen Halmen toten Grases oder fiel sanft vom Farnkraut und ließ geisterhafte weiße Abdrücke auf den grünen Moospolstern darunter zurück. Sie hielten zum Mittagsmahl an, das ebenso üppig war, wie es in Rak Hagga hätte zubereitet werden können, und es wurde auf makellos weißem Damast unter einem weiten Zeltdach serviert. »Den Umständen entsprechend«, sagte Zakath nach dem Essen kritisch.
»Ihr seid allzusehr verwöhnt, mein Lord«, rügte Polgara ihn. »Ein harter Ritt in strömendem Regen und ein oder zwei Tage karge Verpflegung würden für Euren Appetit wahrscheinlich Wunder wirken.«
Zakath warf Garion einen amüsierten Blick zu. »Ich dachte, nur Ihr seid so, aber diese unverblümte Offenheit ist anscheinend ein Wesenszug Eurer ganzen Familie.« Garion zuckte die Schultern. »Es spart Zeit.«
»Verzeiht mir, wenn ich das frage«, warf Sadi ein, »aber von welchem Interesse kann einem Unsterblichen die Zeit sein?« Er seufzte traurig. »Unsterblichkeit muß einem beachtliche Befriedigung geben – zu sehen, wie seine Feinde alt werden und sterben.«
»Das wird überschätzt«, sagte Belgarath nun und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, einen silbernen Krug in der Hand. »Manchmal vergehen Jahrhunderte, ohne daß man irgendwelche Feinde hat, und dann gibt es nichts zu tun, als zuzusehen, wie die Jahre vorüberziehen.«
Plötzlich lächelte Zakath breit. »Wißt Ihr was?« wandte er sich an alle. »Ich fühle mich besser als in den ganzen letzten fünfundzwanzig Jahren. Als hätte man mich von einer großen Last befreit.«
»Wahrscheinlich eine Nachwirkung des Gifts«, meinte Sammet schelmisch. »Bei genügend Ruhe müßte es in etwa einem Monat vergangen sein.«
»Ist die Markgräfin immer so?« erkundigte sich Zakath.
»Nein«, antwortete Silk boshaft. »Manchmal ist sie schlimmer.«
Als sie unter dem Zeltdach hervortraten, schaute sich Garion nach seinem Pferd, einem robusten Rotschimmel mit langer, schiefer Schnauze um, entdeckte ihn jedoch nirgends. Plötzlich sah er, daß ein anderes Tier, ein sehr großer, dunkelgrauer Hengst seinen Sattel und seine Sattelbeutel trug. Verwirrt blickte er Zakath an, der ihn gespannt beobachtete. »Was soll das?« fragte er ihn.
»Nur ein kleines Zeichen meiner unendlichen Wertschätzung, Garion«, antwortete Zakath mit leuchtenden Augen. »Euer Rotschimmel ist sicher ein brauchbares Tier, nehme ich an, aber doch wahrhaftig nicht majestätisch. Ein König braucht ein königliches Pferd, und ich glaube, Ihr werdet feststellen, daß Chretienne sich jedem feierlichen Anlaß gewachsen zeigen wird.« »Chretienne?«
»So heißt er. Er war der Stolz meines Marstalls hier in Cthol Murgos. Habt Ihr keinen Marstall in Riva?«
Garion lachte. »Mein Königreich Riva ist eine Insel, Zakath. Dort sind wir mehr an Schiffen interessiert als an Pferden.« Er blickte den edlen Grauen an, der den Kopf zurückgeworfen hatte und mit einem Huf die Erde aufscharrte. Und plötzlich überwältigte ihn Dankbarkeit. Er nahm die Hand des malloreanischen Kaisers herzlich in seine. »Das ist ein prächtiges Geschenk, Zakath«, sagte er.
»Natürlich ist es das. Ich bin ja auch ein prächtiger Bursche – oder habt Ihr das noch nicht bemerkt? Reitet ihn, Garion. Spürt den Wind in Eurem Gesicht und laßt den Donner der Hufe durch Eure Adern rollen.« »Nun«, antwortete Garion und versuchte seinen Eifer zu zügeln, »vielleicht sollten er und ich uns wirklich ein bißchen beschnuppern.« Zakath lachte erfreut. »Natürlich!«
Garion näherte sich dem mächtigen Grauen, der ihn ruhig beobachtete.
»Ich glaube, wir werden eine Weile einen Sattel teilen«, sagte er zu dem Hengst. Chretienne wieherte und stupste Garion mit der Nase.
»Er will laufen«, erklärte Eriond. »Ich reite mit dir, wenn es dir recht ist.
Pferd will auch laufen.«
»Gut«, Garion nickte. »Dann wollen wir.« Er griff nach dem Zügel, setzte den Fuß in den Steigbügel und schwang sich in den Sattel. Der Graue rannte, kaum daß Garion saß.
Es war ein völlig neues Gefühl. Garion war viel geritten – manchmal wochenlang mit nicht mehr als Schlafpausen dazwischen. Immer hatte er seine Pferde gut versorgt, wie jeder Sendarer, aber nie zuvor hatte es eine besondere Bindung zwischen ihnen und ihm gegeben. Für ihn war ein Pferd lediglich ein
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