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Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer

Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer

Titel: Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Männer dabei erwischt, wie sie auf ihre Oberweite gestarrt hatten, die Alten im Dorf eingeschlossen!
    Bis auf solche Begebenheiten hatte Katey sich in ihrem winzigen Heimatdorf namens Gardener immer wohlgefühlt. Sie war immer schon ein lebendiges, stets hilfsbereites Mädchen, zu dem sich selbst Fremde hingezogen fühlten. Wie oft war es vorgekommen, dass ein Ortsunkundiger zielstrebig auf sie zugegangen war und sie nach dem Weg gefragt hatte, selbst wenn sie in einer Gruppe von Menschen gestanden hatte?
    Auch die Nachbarn hatten wegen ihres umgänglichen, freundlichen Wesens stets ihre Nähe gesucht. Am meisten hatte den Dorfbewohnern wohl zugesagt, dass es ihr immer wieder gelang, mit ihren fantasievollen Geschichten ein wenig Farbe in das eher trostlose Landleben zu bringen.
    Katey war nicht im Mindesten überrascht, dass Grace davon ausging, ihre Fantasie wäre wieder einmal mit ihr durchgegangen. Die Magd, die fünf Jahre älter als die zweiundzwanzigjährige Katey war, war vor zehn Jahren in den Dienst der Tylers getreten und hatte sich sowohl als Haushälterin als auch als Freundin unentbehrlich gemacht. Da sie ein ausgesprochener Dickschädel war, unternahm Katey keinen Versuch, Grace davon zu überzeugen, dass sie in Bezug auf das entführte Mädchen die Wahrheit sagte. Sie lehnte sich einfach zurück und lächelte in sich hinein, weil die aufregende Geschichte, die sie zu erzählen hatte, ausnahmsweise stimmte.
    Judith hingegen war die Überraschung anzumerken, und sobald Grace es sich ihnen gegenüber in der Kutsche gemütlich gemacht und die Augen geschlossen hatte, flüsterte sie Katey ins Ohr: »Warum glaubt sie Ihnen nicht?«
    »Du musst nicht flüstern«, antwortete Katey. »Sie schläft wie ein Murmeltier. Wenn wir sie wecken wollen, müssen wir sie kräftig rütteln. Selbst schreien hilft da nur wenig. Na ja, was deine Frage betrifft, das ist eine lange Geschichte.«
    »Ich bin nicht müde«, sagte Judith, als wolle sie Katey auffordern, ihr alles zu erzählen.
    Katey lächelte das Mädchen an. »In Ordnung, wo soll ich anfangen? Ich bin in der langweiligsten Stadt aufgewachsen, die du dir vorstellen kannst. Streng genommen war es gar keine Stadt, sondern ein kleines Dorf, in dem es nur ein einziges Geschäft gab, den Gemischtwarenladen meiner Eltern. Es gab keinen Gasthof, keine Taverne. Es gab eine Näherin, die daheim arbeitete, und einen Farmer, der sich ab und an als Zimmermann betätigte und in seiner Scheune Möbel verkaufte. Ach ja, und dann gab es noch den Metzger, das heißt, eigentlich war es gar kein richtiger Metzger, sondern nur ein ortsansässiger Jäger, der das Wild in der Nähe des Dorfes erlegte, damit es uns nicht zu nahe kam.«
    Mit weit aufgerissenen Augen und neugierigem Gesichtsausdruck fragte Judith: »Bei Ihnen sind wilde Tiere auf den Straßen herumgelaufen?«
    »O ja. Nicht alle waren gefährlich, aber einmal ist es passiert, dass ein Elch Mrs. Pellums Zaun umgerissen hat. Sie hat ihn mit dem Besen vertrieben, so wütend war sie. Es gibt kaum ein Dorf, das so klein ist wie Gardener. Wenn jemand die Dienste eines Arztes oder einen Sachwalters benötigt, muss er sich in die zwanzig Meilen entfernte Kleinstadt Danbury aufmachen. So lange ich denken kann, ist keine Familie zu uns ins Dorf gezogen, und die Kinder sind weggegangen, sobald sie alt genug waren.«
    »Haben Sie das auch getan?«, wollte Judith wissen.
    »Ja, aber viel später, als ich eigentlich vorhatte. Als meine Mutter noch lebte, stand es für mich außer Frage, dass ich wegging. Sie hatte niemanden außer mir, nachdem mein Vater gestorben war. Die Familie meiner Mutter hat sie verstoßen, deshalb zählt sie nicht.«
    »Warum haben sie das getan?«
    Katey zuckte die Achseln. »Ihrer Aussage zufolge waren sie adelig und sehr klassenorientiert. Sie weigerten sich, ihr zu erlauben, meinen Vater zu heiraten, weil er Amerikaner war. Vielleicht waren sie schockiert, weil er Handel trieb, ich weiß es nicht genau. Meine Mutter hat ihnen versucht zu erklären, dass er ein aufrichtiger und guter Geschäftsmann sei, aber auch das hat sie nicht versöhnlich stimmen können.«
    Judith wirkte nicht im Geringsten überrascht. »Viele Adelige tragen die Nase so hoch, dass ihnen das Regenwasser hineintropft, und sehen voller Verachtung auf Handeltreibende nieder.«
    »Wie engstirnig. Wenn mein Vater kein Geschäft besessen hätte, wäre er womöglich nie nach England gekommen, wo er meine Mutter kennengelernt hat. Und das

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