Malory
vorbei.«
»Das meinst du nicht im Ernst.«
Er sprang von seinem Sessel auf und starrte sie wütend an. Er schwankte nicht. Die Flasche war noch fast voll. Er war zu sehr mit Nachdenken beschäftigt gewesen, um sich zu betrinken.
»Verdammt«, brüllte er, »wann findest du dich endlich damit ab, daß es nichts wird mit uns?«
Amy zuckte zusammen. »Wenn du damit auf eine Heirat anspielen willst – darauf kann ich verzichten.«
»Natürlich kannst du das«, sagte er höhnisch. »Und deine verdammte Familie wahrscheinlich auch.«
Sie mußte ihm im Innern recht geben, denn es war undenkbar, daß sie mit ihm lebte, ohne verheiratet zu sein.
»Dann laß uns als Liebespaar zusammenbleiben«, schlug sie etwas halbherzig vor. »Es muß ja niemand erfahren.«
»Jetzt hör mir einmal genau zu, Amy«, sagte Warren ge-dehnt. »Ich habe genug von dir, wirklich genug. Ich brauche nicht mehr, was du mir geboten hast.«
Er versuchte ganz bewußt, sie zu verletzen, wie schon so viele Male zuvor. Doch diesmal gelang es ihm, und ihre Rache bestand darin, jenen Trick anzuwenden, den Jeremy ihr damals empfohlen hatte.
»Ach wirklich?« Mit diesen Worten knöpfte sie ihr Nachthemd auf und ließ es zu Boden gleiten. Nicht ohne Genugtu-ung registrierte sie, wie ihm der Atem stockte. »Dann wirf einen letzten Blick auf das, was du aufgibst, Warren Anderson, und präge es dir gut ein.«
Sie war jetzt völlig nackt und er völlig verwirrt. Er ging einen Schritt auf sie zu, schwankte vielmehr, und sank vor ihr auf die Knie. Seine Arme umschlangen ihre Hüften, sein Gesicht grub sich in ihren Bauch. Sein Stöhnen war herzzerreißend.
Amy vergaß sofort ihre Rachegelüste. Warren vergaß sofort seine guten Vorsätze. Was blieb, war das Feuer, stets neu entfacht, sobald sie sich berührten. Für Reue war am nächsten Tag noch Zeit genug.
Und für beide sollte es Anlaß zur Reue geben, aber aus einem anderen Grund, als sie dachten.
Kapitel 39
»Sieht ganz so aus, als kämen wir zu spät«, bemerkte Connie.
»Was siehst du mich so an«, sagte Anthony. »Ich habe uns nicht in diesen Sturm hineinmanövriert, der uns beinahe bis nach Grönland abgetrieben hätte. Diese Ehre kommt meinem lieben Bruder zu.«
»Das tut jetzt nichts zur Sache. Viel schlimmer finde ich, daß dein lieber Bruder auf dem besten Weg ist, ein Chaos anzurichten.«
Das war zwar übertrieben, aber nur ein wenig. James stand am Rand des Bettes, starrte auf das schlafende Paar und wünschte, der verfluchte Sturm wäre ihm nicht dazwischen-gekommen. Zwei Wochen hatte er gebraucht, um die Verzögerung aufzuholen, und jetzt kam er um ganze acht Stunden zu spät. Sein Schiff hatte erst am Morgen im Hafen angelegt, und vom anderen Schiff war keine Spur mehr zu sehen gewesen.
Er hatte ohnehin nicht damit gerechnet, daß die Nereus als erste eintreffen würde. Seine Vermutung, daß Warrens Handel mit den Chinesen erfolgreich verlaufen und er selbst jetzt in seinem Haus anzutreffen war, hatte sich bestätigt. Die beiden Brüder und Connie waren auf direktem Weg zu Warrens Haus gegangen; sie hatten keine Ruhe, bevor sie sich nicht überzeugt hatten, daß Amy wohlauf war. Die Haushälterin der Andersons versicherte ihnen, daß es Amy gutging und daß der Captain und sein Besuch noch schliefen.
Kaum war die Haushälterin in der Küche verschwunden, um ihnen ein Frühstück zu bereiten, eilten sie schnurstracks nach oben und suchten nach den beiden. Sie hatten allerdings nicht erwartet, sie zusammen in einem Zimmer, geschweige denn in einem Bett, anzutreffen.
James kochte vor Wut und wußte doch, er konnte den Mann nicht dafür umbringen, daß er Amy die Unschuld geraubt hatte.
Denn er selbst hatte das gleiche mit Warrens Schwester Georgina getan und sie obendrein noch geschwängert. Daß die Sache damit besiegelt war, steigerte seinen Zorn ins Unermeßliche. Jetzt mußte man den Schurken in der Familie willkommen heißen – nicht nur als Schwager, als den man ihn gerade noch ertragen und gegebenenfalls ignorieren konnte, sondern als seinen angeheirateten Neffen. Seinen Neffen! Zum Teufel!
»Wir könnten natürlich großzügigerweise annehmen, daß sie geheiratet haben«, meinte Anthony, aber dieser Vorschlag brachte ihm nur einen verächtlichen Blick ein. »So abwegig ist das nun auch wieder nicht.«
Connie wich einen Schritt zurück, bevor er sagt »Warum fragst du ihn das nicht selbst?«
»Mit größtem Vergnügen.«
Es wurde ein unsanftes Erwachen für Warren.
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