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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04. Wer die Sehnsucht nicht kennt
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paar Worte zwischen den Zähnen hervor, und im nächsten Augenblick sagte Li: »Selbstverständlich kommt sie mit. Sie werden verstehen, Captain, daß wir auf keinen Fall die Aufmerksamkeit auf uns ziehen wollen.«
    O ja, das verstand er! Denn planten sie nicht, zwei Leichen zurückzulassen? Und da ihr Schiff nicht gerade für Kriegs-oder Verteidigungszwecke ausgerüstet war, waren die Chinesen erst in Sicherheit, wenn sie die amerikanischen Gewässer verlassen hatten.
    Amy und Warren wurden von sechs Männern eskortiert, darunter Li Liang und zwei von Zhangs persönlichen Leibwächtern, und Warren gab sich erst gar nicht der Illusion hin, es mit ihnen allen aufnehmen zu können, trotz all der Tricks, die Taishi ihm beigebracht hatte. Deshalb war er unendlich erleichtert, als er ein Skylark-Schiff unmittelbar neben dem ihren am Kai erblickte. Und es war nicht irgendein Skylark-Schiff, es war die Amphitrite, Georginas Schiff!
    »Wir haben Glück«, flüsterte er Li zu, blieb vor der Lan-dungsbrücke des Schiffs seiner Schwester stehen und rief:
    »Ahoi, Amphitrite!«
    Liang drängte sich an Warrens Seite, um zu fragen: »Ist dein Freund auf dem Schiff?«
    »Könnte sein«, antwortete Warren ausweichend und wartete auf das Erscheinen der Schiffswache.
    Einige bange Sekunden vergingen. Würde Liang Verdacht schöpfen? Doch nichts geschah. Und dann sah Warren seine Chancen weiter steigen, denn er kannte den Mann, der kurze Zeit später an der Reling erschien, persönlich.
    »Sind Sie es, Captain Anderson?«
    »Ja, ich bin’s, Mr. Cates.«
    »Wir haben gehört, daß Sie in England waren.«
    »Ich mußte eher als geplant zurückkehren. Haben Sie das Schiff bemerkt, das gerade neben Ihrem angelegt hat?«
    »War nicht zu übersehen, Captain.«
    »Wenn ich innerhalb der nächsten Stunde nicht zurück bin und mich bei Ihnen an Bord gemeldet habe, sprengen Sie es in die Luft. Also, schauen Sie auf die Uhr, Mr. Cates. In genau einer Stunde.«
    »Zu Befehl, Captain«, entgegnete Mr. Cates nach einem kaum merklichen Zögern.
    Warren konnte hören, wie hinter seinem Rücken grimmige Befehle ausgegeben wurden. Er drehte sich um und sah einen von Zhangs Männern zum Schiff laufen, um seinen Herrn zu warnen.
    »Ruf ihn zurück, Li«, sagte Warren, »oder euer Schiff fliegt auf der Stelle in die Luft.«
    Ein weiterer Befehl, und der Mann kehrte um. Warren grinste Li zu. »Nur zu meiner Sicherheit. Du kannst diese verdammte Vase haben, aber nicht mich und das Mädchen.«
    »Und wie können wir sichergehen, daß Sie den Befehl nicht wiederholen, sobald Sie auf dem Schiff Ihres Freundes sind?«
    wollte Li wissen.
    »Mein Wort muß Ihnen genügen.«
    »Es genügt uns aber nicht.«
    »Mehr bekommt ihr nicht.«
    Amy hätte Warren am liebsten einen Tritt versetzt. Er ließ ihnen gar keine andere Wahl, als zu drastischen Mitteln zu greifen.
    »Ich weiß nur«, sagte sie, an Li gewandt, »daß er sich durch diese ganze Geschichte unendlich in seinem Stolz verletzt fühlt. Deshalb soll niemand erfahren, daß er gezwungen wurde, gegen seinen Willen hierherzukommen. Doch das würde natürlich herauskommen, wenn er erklären müßte, warum er den Hafen mit Leichen und Schiffstrümmern übersät hat. Er wird Sie mit der Vase ziehen lassen, Mr. Liang, darauf können Sie sich verlassen. Sollten wir jetzt nicht endlich gehen?«
    Warren warf ihr einen wütenden Blick zu, weil sie seine persönlichen Rachepläne zunichte gemacht hatte, so kurz das Vergnügen für ihn auch gewesen wäre. Li hingegen nahm sich ihre Worte zu Herzen und drängte zum Aufbruch.
    Das wichtigste war jetzt die richtige Zeiteinteilung, und da sie auf dem direkten Weg weniger als zwanzig Minuten bis zu Ian MacDonells Haus brauchen würden, führte Warren sie auf Umwegen durch ein Gewirr von kleinen Seitenstraßen und verschlungenen Gassen. Das brachte ihm zusätzliche zehn Minuten ein und weitere dreißig für den Rückweg, den sie ohne ihn nur schwer finden würden, vor allem falls Li lospre-schen würde, um noch vor Ablauf der Stundenfrist sein Schiff zu erreichen.
    Macs Haus war gar nicht so weit von Warrens entfernt. Wäre Amy nicht dabeigewesen, wäre er wahrscheinlich selbst losge-rannt, um sich seiner Begleitung so lange zu entledigen, bis Zhang samt seinem Schiff in die Luft gejagt worden wäre. Diese Möglichkeit war es wert, in Betracht gezogen zu werden, wenn man bedachte, was Zhang mit ihm vorhatte. Warren wür-de eine Chance wie diese allerdings nie ergreifen, wenn er

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