Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer
war!
Verärgert sagte sie: »Haben Sie mich gehört? Ich komme fast um vor Hunger.«
Er warf ihr einen flüchtigen Blick über die Schulter zu. »Wirklich?«
»Ja, wirklich. Ich habe seit gestern nichts mehr gegessen«, log sie und fügte zur Untermauerung ihrer Worte hinzu: »Meine Magd war gerade dabei, uns etwas zu essen zu holen, als Sie den Raum gestürmt haben.«
Erst nachdem er das Feuer entfacht und sich den Schmutz von den Händen geklopft hatte, sagte er: »Schon gut, ich werde Ihnen etwas aufs Zimmer schicken lassen, und vielleicht erlaube ich Ihnen sogar ein heißes Bad. Sehen Sie zu, dass Sie wieder trocken werden, aber bleiben Sie unter allen Umständen vom Bett fern. Ist das klar?«
»Ich habe kein Sterbenswörtchen davon gesagt, dass ich müde bin, oder?«, spöttelte sie.
Er starrte sie an, bis ihr die Röte in die Wangen kroch. Ihr war natürlich klar, worauf er angespielt hatte. Zu oft hatte er sie und das Wort »Bett« in einem Atemzug erwähnt, als dass sie je wieder vergessen konnte, wie sehr er sich danach sehnte, sich mit ihr zwischen den Laken zu vergnügen.
»Ich habe verstanden«, sagte sie schließlich.
Boyd fuhr sich mit der Hand durch das nasse Haar und warf einen flüchtigen Blick auf die anheimelnde Schlaf statte. »Mir schwant, das war keine sonderlich gute Idee«, sagte er halb stöhnend. »Wir hätten einfach unten warten sollen, bis sich das Gewitter verzogen hat. Dort hätten wir auch etwas essen können.«
Da Katey die ganze Zeit auf eine Fluchtmöglichkeit lauerte, war sie anderer Meinung. »Am besten, Sie warten unten«, sagte sie schnell. »Ich nehme derweil das Bad, das Sie mir in Aussicht gestellt haben, damit ich keine Erkältung bekomme.«
Er starrte sie einige Augenblicke an, ehe er nickte, den Raum verließ und die Tür hinter sich schloss. Als sie hörte, wie der Schlüssel im Schloss herumgedreht wurde, mahlte sie mit den Kiefern. Kein Wunder, dass er so schnell eingewilligt hatte. Er hatte die ganze Zeit vorgehabt, sie einzusperren.
Aber Katey verlor keine Zeit, sich sofort nach einer weiteren Fluchtmöglichkeit umzusehen. Das Zimmer verfügte über zwei Fenster, die beide zur Straße hinausgingen, die wegen des Regens menschenleer war. Das rechte Fenster befand sich oberhalb des abfallenden Dachs, über dem Eingang. Wenn sie hinauskletterte und sich an den Vorbau hängte, wäre es nur noch ein kleiner Sprung bis auf den Boden.
Zehn Minuten später stand Boyd an ebendiesem Fenster, das Katey im Zuge ihrer Flucht hatte offen stehen lassen. Obwohl er einem Bediensteten des Gasthofes eine Münze in die Hand gedrückt hatte, damit er sein Pferd im Stall unterbrachte, konnte er vom Fenster aus sehen, dass es nicht mehr da war, wo er es angebunden hatte.
In dem Moment, in dem er Katey eingeschlossen hatte, war er von nagenden Zweifeln befallen worden, was ihre Mitwirkung an Judiths Entführung betraf. Im Grunde glaubte er nicht daran, dass sie zu einer solch unmenschlichen Tat fähig war. Jemand, der ein Herz für Tiere hatte, tat so etwas nicht. Erst jetzt spürte er, dass ein Teil von ihm sich nichts sehnlicher wünschte, als dass sie schuldig wäre, damit er sie sich ein für alle Mal aus dem Kopf schlagen konnte. Etwas, das ihm selbst dann nicht gelungen war, als er sie verheiratet wähnte.
Es war jedoch einerlei, ob er Entschuldigungen für sie ersann oder ob sie bis zum Hals in die Sache verwickelt war. Er hatte nicht die Absicht, ihr nachzureiten. Judith war in Sicherheit. Und wie er es drehte oder wendete, er ertrug die Vorstellung nicht, dass Katey hinter Gittern saß.
Kapitel 13
Katey trotzte dem prasselnden Regen und ritt so schnell es die Witterung erlaubte zurück nach Northampton. Ungefähr auf halber Strecke ließ sie den Sturm hinter sich. Die Straße vor ihr war trocken, doch über ihr hingen schwere Wolken. Es war durchaus denkbar, dass der Regen auch in den Norden zog, doch das war die geringste ihrer Sorgen.
Da es bereits später Nachmittag sein musste – auch wenn die dunklen Wolken jegliches Zeitgefühl erschwerten –, rechnete sie sich keinerlei Chancen aus, dass sie mit Gepäck und Magd London vor Einbruch der Dunkelheit erreichen würde. Die Angst, auf dem Weg dorthin Boyd zu begegnen, saß tief.
Die Tatsache, dass er sich erst noch ein Pferd beschaffen musste, um ihre Verfolgung aufzunehmen, beruhigte sie ein wenig. Nicht einen Augenblick dachte sie daran, dass er aufgeben und den Heimweg antreten könnte. Das verbot ihm
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