Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer
erklärte er: »Das liegt an dem Zigeunerblut und den damit verbundenen Gesichtszügen in unserer Familie. Hier und da machen sie sich bemerkbar. Betroffen sind vor allem ich und zwei unserer Nichten, Reggie und Amy. Und natürlich Jeremy.«
Ausnahmsweise hatte James darauf verzichtet, über Reginas Familie mit ihrem Spitznamen zu sprechen, aber es sollte noch eine Weile dauern, bis Katey von dieser Geschichte erfuhr. Im Moment war sie vor allem von einem fasziniert. »Zigeuner?«
»Ja, aber das ist wieder eine andere Geschichte, mein Mädchen«, sagte James. »Im Moment wäre es ratsam, die Verwirrung so klein wie möglich zu halten, was meint ihr?«
»Das wäre in der Tat das Beste.« Sie grinste ihn an.
»Da stand ich also in der Taverne und konnte meine Augen nicht von dem Jungen nehmen, weil er meinem Bruder wie aus dem Gesicht geschnitten war. Da ich mich jedoch in der Karibik befand und wusste, dass mein Bruder nie dort gewesen war, tat ich es erst einmal als eigenartigen Zufall ab. Das Problem war nur, dass es dem Jungen nicht viel anders erging als mir. Seine Mutter hatte mich ihm bis ins Detail beschrieben. Ehe ich mich versehe, steht er vor mir und fragt mich, ob ich James Malory sei.«
»Und da wusstest du, was Sache war?«
»Nein, aber es hat mich fast ohnmächtig werden lassen. Vor allem, weil ich, wenn ich in dem Teil der Welt unterwegs bin, nie meinen richtigen Namen verwende. Da ich nicht wollte, dass meine Aktivitäten dort mit dem Namen meiner Familie in Verbindung gebracht werden, segle ich unter dem Namen Kapitän Hawke.«
»Weshalb?«
Anthony gluckste. »Wieder eine fantastische Geschichte, die wir dir irgendwann einmal in Ruhe erzählen werden.«
Neugierig hob Katey eine Augenbraue. James schien es mit seinem Bruder zu halten, denn er setzte seine ursprüngliche Geschichte fort. »Als ich seine Frage bejahe, erklärt er mir, dass ich sein Vater sei.«
»Wieso werde ich das Gefühl nicht los, dass du ihm nicht geglaubt hast?«, warf Katey in den Raum.
»Weil ich davon überzeugt war, dass er Tonys Sohn sein musste.«
»Das glaube ich jetzt nicht«, rief Anthony. »Wieso rückst du erst jetzt mit der Sprache heraus? Ich hatte ja keine Ahnung.«
»Reg dich ab, Kleiner, und lass mich erst einmal zu Ende erzählen. Jeremy kannte meinen Namen, was mich darauf brachte, dass er womöglich gar nicht in der Karibik geboren wurde, sondern in England. Damit war es wiederum möglich, dass er Tonys Lenden entsprungen war. Ich dachte zwar nicht, dass er mein Sohn ist, hatte mich aber bereits damit abgefunden, dass er ein Malory ist. Statt darauf zu warten, dass ich ihn in die Arme schloss, erzählte mir der Bursche alles über seine Mutter und die traumhafte Woche, die ich mit ihr verbracht hatte – aus ihrer Sicht, versteht sich. Eine Schankmagd. Nachdem er sie mir beschrieben hatte, konnte ich mich sogar schemenhaft an sie erinnern.«
»An eine von vielen?«, schnaubte Anthony sarkastisch.
»Sie trug stets drei Dolche bei sich. Einen in jedem Stiefel und einen gut sichtbar am Gürtel. Daran kann ich mich definitiv erinnern. Die Gäste in ihrer Taverne wussten, dass sie sich nicht jedem Dahergelaufenen anbot. Es gab genug Männer, die es versucht haben und daraufhin mit einem ihrer Dolche Bekanntschaft gemacht hatten. Soweit ich mich erinnern kann, sah sie nicht schlecht aus. Das wird auch der Grund dafür sein, warum ich eine ganze Woche mit ihr verbracht habe. Die Sache mit den Dolchen hatte mich im Vorfeld in ihren Bann gezogen. Ihr hättet den Burschen mal sehen sollen. Er hat sich geweigert, mir von der Seite zu weichen, und mehrfach im Brustton der Überzeugung gesagt, dass kein Zweifel daran bestünde, dass ich sein Vater sei. Er besaß sogar den Schneid, mich einen Lügner zu nennen, wenn ich ihm nicht endlich glauben würde. Also habe ich meinen Widerstand aufgegeben.«
»Der Apfel fällt ja bekanntermaßen nicht weit vom Stamm«, sagte Anthony mit einem süffisanten Lächeln.
»Stimmt.«
Fasziniert fragte Katey: »Wie war es denn dazu gekommen, dass der Junge in der Karibik landete?«
»Als er alt genug war und angefangen hat, seiner Mutter Löcher über mich in den Bauch zu fragen, hat sie es sich in den Kopf gesetzt, dass er mich kennenlernen sollte. Ziemlich mutig von ihr, wie ich finde.«
»Warum?«
James hob eine Augenbraue. »Solche Fragen könnt auch nur ihr Amerikaner stellen. Erzähl du es ihr, Tony.«
»Eine Frage des sozialen Gefüges. Es gehört sich einfach
Weitere Kostenlose Bücher