Malloreon 5 - Seherin von Kell
eine schwarzvermummte Gestalt, die, wie es schien, fast abfällig gestikulierte. Eine Kugel weißglühenden Feuers entsprang ihrer Hand, schoß zischelnd über die Wiese und schlug mit einem Knall, wie sie ihn inzwischen mehrmals gehört hatten, gegen die Brust eines der furchterfüllten Grolims. Der Getroffene schrie gellend, griff nach seiner Brust und stürzte ins Gras. »Das erklärt den Krach«, bemerkte Relg.
»Barak«, sagte Hettar leise, »das ist eine Frau auf dem Hügel!« »Bist du sicher?«
»Ich habe sehr gute Augen, Barak, und ich erkenne den Unterschied zwischen einem Mann und einer Frau.«
»Ich auch, aber nicht, wenn sie so völlig von solchen Umhängen bedeckt sind.«
»Paß auf ihre Ellbogen auf, wenn sie das nächste Mal die Arme hebt. Die Ellbogen von Frauen drehen sich anders als unsere. Adara sagt, das hat was mit dem Tragen von Babies zu tun.«
»Habt Ihr Euch gefürchtet, allein zu kommen, Agachak?« rief die Frau auf dem Hügel mit einer Stimme, in der Verachtung schwang. Dann warf sie eine weitere Feuerkugel, und wieder sackte ein Grolim auf den Boden.
»Ich fürchte nichts, Zandramas«, antwortete eine hohlklingende Stimme aus den Bäumen am Wiesenrand.
»Jetzt wissen wir, wer sie sind«, sagte Hettar. »Aber warum kämpfen sie gegeneinander?«
»Zandramas ist eine Frau?« fragte Lelldorin ungläubig.
Hettar nickte. »Das hat Königin Porenn bereits vor geraumer Zeit erfahren. Sie hat die alornischen Könige darüber informiert, und Cho-Hag hat es mir erzählt.«
Fast gleichmütig fällte Zandramas die übrigen drei Grolims. »Nun, Agachak«, rief sie sodann, »tretet Ihr jetzt aus Eurem Versteck, oder muß ich Euch holen?«
Ein großer ausgemergelter Grolim kam zwischen den Bäumen hervor. »Euer Feuer hat auf mich keine Wirkung, Zandramas«, sagte er und ging auf die Vermummte zu.
»Ich dachte nicht an Feuer, Agachak«, schnurrte sie fast. »Dies wird Euer Schicksal sein!« Plötzlich verschwamm sie, und dann stand an ihrer Stelle ein gräßliches Ungeheuer mit langem Schlangenhals und gewaltigen Fledermausflügeln.
»Belar!« fluchte Barak. »Sie hat sich in einen Drachen verwandelt!« Die Drachin spreizte die Schwingen und hob sich in die Lüfte. Der ausgemergelte Grolim wich zurück und hob beide Arme. Ein ohrenbetäubendes Krachen ertönte, und plötzlich war die Drachin in grünes Feuer gehüllt. Die Stimme, die aus dem Drachenmaul erschallte, war jedoch immer noch die von Zandramas. »Ihr hättet Euer Studium ernster nehmen sollen, Agachak, denn dann wüßtet Ihr, daß Torak Drachen gegen Zauber gefeit hat.« Die Drachin schwebte über dem jetzt furchterfüllten Grolim. »Übrigens, Agachak«, sagte sie, »ich habe eine gute Neuigkeit für Euch: Urvon ist tot. Grüßt ihn von mir, wenn Ihr ihn gleich sehen werdet.« Dann schlug sie ihre Krallen in Agachaks Brust. Er schrie einmal gellend, bevor eine plötzliche, rußige Feuerschwade aus dem Drachenmaul schoß und sein Gesicht einhüllte. Und dann biß die Drachin seinen Kopf ab.
Lelldorin entquoll ein würgender Laut. »Großer Chamdar!« krächzte er voll Abscheu. »Sie frißt ihn!«
Ein gräßliches Knirschen und Malmen war zu hören, während die Drachin ihr grauenvolles Mahl verschlang. Schließlich spreizte sie mit einem schrillen Triumphschrei die mächtigen Flügel und brauste gen Osten davon.
»Ist es jetzt ungefährlich, herauszukommen?« fragte eine zittrige Stimme in der Nähe.
»Euch wird gar nichts anderes übrigbleiben!« sagte Barak drohend und zog sein Schwert.
Es war ein sehr junger Thull mit schlammfarbenem Haar und schlaffhängenden Lippen.
»Was macht ein Thull in Mallorea?« fragte Lelldorin den Fremden erstaunt.
»Agachak hat mich mitgenommen«, antwortete der am ganzen Leib heftig zitternde Thull. »Wie heißt Ihr?« fragte Relg.
»Ich bin Nathel, König von Mishrak ac Thull. Agachak sagte, er würde mich zum Oberkönig von Angarak machen, wenn ich ihm bei etwas helfe, das er hier tun wollte. Bitte laßt mich nicht allein.« Tränen strömten über sein Gesicht.
Barak ließ den Blick über seine Freunde schweifen. Ihrer aller Mienen verrieten Mitleid. »Na gut«, sagte er widerwillig. »Dann kommt mit.«
10
W as ist los mit ihr, Tante Pol?« Garion blickte auf Ce'Nedra, die das in eine Decke gehüllte Bündel Lumpen an sich drückte und Koseworte murmelte.
»Das muß ich erst noch herausfinden«, antwortete Polgara. »Sadi, ich brauche etwas Oret.«
»Ist das wirklich klug, Lady
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